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Therapiebegleithunde


AngelaE

Empfohlene Beiträge

Hallo,

als ich mich hier angemeldet habe, bin ich gleich gebeten worden, etwas über Therapiebegleithunde zu schreiben. Das tue ich gerne und so fange ich einfach mal an:

Ich komme ursprünglich aus der Rettungshundearbeit und habe mir meinen zweiten Hund - eine Australian Cattle Dog Hündin - ganz gezielt für die Ausbildung zur Trümmer-spezialistin ausgesucht. Zu diesem Zeitpunkt habe ich bereits 6 Jahre einen Rettungshund geführt, einen Am-Staff-Mix, der mit mir zusammen in vielen Einsätzen war. Mittlerweile war ich Ausbildungsleiterin in der Staffel des ASB Bremen.

Apachis Grundausbildung begann und es lief anfangs sehr gut. Je besser unsere Bindung wurde, umso mehr Schwierigkeiten bekamen wir allerdings. Apachi hat einen sehr stark ausgeprägten Folgetrieb und entfernt sich gar nicht gerne von mir. Das ist privat sehr angenehm, als Rettungshund jedoch etwas hinderlich- sie blieb alle 5 Meter stehen und wartete auf mich *smile* na, da konnte ich gleich allein los marschieren. Es kamen noch andere "Problemchen" dazu, z.B. haßte sie die Kenndecke. Sie lief nicht einen Meter damit!

Der Unterschied zu meinem Rüden zeigte sich immer mehr. Für ihn bedeutete diese Arbeit alles, er war mit Herz und Seele dabei. Apachi machte ihre Sache gut, doch sie hat es eher "abgearbeitet", die Leidenschaft fehlte.

Als Rettungshundeführer war ich gelegentlich für den ASB in Kindergärten unterwegs, um unsere Arbeit vorzustellen. So kam es, dass ich mit Apachi in einem Integrations-Kindergarten war. Dort gab es auch körperlich und geistig behinderte Kinder. Apachi mit diesen Kindern zu sehen, war einfach unglaublich! Ich habe meinen Hund nicht wiedererkannt *großesstaunen* Sie ist eher so vom Typ "fass mich nicht an, kann ich nicht leiden", also beileibe kein Schmusehund. Hier war sie so ganz anders. Sie zeigte mir ganz deutlich "das will ich machen, das ist mein Ding!"

Zuhause habe ich sofort angefangen, mich über's Netz über die verschiedenen Möglichkeiten zu informieren. Es gibt sehr viele Organisationen, die eine Ausbildung zum Therapie-begleithund anbieten - die meisten verlangen Unsummen. Das kam für mich nicht in Frage, vor allem, weil es bisher keine rechtlich anerkannte Ausbildung gibt. Viele ziehen dir damit nur das Geld aus der Tasche.

Letztendlich bin ich beim Verein "Tiere helfen Menschen e.V." gelandet. Hier hat mir besonders die Aussagen des 1. Vorsitzenden Graham Ford gefallen: "Aktive Besuchsdienstler brauchen keinen Beitrag bezahlen" - das zeigte mir gleich, dass es diesem Verein um die Sache geht und nicht ums Geld.

Auch Sätze wie "wir müssen den Tieren mehr vertrauen" und "die wissen/spüren schon von allein, was zu tun ist" waren für mich ausschlaggebend. Es gibt Organisationen, die sehr "merkwürdige" Ausbildungsmethoden haben. So stecken sie z.B. die Hunde in einen Raum und dröhnen sie mit Musik voll *grusel* Was soll das?! Sollte so etwas jemals bei der Arbeit passieren, sind wir da aber so was von weg! Die Arbeit sollte jedem Therapiebegleithund Freude machen. Wie kann ein Tier Menschen helfen, wenn es selbst nicht gut drauf ist?

(Daher bin ich auch nicht für Delphintherapie, wenn die Delphine in einem Bassin eingesperrt sind!)

Ein Therapiebegleithund sollte von Natur aus nervenstark sein, wenn ich das erst üben muss, ist er nicht geeignet für diese Arbeit. Und wenn ich einen Hund in einen Raum sperre und mit Musik volldröhne, grenzt das an Tierquälerei und hat mit Ausbildung nichts zu tun.

In Amerika scheint die Ausbildung der Hunde sehr streng zu sein. Da wird erwartet, dass der Hund an einem Wimpernzucken erkennt, ob derjenige Kontakt möchte oder nicht. Da fallen dann auch von 50 Hunde 49 durch, und bei dem einen war es vielleicht auch nur Zufall.

So etwas kann ich erwarten, wenn mein Hund eine längere Erfahrung in seinem Job hat, aber doch nicht als Eignungstest.

