Wann ist der Charakter endgültig "ausgeprägt"?

[Mischlingsmädchen]

Hallo,

Unsere Mischlingshündin ist bald 1 jahr alt. Ich frage mich, wann ist bei ihr ungefähr (ich weiß jeder Hund ist anders und ein Leben lang lernfähig) der Charakter gefestigt bzw ausgeprägt?

Ich meine damit Dinge wie, wenn sie zB bis sie (Hausnummer) 2Jahre alt ist, keinen Jagdtrieb hat, bleibt dies dann auch so? Oder, sie kommt mit anderen Hunden gut klar, ist sozial gut verträglich, kann ich davon ausgehen dass dies so bleibt? (Vorausgesetzt es gibt keine negativen Vorfälle mit andere Hunden).

Sie ist freundlich zu Menschen, wirkt recht ausgeglichen, es "reicht" ihr völlig, 2x täglich lange spazieren, dazwischen ein paar kurze Suchspiele und ihre Runden im Garten, wenn sie das bekommt, ist sie sehr entspannt und zufrieden. Kann ich davon ausgehen, das bleibt auch so?

Wisst ihr was ich meine?

 

Ich stell mir diese Frage aus zweierlei Gründen. Zum einen lese und höre ich sehr oft von den sogenannten "Problemhunden". Ich kenn auch einige in meinem Umfeld die ich als "problematisch" bezeichnen würde. Ich als Hundeneuling frage mich, wie kommt es dazu, dass man einen "Problemhund" bekommt. Mangelnde Erziehung, den Hund vermenschlichen, ihn nicht richtig lesen und/oder ihn falsch oder gar nicht auslasten, das fällt mir jetzt ein als Grund. Aber ein Hund wird nun wohl nicht von einem Tag zum anderen zum Problemhund. Wo ist da die Grenze zu sehen, über welchen Zeitraum entwickelt sich dies und warum kann man hier nicht eingreifen und die Entwicklung in eine ander Richtung lenken bzw die Entwicklung zum Problemhund zu stoppen?

Wäre es theoretisch möglich dass auch mein Hund zu einem Problemhund wird obwohl es jetzt einmal keine Anzeichen dazu gibt? (und was wären überhaupt Anzeichen?)

 

Zum anderen bin ich auf der Suche nach einer neuen Kurs in einer Hundeschule. Ich habe das Gefühl nicht das richtige Kursangebot zu finden. Vieles klappt ja schon recht gut und die Kurse die demnächst laufen sind sehr "speziell" und im übrigen auch sehr teuer. Kurs "Leinenführigkeit" 250€; Kurs "Rückruf" 280€; Kurs "Antijagdtraining" 300€; Junghundespielstunde 10er Block 200€... nur mal so als Beispiel. So recht entscheiden kann ich mich nicht und ich mache auch nicht zig Kurse, irgendwann ist ja mal Schluss damit. Daher meine Frage auch, wann ist der Charakter ausgeprägt, was ist wichtig weiter zu üben, was geht von selber, wo kann man davon ausgehen, wenn es jetzt "sitzt" dann bleibt das auch so...

 

Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine Ich weiß, ich neige dazu, mir zu viele Gedanken zu machen. Aber das bin ich nun mal. Lieber zuviel als zu wenig.

Ich freue mich auf eure Gedanken dazu!

[gast]

Also das mit dem Charakter ist wie bei uns Menschen, da gibt es ständig Veränderungen.

 

Aber ich habe mir mal die Preise angeschaut in deinem vorletzten Absatz. Mein lieber Herr Gesangsverein. Hast du keinen Hundeverein in deiner Nähe, da bist du mit maximal so 150 Euro im Jahr dabei Plus einige Arbeitsstunden für den Verein. Wenn du keine Lust auf Wettbewerbe hast dann musst du ja auch nicht daran Teilnehmen.

Aber bei den Preisen würde ich mir das Echt überlegen, ist nur so als Tipp gemeint. 

[Mischlingsmädchen]

Ja die Preise sind echt heftig aber hier in der Region üblich. Es gibt Einzeltrainer die nehmen 150€ die Stunde plus Fahrgeld. Ich finde das echt heftig und möchte das ansich auch nicht unterstützen. Aber ganz ohne Hundeschule gehts im Moment auch nicht. Einen Hundeverein wie du schreibst kenn ich hier gar nicht, muss ich mal recherchieren...

Also das mit dem Charakter ist wie bei uns Menschen, da gibt es ständig Veränderungen.

 

Und zu deinem ersten Satz. Ja es gibt Veränderungen, aber so einen "Grundcharakter" hat doch jeder Mensch, dieser bleibt dann ja auch bestehen bzw bewegt sich innerhalb eines bestimmten Rahmens.

