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4. Canine Science Forum 2014 - neueste Nachrichten aus der Wissenschaft


Gast Fangmich

Empfohlene Beiträge

Gast Fangmich

Vom 15.07. - 18.07.2014 fand das 4. Canine Science Forum in Lincoln/England statt.

 

Dies ist ein interdisziplinärer u. internationaler Wissenschaftsaustausch zu allen aktuellen Forschungsansätzen/ - ergebnissen über Hundeartige (wie Haushund und Wolf etwa). Ziel ist es, v. A. auch junge Wissenschaftler zu vernetzen, um disziplinübergreifend und unvoreingenommen sinnvolle Forschungsarbeit leisten zu können.

 

Sehr interessant waren dieses Jahr die Beiträge zum Empathieempfinden unserer Haushunde und zu Alterungsprozessen bei Hunden (auch im Hinblick auf eine modellhafte Übertragbarkeit für menschliche Alterungsprozesse).

 

Aber auch sonst waren in über 50 Vorträgen und vielen vorgestellten Postern (meist Doktorarbeiten) jede Menge interessante Ideen und Ergebnisse zu erfahren.

 

Ich versuche, Euch hier schrittweise (so wie es zeitlich bei mir geht) die Inhalte der englischen Vorträge wie zeitlich im Programm ablaufend zusammenzufassen. Das Ganze in allgemein verständlichen Worten und umkommentiert.

 

Detailfragen beantworte ich jederzeit so gut ich kann hier oder per PN.

 

Hier der Programmüberblick: http://www.csf2014.com/scientific-programme.php

 

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Gast Fangmich

Was uns Wölfe über Hundeverhalten sagen (Prof. Benjamin Hart, School of Veterinary Medicine, University of California)

 

Freilebende Wölfe scheinen ohne menschliche Versorgung, Impfungen, Entwurmungen und medizinischen Eingriffen gut mit Erkrankungen und Verletzungen umgehen zu können.

Wir können mittlerweile durch Forschung gut erkennen, welche Verhaltensweisen der Wölfe eine Rolle zur Gesunderhaltung bzw. im Kampf gegen Erreger und Parasiten spielen.

Gerade diese Verhaltensweisen werden bei unseren Haushunden aber fast durchwegs missverstanden oder sogar fälschlicherweise als Abnormalitäten eingestuft.

Die folgende Aufzählung der Abwehrmechanismen, die wir bei unseren Haushunden beobachten, haben für Wölfe (nach jetzigem Stand der Wissenschaft) wichtige Überlebensfunktion:

 

- Gras fressen: reinigt den Darm von Parasiten (auch wenn der Hund keine hat); 5-10% der Wölfe fressen Gras;70% der Haushunde fressen Pflanzen unabhängig von Erkrankungen und zur Entwurmung. Am häufigsten fressen junge (und daher noch anfälligere) Hunde Gras.

 

- Wundenlecken: reinigt Wunden und wirkt wie ein "antibakterieller Schwamm" (Speichel ist antibakteriell und gut für Wundverschluss; durch OP´s bei unseren Haushunden kommt es zu einem übertriebenen (und nachteiligem) Lecken, welches dann wiederum geeigneter Präventionsmassnahmen bedarf).

 

- Männliches Genitalienlecken nach Kopulation: hütet vor sexuell übertragbaren Krankheiten (auf weitere Kopulationspartner)

 

- Sauberkeitserziehung ist relativ leicht trainierter, da veranlagt, um die Höhle/Schlafplatz vor Fäkalkeimen zu schützen

 

- Stuhl von Artgenossen fressen: dient der Säuberung der Höhle/Wohnbereich/Schlafplatz von parasitenverunreinigtem Stuhl (es wird frischer Stuhl gefressen; normales VH bei Wölfen zum Schutz gegen einen späteren Wurmbefall. Frischer Kot ist harmlos, da Eier noch nicht zur Larve entwickelt).

 

- Krankheitsverhalten: kurbelt Körpertemperatur (Fieber) an, um Wachstum von Pathogenen zu verlangsamen

 

- Welpenkannibalismus durch Muttertier: Tötung verhindert, dass kranke Welpen Infektionen auf Geschwister übertragen können (interessant hierbei, dass dies bei Haushunden auch durch bestimmte unübliche Vibrationen und Gerüche ausgelöst werden kann)

 

 

Das war mal der erste Streich von der Wolfsfront :) - es gab aber auch noch den ein oder anderen Beitrag dazu, der natürlich folgen wird!