Tja, auf meiner Suche nach einer für mich und meinem Hund passenden Organisation habe ich so einiges merkwürdiges erlebt. Ein anderer Ausbilder für Therapiebegleithunde konnte mir bereits am Telefon sagen, dass mein Hund nicht geeignet sei-das hat er nur an der Rasse festgelegt. Wenn ich euch jetzt sage, dass ich in den letzen 4 Jahren 2 American Staffordshire Terrier erfolgreich im Einsatz in einem Heilpädagogischen Kindergarten hatte, wißt ihr, wie ich darüber denke...

2002 habe ich eine Ortsgruppe des Vereins gegründet. Wir konnten gleich mit 9 Hunden starten - sie kamen alle aus meiner Hundeschule, da fielen mir die Eignungsteste leicht, da ich die meisten Hunde bereits von Welpenalter an kannte.

Wir waren hoch motiviert - kranke, alte, behinderte Menschen und Kinder - wo seid ihr? Wir wollen helfen.

Oi,oi, oi, wie naiv! HUNDE?! IN UNSERER EINRICHTUNG? UND WENN DIE BEISSEN? WER SOLL DA HINTERHER SAUBER MACHEN? *ups*

Wir fanden dann doch eine Einrichtung, den Albertushof in Delmenhorst. Die hatten schon vor langer Zeit beim Hauptverband angerufen, wussten gar nicht, dass es zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Besuchsdienstler in DEL gab.

"Ja, kommt sofort her, wir warten bereits seit Wochen auf euch" - so die Reaktion.

Unsere Arbeit begann.

Nachdem wir dann einen sehr schönen Artikel in der hiesigen Zeitung hatten, konnten wir uns vor Einrichtungen nicht mehr retten. Es kamen viele Behinderteneinrichtungen der Organisation Lebenshilfe e.V. dazu. Ich wurde auf Dienstbesprechungen und zu Elternabenden eingeladen, um die tiergestützte Therapie vorzustellen. RTL regional und Buten und Binnen meldeten sich auf die Zeitungsartikel und drehten mit uns für's Fernsehen.

Auch unsere Gruppe wurde größer. Jedoch nicht groß genug - noch heute habe ich Einrichtungen auf Warteliste stehen.

Jetzt nach 4 Jahren sind wir leider nur noch ein harter Kern, viele haben wieder aufgehört, waren der Sache nervlich nicht gewachsen oder es hat sich in ihrem Leben etwas geändert und sie hatten nicht mehr die Zeit dazu.

Ich habe zwischenzeitlich versucht, eine Umschulung zur Heilerziehungshelferin zu machen, leider wollte mir niemand die Umschulung zahlen.

Nach 3 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit, hat mich jedoch die Lebenshilfe e.V. eingestellt. Ich arbeite jetzt bei den Offenen Hilfen in der ambulanten Kurzzeitbetreuung. Ich betreue überwiegend behinderte Kinder, verbringe mit ihnen die Freizeit, integrier sie in andere Gruppen etc. So oft es geht und wenn es passt, setze ich meine Hunde dabei ein. Zusätzlich bin ich 1x in der Woche in einer Ergotherapiepraxis. Dort "arbeitet" Apachi mit 3 Kindern. Ein weiteres Kind haben wir noch privat.

Diese Sachen werden uns mittlerweile bezahlt, anders geht es nicht mehr mit den heutigen Spritpreisen. Wir haben viel draufgezahlt während unserer Ehrenamtszeit. Jetzt mache ich einen Teil ehrenamtlich und einen bezahlt. Das eine gleicht das andere aus.

Fortsetzung über Eignung, Ausbildung und Einsatz folgt!

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Angela, bin schon sehr gespannt auf deine Fortetzung! :klatsch:

Find ich einfach Klasse, was du machst und leistest! :respekt:

Ich denke aber mal, da ist nicht jeder Mensch zu geeignet, sich mit Behinderten auseinander zu setzen, oder?

Berichte auf jeden Fall noch ein bisschen von deiner Arbeit! :klatsch:

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Ausbildung zum Therapiebegleithund?

Über die Ausbildung zum Therapiebegleithund wird sehr viel geschrieben und – wie immer in der Hundeerziehung – wird es hier wohl auch verschiedene Ansichten geben. Die Praxis hat mir gezeigt, dass es eine Ausbildung zum Therapiebegleithund nicht gibt. Entweder ist der Hund kontaktfreudig, geht offen und freundlich auf alle Menschen zu – dann ist er geeignet. Muss ich ihn erst dahin gehend ausbilden, scheint mir das nicht der richtige Weg zu sein. Viele werden vielleicht jetzt dementieren (...die Frau hat ja überhaupt keine Ahnung...), aber genau das hat mir die Praxis gezeigt. Ich trete hier nicht als Sachverständige auf, sondern nur als Hundeführerin und Ausbilderin, die von ihren Erfahrungen berichtet.