[gast]

Ich sehe das ähnlich wie du - wenn nichts Gravierendes passiert bleibt der Hund wie er mit etwa 1-2 Jahren ist. Ich denke bei Bolle z.B. auch nicht, dass er einen vehementen Jagdtrieb entwickeln wird - dann würde ich die Anzeichen jetzt sehen, mit ca. 14 Monaten. Klar ändert der sich noch, wird vielleicht ruhiger/erwachsener/weniger spielen wollen/... - aber die groben Wesenszüge werden so bleiben.

Man darf halt nicht den Fehler machen, in einem Hund etwas zu sehen was er gar nicht ist: ein (möglicher) Problemhund. Die Baustellen die vorhanden und wichtig sind, gehören bearbeitet, aber sonst? Seminare rein aus Spass finde ich ja gut, wenn man das Geld über hat.

[KleinEmma]

Klar, einen Grundcharakter hat ein Hund genauso wie ein Mensch. Aber, ich würde z.B. niemals sagen: Mein Hund beißt nicht. Das Verhalten kann sich ändern. Vielleicht war bisher die Strategie sich klein zu machen, wenn andere Hunde näher kamen und vielleicht ändert der Hund irgendwann die Strategie und wehrt Artgenossen ab. Muss alles nicht passieren, aber es kann sein.

 

Oder Emma: Bis zum dritten Geburtstag war sie eine Frühaufsteherin. Kaum wurde es morgens hell, war sie putzmunter und wollte Action. Das hat sich nun geändert (sie ist 3 1/2) und jetzt bleibt sie gerne total lange im Bett liegen.

 

Tja und Problemhund, das ist so ein Wort, was für alles und nix gebraucht wird. Ich würde sagen, wenn du bisher keine großartigen Probleme mit deinem Hund hast, wüsste ich nicht, warum er zum Problemhund werden sollte.

 

Ich würde nun keine weiteren Kurse besuchen, wenn es doch gut läuft. Das Üben machst du ja eh täglich beim Spaziergang usw. Dadurch festigt sich das bisher Gelernte. 

[Mimmotschka]

Ich kann jetzt nur von meinem ersten Hund ausgehen, den ich von 8 Wochen an hatte, bis er mit 12 Jahren starb. Sein Verhalten und seine Eigenheiten veränderten sich in dieser Zeit immer wieder mal ein wenig. Der charakertliche Grundzug, ein ausgeglichener, souveräner, eigensinniger Hund blieb aber von Anfang bis Ende.

[gast]

Ich glaube, in Deutschland gibt's in jeder Ecke Hundesportvereine ... Google mal, Du findest bestimmt einen.

Ich denke auch, den Charakter in den Grundzügen erkennt man, versauen kann man dann aber jederzeit noch alles

Mein Rüde hat jetzt mit 4 Jahren nochmal einen richtigen Schub gemacht, was sein Auftreten anderen Rüden gegenüber angeht. Er ist immer noch freundlich zu jedem netten Hund, ob Rüde oder Hündin, aber er lässt sich nicht mehr alles gefallen und sagt auch mal deutlich Nein. War etwas überraschend, beim ersten Mal nach vier Jahren. Aber man sagt ja auch: unter jeder Pfote ein Jahr, dann sind sie erwachsen

[gast]

Der "Grundcharakter" ist recht schnell zu erkennen, wenn mit "Charakterausprägung" eine gewisse Reife des Hundes gemeint ist, das kann bis zu 5 /6 Jahre dauern. Mit sozialer Reife ist gemeint, dass der Hund erst dann weiß, wer er ist, gesetzt ist. Rüden werden dann gerne weniger imponierend anderen Rüden gegenüber.
(Übrigens auch ein Grund, warum ich ien Kastration vor dem Einsetzen der sozialen Reife für unglücklich halte - obwohl ich eh kein Freund von Kastrationen bin).

Ich glaub aber, du meinst, wan der Hund aus der Pubertät raus ist - damit geübte Verhaltensweisen mal sitzen?
Das kann man pauschal gar nicht sagen, Richtwerte sind so "2-3 Jahre" - dann ist der Hund aber noch nicht gsozial reif, aber meist gut aufnahmefähig für "Kursinhalte" - ,mit manchen Hunden muss man best9immte Verhaltensweisen aber ein LEBEN lang trainieren.

Und wie Problemhunde entstehen - so mannigfaltig und komplex, dass man es nicht so simpel herunterbrechen kann. Esist jedenfalls nicht nur charakter- und erziehungsabhängig.