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Gast Fangmich

Ach so, ja: schön war´s natürlich in der spärlichen Freizeit dort auch!

 

Veranstaltungsort Uni Lincoln

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Kathedrale
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Pension
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...und typisch britische Liebe zum Detail (zumindest was Haustiere betrifft)
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Schwarzweiss

Danke, daß du dir die Mühe machst. Endlich z.B. eine sinnvolle Erklärung fürs Grasfressen! Und erklärt den Widerspruch Wundenlecken gut/schlecht.

Bin schon sehr gespannt, was du noch zu berichten hast.

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Vielen Dank, dass du dir die Mühe machst, uns zu informieren, ich bin sehr interessiert!

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Oh wie cool! Danke für die Infos, sowas finde ich irre spannend und hätte es mir bestimmt auch gerne selber angesehen (naja... der Trip nach England wäre da sicherlich auch mit "Schuld" dran ^_^:ph34r:

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Juchu! Danke, daß du uns teilhaben lässt! 

 

Bin gespannt wies weitergeht.

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Auch von mir ein ganz herzliches DANKE! Es ist wirklich sehr interessant und ich bin gespannt, was du noch so zu berichten hast.

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Gast Fangmich

Oh, wie schön - habe nicht damit gerechnet, dass es Einige so interessiert! Na dann mal schnell weiter, da ich erst am Montag wieder tippen kann!

Tippfehler bitte ich zu entschuldigen: ich habe mich noch nicht mit der momentanen 10 min Editierfrist angefreundet...

 

Wie verarbeiten Hunde menschliche Sprachreize (rein linguistische Informationen versus emotional angereicherte Sprachinformation)? (V. F. Ratcliffe, D. Reby, School of Psychology, University of Sussex, UK)

 

In der menschlichen Sprachwahrnehmung wird die rechte Hemisphäre mit emotionaler Sprachverarbeitung assoziiert, während Aktivität in der linken Hemisphäre die Verarbeitung von rein linguistischen Informationen anzeigt.

Funktionale Hirnasymmetrien bei der Reaktion auf intraspezifische Lautäusserungen konnten bisher auch bei etlichen Tierarten und dem Haushund nachgewiesen werden.

Menschliche Laute spielen auch für Hunde eine wichtige Rolle und so haben neueste Ergebnisse mit bildgebenden Verfahren bereits gezeigt, dass die rechte Hemisphäre erhöhte Aktivität zeigt, wenn man Hunden emotional belegte menschliche Laute darbietet (Andics et al 2014).

 

Das Ziel dieser jetzigen Studie war es, zu untersuchen, ob Hunde unterschiedliche Hemisphären "benutzen", wenn man ihnen rein linguistische oder zusätzlich emotional angereicherte Sprachinformationen vorspielt.

 

Dazu benutzten wir die Kopf - Dreh - Reaktion (sog. Head - Turn - Paradigm).

Wir spielten 100 Hunden jeweils einmal einen

(1) ihnen bekannten Ausdruck in positiver Tonlage

(2) den selben Ausdruck in gleichbleibender (ummodulierter) Tonlage (aber gut verständlich)

(3) den selben Ausdruck abgeändert (unverständlich aber mit "emotionalem Gehalt" gesprochen)

(4) und einen Kontroll/Referenzton (pink noise, Rauschgeräusch)

vor.

 

Die Ergebnisse zeigen eine signifikante linkes Ohr/rechte Hemisphäre Tendenz, wenn die Tonaufnahme nur emotionalen Gehalt hatte (P=0.002) (3) und eine signifikante rechtes Ohr/linke Hemisphäre Tendenz, wenn die Tonaufnahme nur linguistische Information enthielt (P=0.004) (2).

 

Keine Tendenzen konnten bei dem original gesprochenem Satz (P=1.00) (1) oder dem Referenzgeräusch (P=1.00) (4) festgestellt werden.

 

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Hunde möglicherweise eine mit dem Menschen vergleichbare Hemisphärenspezifikation haben, was die Verarbeitung von emotional belegten oder rein linguistischen Sprachinformationen betrifft.

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