Ich habe gehört, dass in den USA Tests laufen, bei denen die Hunde an einem bloßen Zucken der Wimpern erkennen sollen, ob der Mensch Kontakt haben möchte oder nicht. Von 50 Hunden fallen 49 durch! Kein Wunder, hier werden die Ansprüche an einen Therapiebegleithund extrem hoch gestellt. Vielleicht ist das für die ausgewählten Bereiche, in denen man dort mit den Tieren arbeiten will, wichtig. Das kann und will ich nicht bestreiten. Schade aber um die so „ausgemusterten“ Tiere, die man vielleicht woanders hätte einsetzen können.

Aber müssen die Ansprüche tatsächlich immer so hoch angesetzt werden? Man kann doch auch im Kleinen anfangen! Ein Spaziergang zum Beispiel, was muss der Hund da Besonderes können? Nichts! Und was bringt es dem Menschen? Viel! Er bekommt Bewegung und Sozialkontakt, lernt Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen, vielleicht bestehende Ängste zu überwinden. Das Zusammensein mit dem Tier macht ihn glücklich – ist das keine Therapie?? Natürlich gibt es viele Bereiche in der Therapie mit Hunden, wo eine spezielle Ausbildung unumgänglich ist – aber es gibt auch viele Bereiche, wo dieses eben nicht der Fall ist!

Vielleicht ist der Begriff „Ausbildung“ falsch gewählt. Unsere Hunde, die wir in unseren Bereichen einsetzen, brauchen keine spezielle Ausbildung. Die Eigenschaften, die sie dafür auszeichnen sind ihnen von Natur aus mitgegeben worden. Wir fördern und „schulen“ sie nur und führen sie langsam an bestimmte Dinge und Situationen heran, um ihnen ihre Arbeit zu erleichtern. Bei uns hat jeder Hund eine oder mehrere besondere Aufgaben. Sein Wesen und sein Charakter bestimmen seine Eignung und seinen Einsatz, seine Fähigkeiten sollen erkannt und gefördert werden.

Wir schulen den Hund nachdem wir seine Eignung erkannt haben und bringen ihm dann Dinge bei, die für seine Arbeit als Therapiebegleithund nützlich sein können. Das gilt für Hunde, die ganz gezielt für bestimmte Aufgaben eingesetzt werden. Man kann Kindern die Angst vor dem Tier nehmen, wenn dieses z.B. lustiges Kunststück macht. Wir hatten im Kindergarten einen Jungen, der schreiend davon lief, wenn er einen Hund sah. Unser erster Kontakt sah so aus, dass ich mit meinem Hund vor der verglasten Tür blieb und dort „Zirkus“ vorführte. So konnte er das Tier sehen und er hatte sichtlich Spaß an den gezeigten Kunststückchen. Nach einigen Wochen ging er immerhin schon – mit einem größeren Abstand – an ihm vorbei.

Es ist immer vorteilhaft, wenn ein Hund apportiert, denn dann kann mit Ball oder Stöckchen gespielt werden. Zusätzlich kann man ihm beibringen, das apportierte Spielzeug einem Rollstuhlfahrer in den Schoß zu legen. Schön ist es auch, wenn der Hund vernünftig am Rollstuhl läuft. Das ist besonders für Rollstuhlkinder wichtig. Diese wollen auch, wie die Kinder, die gehen können, den Hund an der Leine führen. Ohne spezielles Training stand z.B. mein Hund anfangs immer quer vor dem Rollstuhl und musste dann seine Pfoten in Sicherheit bringen! (Ich habe mittlerweile einen eigenen Rollstuhl für dieses Training. Fahren kann ich damit nicht – stehe immer nur verzweifelt vor einem Zaun oder lande im Graben. Ich kann das Ding nicht lenken! Hut ab vor jedem Rollifahrer – das will gelernt sein!)

Weiter habe ich die Erfahrung gemacht, dass es gut ist, auch mit Sichtzeichen zu arbeiten. Viele Kinder oder auch Erwachsene können nicht sprechen oder haben Sprachstörungen. Reagiert der Hund auf Sichtzeichen, können sie sich trotzdem gut verständigen.

Hunde, die mit Kindern arbeiten, sollten Lärm ertragen können und allgemein starke Nerven haben. Eine gute Prägung auf die Umwelt und eine Sozialisierung, die bereits im Welpenalter beginnt, ist hierfür unerlässlich. Das Umfeld, in dem der Hund groß geworden ist, formt ihn für sein späteres Leben.