[Mischlingsmädchen]

Ich möchte den Kurs nicht aus Spaß machen (edit: natürlich soll aber auch Spaß dabei sein), sondern weil ich denke, dass einerseits Hundekontakte gut tun, aber hauptsächlich deshalb, weil zu Hause sehr vieles super gut klappt, aber in fremder Umgebung, mit fremden Hunden/Menschen in der Gruppe, also mit hoher Ablenkung natürlich vieles noch nicht so gut funkt. Und ein wirklcih großes Thema ist bei uns die Leinenführigkeit. Wenn ich mit unserer Hündin alleine unterwegs bin, in Wald und Flur, ohne Ablenkung, geht sie gut an der Leine, manchmal wie eine Musterschülerin. Aber sind wir in der Gruppe mit verschiedenen Menschen unterwegs oder in fremder Umgebung mit vielen Gerüchen, so zieht sie phasenweise sehr an der Leine, achtet dann kaum auf mich und ich habe das Gefühl, ohne Übung in einer Gruppe bekomm ich das nicht hin.

 

Mir fällt jetzt ein, vor einige Monaten habe ich nach einem Hundeverein gegoogelt. Hier gits da nicht so viele. Mich haben da die "Verhaltensregeln" etwas abgeschreckt: da stand, der HH muss dafür sorgen dass der Hund VOR dem Training sein geschäft erledigt, jedes bellen muss sofort untersagt werden, der Hundeplatz ist ein Klassenzimmer, jedes spielen muss untersagt werden. in den pausen werden die Hunde angebunden. Ich weiß nicht, ob das in einem Verein so üblich ist aber mir erschien das sehr militärisch und alles sehr nach Kontrolle und für meinen Junghund nicht geeignet.

[gast]

So ein Verein ist auch Mist.


Alerdings glaube ich, dass du in dem Alter etwas viel zu schnell verlangst.
Die Hündin ist jetzt in ihrer "Teenagerzeit", sie wird wahrscheinlich sogar VOR der Pubertät sein (wenn du sie dann in der Pubertät erlebst, wirst du verstehen, was ich meine):
Bitte lesen, ganz wichtig:
http://klartexthund.blogspot.de/2016/06/grenzen-setzen-ist-einfach.html

 

Bei einem pubertierenden Hund wird das Gehirn umgebaut, vorbereitet auf das Dasein als erwachsenes Lebewesen. In dieser Umbauphase werden bereits gelernte Dinge wieder neu sortiert. Die dadurch auch oft wieder vergessen werden. Wenn ein Hund in der Pubertät etwas nicht mehr macht, was er vorher auf „Befehl“ ausführte, testet er nicht zwangsläufig seine Grenzen aus. Er hat es in den meisten Fällen schlicht vergessen…

 

Außerden ist der Sprung "ablenkungsarme, nicht-stressige Situation" zu "Vollpower und Oberstress" gewaltigt. Hier verlangst du von einem Erstklässler bereits das Abitur ohne Zwischenschritte. Ob das Verhalten "Leinenführigkeit" (was auch immer du darunter verstehst) tatsächlich schon soweit geübt ist, dass man kurz vor der Generalisierung steht, wage ich zu bezweifeln.
Bevor du in der Gruppe üben solltest, würde ich in schwierigeren Gegenden noch alleine mit dem Hund üben. Es sollten verschiedene Situationen und Orte sein, da der Hund ein Kontextlerner ist. Erst wenn es hier einwandfrei klappt, kannst du mit anderen Hunden (am besten erst einmal ein anderer Hund) üben. Wenn es geht, sollte dieser Hund auch leinenführig sein.

Ich halte es für ganz normal, dass ein Hund (ganz besonders in dem Alter!) in einer Gruppe, wie von dir beschrieben, nicht mehr so gut leinenführig ist. Korrekturen in dieser stressigen Situation verstärken Stress und das ist kein gutes Lernumfeld.
Selbiges gilt fürs fremde Umfeld. Das ist GANZ normal. Und das fremde Umfeld kannst du selbstständig üben. Und wäre hier eben einer der möglichen und wichtigen Zwischenschritte.

Ein so junger Hund hat sowieso nicht eine unendliche Aufmerksamkeits- und Konzentrationsspanne. Bei aller Übung und Training: Der Hund muss auch geistig entspannen dürfen auf Spazieergängen. Vergiss nicht den Spaß an der Sache für euch beide. Auch wenn viele das als "Grunderziehung" sehen, meiner Meinung nach gibt es Wichtigeres für Hunde als eine perfekte Leinenführigkeit.
So ein enger Rahmen mit vielen "verlangenden Punkten" kann übrigens auch einen Problemhund kreieren, wenn der Hund nämlich irgendwann gegen den falschen Ehrgeiz rebelliert.