Man kann die Hunde auch an leichtes Kneifen gewöhnen und sie allgemein unempfindlicher gegenüber leichte Grobheiten machen, wie z.B. das Ziehen an Ohren und Ruten. Kinder – insbesondere Kinder mit motorischen Beeinträchtigungen - sind (ungewollt) unberechenbar und man kann ein Fehlverhalten oftmals nicht schnell genug verhindern. Der Hund kann aber ein unabsichtliches Kneifen und ein versehentliches Treten von wirklicher Absicht unterscheiden. Meine Hündin hat schnell gelernt, welche Kinder dazu neigen sie immer wieder ein wenig zu „ärgern“, sie z.B. im Liegen am Bein zu ziehen. Sie geht diesen Kindern aus dem Weg. Stolpert aber mal einer aus versehen im Spiel, nimmt sie das nicht übel.

Diese Gewöhnungsübungen lassen sich übrigens prima mit dem „Clicker“* trainieren.

Man sollte so mit dem Hund arbeiten, wie es seinen persönlichen, ihm von der Natur mitgegebenen Eigen-schaften entspricht. Kunststückchen sind toll, aber ein 60 kg schwerer Bernhardiner sollte nicht durch einen Reifen springen müssen oder eine Rolle machen (Magendrehung*)!

Kunststücken sind ein lustiger Zusatz und können helfen, Ängste zu überwinden, aber sie sind kein Muss für einen Therapiebegleithund.

Am Grundgehorsam sollte man immer weiter konsequent arbeiten und eventuell auftauchende Probleme sollte man sofort angehen. Niemals mit Druck arbeiten, auch Gehorsam kann Spaß machen!

Bei der Arbeit den Hund immer beobachten! Irgendwann erreicht er seine Grenzen. Das muss man vorher erkennen, man sagt „den Hund lesen können“. Dass der Hund seine Arbeit – egal was er macht – immer mit Spaß und Freude ausführt und nicht überfordert wird, liegt allein in der Verantwortung des Hundeführers.

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Besuchs- und Therapiebegleithunde im Einsatz

– Beispiele für ihre Arbeit

Jeder, der selbst sein Zuhause mit einem Tier teilt, weiß, wie sehr Tiere unser Leben bereichern. Sie sind immer für „ihren“ Menschen da, akzeptieren ihn so, wie er ist. Äußerlichkeiten, wie zum Beispiel Körperbehinderungen oder auffällige äußere Erscheinungsbilder, sehen sie nicht. Auch unsere verschiedenen Stimmungen im Alltag werden angenommen, schlechte Laune sofort wieder verziehen. Niemals ist es nachtragend. Es kennt keinen Neid, keine Missgunst. Wir werden von ihm bedingungslos geliebt, erhalten Wärme und das Gefühl, gebraucht zu werden.

Gleichzeitig lernen wir, Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen. Katzen erziehen uns zu Ordnung und Sauberkeit (Katzenklo) sowie zur Pünktlichkeit (Fütterungszeiten). Hunde sind bekanntlich etwas flexibler. Von ihnen können wir vor allem Konsequenz lernen –in der Erziehung und auch im Alltag. Sie bringen uns täglich raus an die frische Luft, und das bei jedem Wetter. Mit ihnen werden und bleiben wir kontaktfreudig. Mit einem Hund an der Seite wird man schnell von fremden Leuten angesprochen und kommt in ein Gespräch: „Oh, ist der süß... was ist denn das für eine Rasse? Ich hatte auch mal...“

Sind wir traurig, sind sie für uns da. Wer hat noch nicht bemerkt, dass sein Hund oder seine Katze in solchen Momenten noch anhänglicher, noch verschmuster wird...?

Allein die Gegenwart eines Hundes und besonders das Streicheln des Tieres kann in vielen Situationen den Blutdruck merklich senken, Stress abbauen und eine Entspannung herbeiführen. Die Anwesenheit eines Tieres in Krankenhäusern oder Altersheimen bringt die Menschen sofort auf andere Gedanken. Vergessen sind für eine Weile die eigenen Schmerzen und Probleme. Viele ältere Menschen erzählen, dass sie früher selbst einen Hund oder eine Katze hatten. Sie erinnern sich an Namen oder Ereignisse.

In jedem Tier steckt ein kleiner „Therapeut“, der schnell lernt, wie er „seinem“ Menschen in dieser oder jener Situation das Leben wieder etwas schöner machen kann.

Diese Fähigkeiten, die Tiere besitzen, können wir fördern und ausbauen. Und das ohne allzu viel Aufwand oder Training. Und: Wir können sie teilen mit Menschen, die aufgrund ihrer Lebensumstände nicht (mehr) die Möglichkeit haben, sich ein eigenes Tier zu halten. Wir können sie bei der Bewältigung ihres Alltags, geprägt durch Behinderung, Krankheit oder Alter, unterstützen. Der Kontakt mit dem Tier entspannt und beruhigt, bringt sie zum Lachen und lässt sie für eine Weile die eigenen Sorgen vergessen.

„Sozial gestörte“ Menschen, die während der Besuche eine Verbindung zu einem Tier aufnehmen sind dann möglicherweise auch in der Lage, über diese sozial angstfreie Beziehung zu dem Tier als zweiter Schritt auch eine Beziehung zum Hundeführer aufzubauen. Ein erster Schritt zur Kontaktaufnahme mit weiteren Personen. Vielleicht ist der Aufbau einer Beziehung zu dem Tier eine Art „Schonraum“, „ein Probehandeln“ für den normalen Umgang mit Menschen?

Wir erleben, dass allein der Wille, das Tier zu berühren, ausreicht, um Verkrampfungen der Hände für diesen Moment zu lösen und somit ein Streicheln des Tieres möglich ist.

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Aufgaben und Einsatzmöglichkeiten

Fassen wir aus dem ersten Teil kurz zusammen:

Die Aufgabe eines Besuchs- bzw. Therapiebegleithundes ist es, durch den Kontakt zu einem Menschen den Aufbau von seelischen und körperlichen Kräften zu mobilisieren. Durch die Anwesenheit des Tieres soll ein Wohlbefinden entstehen, ganz gleich welcher Art und auf welche Weise es zustande kommt. Der Unterschied zwischen einem „Besuchshund“ und einem Therapiebegleithund“ besteht nur darin, dass bei der Arbeit eines Therapiebegleithundes immer ein Arzt oder Pädagoge anwesend sein muss. Nur dann darf man von einer „Therapie“ sprechen.

Wir unterscheiden zudem in:

a) „tiergestützte Aktivitäten“

=> einfache Besuchsdienste, wie z.B. Gruppen- oder Einzelbesuche in Seniorenheimen, Krankenhäuser, Behinderteneinrichtungen etc. Die Hunde kommen zum Streicheln und Berühren, zum spielen oder Spazieren gehen. Auch Hunde-Rallyes gehören zu den Gruppenaktivitäten.

B)„tiergestützte Therapie“

=> hier ist immer ein Heilpädagoge, ein Arzt oder eine ähnliche Fachkraft anwesend. Gearbeitet wird z.B. in heilpädagogischen Einzelstunden mit behinderten Kleinkindern. Durch den Kontakt mit dem Hund werden alle Sinne des Kindes angesprochen. Eine gute Möglichkeit bietet sich, ganz einfache Sinneserfahrungen über die Haut zu machen (tasten, greifen, fühlen, riechen)

Der Hund lässt sich mit den nackten Füßen streicheln, mit den Händen und sogar mit dem Gesicht berühren oder umarmen. Kleinere Kinder können sich auf ihn legen und die Bewegung seiner Atmung wahrnehmen. Die feuchte Schnauze hinterlässt eine nasse Spur auf der Haut.

c)“tiergestützte Pädagogik“

sind Tierbesuche mit einem Lern- oder Verhaltensziel, z.B. sich über einen längeren Zeitraum auf etwas zu konzentrieren, stillsitzen, abwarten, abzugeben, ruhig sein und zuzuhören. Der Hund als lebendiges Wesen tut in jedem Augenblick etwas Neues, dadurch bleibt die Aufmerksamkeit des Kindes lange erhalten, die Konzentrationsfähigkeit wird gefördert. Das Kind muss auf den Hund reagieren und ist selbst Ursache für die Handlungen des Kindes. Unbewusst stellt sich das Kind auf den Hund ein. Es kommt zu einer sozialen Wechselwirkung. Gleichzeitig wird sein Selbstbewusstsein gefördert, wenn es erlebt „ich bin wichtig für den Hund, er reagiert auf mich“. Zur tiergestützten Pädagogik gehört auch die gezielte Aufklärung, Kindern ein richtiges Verhalten gegenüber Hunden zu vermitteln, um Beißunfälle zu vermeiden.

Die Einsatzmöglichkeiten sind sehr groß. Es gibt Besuchsdienste in Kliniken, Alten- und Pflegeheimen, Seniorenhäusern, Kindergärten, Schulen, Behinderteneinrichtungen, Gefängnissen oder auch bei Einzelpersonen zu Hause. Manchmal reichen schon die Anwesenheit eines Tieres und der Kontakt, der zum Tier entsteht, um den Menschen Freude zu bereiten. Während viel gestreichelt und gefüttert wird, kommt man schnell in ein angeregtes Gespräch und ein zwischenmenschlicher Kontakt wird aufgebaut. So ein Besuch ist kurzweilig und man hat etwas, auf das man mit Vorfreude warten kann.

Ein Besuchsdienst mit Hunden kann auch so ablaufen, dass der Besuchsdienstler – ich bezeichne ihn im Folgenden immer als Hundeführer- einen benachteiligten Menschen zu einem Spaziergang abholt, z.B. aus einer Einrichtung für betreutes Wohnen. Durch diese Einzelbetreuung entsteht ein sehr intensiver Kontakt zwischen Hund, Hundeführer und dem Bewohner. Diese enge Bindung kann manchmal auch zum Problem werden. Erst vor kurzem sprach mich eine Hundeführerin darauf an. Sie erzählte mir, dass sie immer ein ganz schlechtes Gewissen hat, wenn sie ihren Termin einmal absagen muss.

Der Bewohner, mit dem sie 1x wöchentlich spazieren geht, ist sehr auf ihren Hund fixiert und sicherlich auch auf sie. Die Enttäuschung, wenn eine Vertretung kommt, lässt er deutlich heraus, mit manchen geht er gar nicht erst mit. Es bleibt nicht umhin, dass die Hundeführer sich dann darüber ihre Gedanken machen. Ein schlechtes Gewissen ist menschlich – aber natürlich braucht niemand eines zu haben, nur weil er gelegentlich seinen Besuchsdiensttermin absagen muss.

Diese Spaziergänge sind gut für Menschen, denen der Arzt Bewegung verordnet hat oder aber für diejenigen, die in einer Gruppe zu kurz kommen würden, weil sie größere Schwierigkeiten haben auf andere Menschen zuzugehen und Kontakt aufzunehmen. Das Tier geht auf die einzelne Person ein, gibt ihr das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Das selbstständige Halten des Hundes an der Leine, die Befehle, die das Tier auf ihr Kommando ausführt – all das sind Dinge, die das Selbstbewusstsein fördern können.

Wie so ein Besuchsdienst aussehen soll, ob Gruppen- oder Einzelbesuch, muss am Anfang durch Gespräche mit den Betreuern abgesprochen und dann individuell entschieden werden.

Der Einsatz eines Hundes in Kinderheimen, Schulen oder Kindergärten erfordert einiges mehr. Ich denke hier insbesondere an die Anforderungen, die an den Hund gestellt werden. Dort ist ein Hundebesuch zunächst zwar auch etwas ganz Besonderes, aber die Kinder verlieren sehr schnell wieder das Interesse, wenn man ihnen nicht etwas mehr bietet, als die bloße Anwesenheit des Tieres.

Sie möchten den Hund gerne selbst herumführen, Bälle oder Stöckchen werfen oder Suchspiele machen. Von Vorteil ist es auch, wenn der Hund einige Kunststückchen zeigen kann.

Für den Besuch in Schulen gibt es besondere Programme. Hier geht es in erster Linie darum, ein Verständnis zum Tier zu entwickeln. Daraus sollen die Kinder dann den richtigen Umgang mit ihm erlernen. So können wir vielleicht in Zukunft mithelfen, Unfälle mit Hunden, die aufgrund von Verhaltensfehlern zustande gekommen sind, zu verhindern.

Die Einsatzmöglichkeiten in Heilpädagogischen Kindergärten sind besonders wertvoll, sie müssen aber in besonderem Maße gestaltet werden. Hier ist immer ein Heilpädagoge oder Erzieher anwesend. Wir arbeiten in Gruppen und auch mit einzelnen Kindern. Hier sind Hunde zum Schmusen genauso gefragt, wie die, die „Action“ bringen.

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Auf dem Bild oben sieht man das Spiel "Einkaufen mit und für den Hund"

Die Aufgabe ist, etwas zu trinken, zu essen und ein Spielzeug für den Hund zu kaufen.

Der "Verkäufer" bietet dem "Käufer" und seinem tierischem

Begleiter nach einer Beratung erst einmal eine Cola an. Da wird dann ausdiskutiert, ob der Hund Cola trinkt oder nicht vielleicht doch lieber Wasser?

Natürlich greift das Kind auch zum Spielzeugauto statt zum Hundeball *grins* und das es sich selbst die TicTacs eingesteckt hat, habe ich erst auf den Bildern gesehen.

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Ja, Renate, es ist sicherlich so, dass nicht jeder Mensch mit Behinderten arbeiten kann. Aber man sollte es auf jeden Fall versuchen, wenn man die Möglichkeit dazu hat!

Es ist nicht so schwierig, wie es aussieht!

Ich hätte mir das früher auch nicht vorstellen können und bei meiner Berufswahl in jungen Jahren wäre ich niemals auf den Gedanken gekommen, das mir diese Arbeit liegen würde.

Das Feedback, das wir bekommen ist enorm! Die geistig behinderten Menschen sind überwiegend immer freundlich und gut gelaunt. (Im Gegenteil zu den Senioren, diese Arbeit liegt mir dafür nicht.)

Wichtig ist, dass man sich immer sagt, dass man diese Zeit, die man da ist, Freude und Spaß bringt. Man darf kein Mitleid haben und sich hinterher viele Gedanken und Sorgen machen, die man vielleicht sogar mit nach Hause trägt. Da würde man dran kaputt gehen. Ist auch einigen aus unserer Gruppe passiert.

Wir haben es auch schon erlebt, dass ein Kleinkind, dass wir über einen langen Zeitraum in seiner Heilpädagogischen Einzelstunde mit Hund besucht haben, verstorben ist. Man hatte nicht daran gedacht, uns Besuchsdienstlern Bescheid zu geben. Das war hart.

Unten:

Monique und Apachi bei Bewegungsspielen

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jutti1357

Hallo Angela,

einfach toll, dein Einsatz =) Und das du jetzt bezahlte und ehrenamtliche Arbeit miteinander verbinden kannst, finde ich super.

Bei Berichten/Dokumentationen in Fernsehen über Therapiebegleithunde hatte ich auch schon gedacht - das kann unsere auch.

Sie ist vom Wesen total lieb und ein "Freu-mich-Hund". Liebt es gekuschelt zu werden und lernt total gern und schnell.

Mein Mann ist Rollstuhlfahrer und seit kurzem hilft sie etwas, z.B. wenn ihm etwas runtergefallen ist, wo er nicht drankommt.

Letzten Samstag habe ich angefangen mit ihr zu üben Wäscheklammern zu geben, wenn man Wäsche aufhängt.

Bei mir ist der Ansatz also eher Richtung Behindertenbegleithund für den Eigenbedarf.

Ich habe mich auch informiert über die Ausbildungswege von Behindertenbegleithunden.

Habe auch Bücher darüber gelesen, mit welchen "Tricks" z.B. einem Hund beigebracht werden kann, jemanden zu wecken usw.

Da ich der Meinung bin, dass Hunde immer lernen können, egal wie alt sie sind - es nur eine Frage des Hundes selber, welche Anlagen, und unserer Geduld/Fähigkeit ihm zu zeigen, was man möchte ist, habe ich halt mit Tessa, die erst im Alter von 4 Jahren zu uns kam nach einer Grunderziehung (Sitz, Platz usw.) halt auch begonnen habe sie für "Dienstleistungen" zu trainieren.

Es macht uns und ihr Spaß.

Für meinen Mann, der nun seit über drei Jahren zu Hause ist - mitten aus dem Berufsleben gerissen - ist sie auch ein wichtiger sozialer Aspekt. Zum einen psychisch und zum anderen physisch und sozial.

Psychisch tut es einfach gut, jemanden um sich zu haben, wenn ich zur Arbeit bin, mit dem man kuscheln kann - um den man sich kümmern muss.

Physisch - er muss sich bewegen - soll heißen, wenn sie raus will, muss er mit dem Rollstuhl zur Terrassentür - vom Sofa hoch - umsetzen usw.

Physisch und sozial - er macht üblicherweise die große Runde mit ihr (mit einem Quad hier in der "Pampa"). Er muss raus an die frische Luft und trifft andere mit ihren Hunden.

Es gibt hier Wiesen, wo sich immer fast die gleichen treffen. So haben wir viele kennengelernt, die hier im Ort wohnen.

Das ist zum einen für ihn gut, aber auch für die "Laufenden", denn meist gibt es leider Berührungsängste, wenn jemand im Rollstuhl sitzt.

Ich bin auch schon oft von anderen gefragt worden, wie man Mann den dies oder das so alleine schafft - so - "Sagen, wie macht er das eigentlich..."

Übrigens sind die Quads ein wunderbares Fahrzeug, um mit Rollstuhlfahrern mal Feld- und Waldwege zu erkunden oder an den Strand oder ins Watt zu fahren.

Mein Mann hatte mal mit einem anderen Rollstuhlfahrer hier eine Tagestour gemacht und der war begeistert - die Wege - Gerüche der Natur usw. bekommt man sonst garnicht zu sehen/riechen.

Ach - und mein Mann ist in Bremen geboren - hat lange in Lemwerder gelebt - kurz in Delmenhorst und nun wohnen wir seit 5 Jahren hier 30 km nordwestlich von Hamburg.

Über Handicap und Quad hat er etwas auf einer Homepage stehen - www.quadportal.de - da kannst du ja mal reingucken.

Vielleicht ist das ja eine Anregung, mal mit den rollstuhlfahrenden behinderten Kindern eine Aktion - raus in die Natur - zu starten?

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Hallo Jutta,

ich habe mir die Seite von deinem Mann gerade angeschaut - tolle Sache, macht sicherlich viel Spaß, mit diesen Dingern durch den Wald zu fahren.

Ich habe Apachi ebenfalls viele Dinge beigebracht, die ein Assistenzhund können sollte: Sie bringt z.B. das Handy, kann mir eine Flasche Saft holen, Socken ausziehen, sie apportiert fast alles, nimmt auch Metall ins Maul und kann viele Dinge unterscheiden. Auf Signal "bitte aufheben" hebt sie heruntergefallene Dinge auf und legt sie in die Hand oder auf den Schoß. Wir arbeiten auch mit Rolli-Kindern, so hat sie auch das Laufen am Rollstuhl gelernt und für die Kinder ist es toll, wenn Apachi ihnen behilflich sein kann. Die Möglichkeiten sind da groß.

Für einen Therapiebegleithund muss das natürlich nicht sein, aber für meine Arbeit ist das alles sehr nützlich. Apachi ist sowieso ein "workaholic" und ich habe einfach Spaß daran, ihr viel beizubringen.

Ich würde sehr gern für Menschen mit Handycaps Hunde ausbilden, plane für nächstes Jahr auch eine Fortbildung in Sachen Blindenführhund. Zur Zeit scheitert es daran, dass ich nicht noch einen dritten Hund aufnehmen kann. Ich benötige also Menschen, die den Hund bei sich aufnehmen, und ihm zusätzlich zu mir Sozialisierung/Prägung und Grundgehorsam

beibringen.

Wir haben auch immer wieder Angebote in der Hundeschule für Menschen mit Handycaps, die ihre Hunde mit unserer Hilfe selbst ausbilden wollen. Das Interesse ist aber leider nicht da.

Wir werden das nächstes Jahr nochmals versuchen, in Form von Wochenendseminare - das könnte vielleicht besser klappen.

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  • 2 Jahre später...
funnysiri

Hallo,

habe durch Zufall dieses Forum entdeckt und mit viel Interesse deine tollen Beiträge gelesen, Angela.

Ich mache zur Zeit noch eine Ausbildung zur Erzieherin (Hamburg). In einem Jahr werde ich damit fertig sein. Schon in meiner vorigen Ausbildung zur Sozialpflegeassistentin habe ich mit behinderten Menschen und auch alten Menschen zu tun gehabt. So arbeite ich momentan in einer Schule f. geistig behinderte Kinder. Innerhalb meiner Ausbildung belege ich kurse im Bereich Sonderpädagogik.

Neben der Ausbildung arbeite ich zusätzlich am Wochenende in einem Altenheim. Dort habe ich durch das Mitnehmen meiner Jacky Hündin Erna mein Berufziel entgültig festgelegt.

Ich habe erlebt wie viele der Bewohner, die sonst nur trostlos in ihren Zimmern saßen und auch von der angebotenen Beschäftigungstherapie nichts wissen wollten, begeistern von meiner Hündin waren.

Es ist schon erstaunlich was ein so kleiner Hund bewegen kann!

So habe ich das auch in einem Praktikum in einer Schule f. Schwerst Mehrfach behinderter Kinder erleben können.

Nun bin ich schon jetzt am suchen wie es am Besten nach meiner Ausbildung weiter gehen könnte.

ich habe viel im Internet gesucht um eine Möglcihkeit zu finden. So habe ich auch festgestellt das der Begriff Therapiebegleithund und deren Ausbildung sehr unterschiedlcih ist und man durch die vielen Angebote ja gar nicht mehr durchsieht. Es gibt da eben keine anerkannte Ausbildung oder ähnliches.

Vielleicht kann ich ja durch dieses Forum ein paar Möglcihkeiten oder Ideen bekommen, wie ich auf dem Besten Wege mein berufliches Ziel erreichen kann.

Ich möchte mit Hunden arbeiten und mit ihnen, Menschen, egal ob Kinder oder ältere Menschen, helfen, unterstützen, motivieren..etc.

liebe Grüße

Iris

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