Zum Inhalt springen
Registrieren

Hundeerziehung und Ethik


gast

Empfohlene Beiträge

Dieses Thema geht mir sehr oft im Kopf herum, wenn ich Beiträge hier lese. Und deshalb möchte ich euch diese Frage gern einmal losgelöst von einer ganz konkreten Erziehungsfrage stellen:

 

Was ist im Rahmen der Hundeerziehung für euch ethisch vertretbar - und was nicht?

 

Im Grunde sind unsere Hunde uns ja auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Sie selbst können daran nicht viel tun, sondern müssen die Ansichten ihres Halters hinnehmen. Rein rechtlich gibt es ein paar Einschränkungen, aber die sind nicht sonderlich konkret und werden oft umgangen. Oder schöngeredet. Dem Hund aber ist es wohl egal, ob es nun "Körperhilfe", "Einwirkung", "Berührung" oder "Schlag" heißt - er weiß nur, dass es erschreckt oder sogar weh tut. Auch sind ihm unsere ganzen theoretischen Hintergedanken völlig fremd.

 

Auf dieser Basis - Hund ist uns ausgeliefert und hat dabei aber durchaus auch Gefühle - frage ich mich nun, was ist zu rechtfertigen, und was nicht? Ist es wirklich in Ordnung, alles zu tun, was ich tun könnte? Oder sollte eine gewisse Empathie und, ja, eine gewisse Ethik mich nicht schon deutlich früher stoppen? Wie seht ihr das?

  • Gefällt mir 1
Link zu diesem Kommentar
MissWuff

Für mich ist ethische Hundeerziehung eine Hundeerziehung ohne Einschüchterung oder physische Gewalt und generell ohne das Nutzen aversiver Reize zum Strafen des Hundes. Was man rechtfertigen kann... ich halte sog. positive Strafen, also aversive Reize beim Strafen, für unnötig, somit finde ich sie auch nicht wirklich zu rechtfertigen. Wenn jetzt wer seinen Hund mal schimpft oder man es auch einfach in einem Moment tut, wo man die Nerven verliert, ist das eine Sache. Aber wenn der Hund deutlich eingeschüchtert/ihm etwas unangenehm gemacht wird, das am besten noch regelmäßig vorkommt, und/oder wenn alle 5 Minuten geschimpft wird... das find ich sehr unschön, sagen wir mal so.

  • Gefällt mir 5
Link zu diesem Kommentar

Für mich ist vertretbar: Einem Mitlebewesen etwas beizubringen, indem ich ihm den Übungsrahmen so gestalte, dass es begreifen kann, was ich von ihm will.

Dass es dazu angeregt wird, es RICHTIG zu machen, damit ich loben, belohnen, bestätigen kann.

 

Nicht vertretbar ist für mich: Einem Mitlebewesen zu vermitteln, was es nicht darf, indem ich es quasi ins Messer laufen lasse, damit ich es strafen kann , dafür, dass es sich in genau dieser Situation so verhalten hat, wie es das eben bisher als beste, erfolgsversprechende Lösung kennengelernt hatte.

 

Ob man dabei die Strafe als "Korrektur", Einwirkung, Impuls, Kommunikation oder sonstiges bezeichnet, wird dem Individuum auch schnurz sein, weil es im ersten Moment ganz einfach ein unangenehmes, erschreckendes oder sogar schmerzhaftes Empfinden verursacht bekommt, für etwas, was aus seiner Sicht vollkommen richtig ist.

 

Ich schreibe absichtlich nicht Hund, weil das in meinen Augen sowohl auf Hunde, Pferde, aber auch die mir anvertrauten Kids in der Arbeit zutrifft - und ganz einfach auf jedes Lebewesen, mit dem ich zu tun habe.

 

Vertretbar ist für mich, als Krisenmanagement auch mal tun zu müssen, was getan werden muss, damit niemand verletzt wird. Zum Selbstschutz oder Schutz des Individuums oder auch Schutz von anderen Lebewesen.

 

Nicht vertretbar ist für mich dabei, ein Lebewesen, wieder besseren Wissens, wiederholt in solche Situationen zu bringen, von denen ich weiß, dass es damit (noch) nicht anders umgehen kann, als beschädigend zu agieren.

Link zu diesem Kommentar
Juline

Besser als FrauWuff und Duoungleich hätte ich das nicht sagen können, es drückt genau aus, was ich denke.
 
Mich erschreckt und beschämt das manchmal, wie  gedankenlos, schamlos und gewissenlos Menschen anderen Lebewesen gegenüber ihre (manchmal vermeintliche <_< ) Überlegenheit ausleben.
Nein, das ist moralisch nicht vertretbar. Der Hund, der auf irgendeine Art mies behandelt wird, der Tanzbär, der Löwe im Zirkus, der Wellensittich im kleinen Käfig.

 Es gibt einen schönen Spruch, Verfasser unbekannt, den ich -obwohl ich nicht gläubig bin- sehr treffend finde in diesem Zusammenhang:
Vielleicht legt mir am Ende meiner Tage der Herr mir diesen Hund mit auf die Waage.

 

Aber kurz OT, wir dürften so vieles nicht ...guck dir die verdreckten Meere an, den vermüllten Weltraum, verseuchtes Wasser, hungernde Menschen, gequälte und missbrauchte Tiere. Das dürfte und bräuchte alles nicht sein. Das Untertanmachen der Welt: ein Holzweg.
 
 

  • Gefällt mir 3
Link zu diesem Kommentar
dieDanij

 Nicht vertretbar ist für mich: Einem Mitlebewesen zu vermitteln, was es nicht darf, indem ich es quasi ins Messer laufen lasse, damit ich es strafen kann , dafür, dass es sich in genau dieser Situation so verhalten hat, wie es das eben bisher als beste, erfolgsversprechende Lösung kennengelernt hatte.

 

So wie du es schreibst, würde jeder empathische Mensch wohl sofort zustimmen.

Geht ja gar nicht, sowas wäre reine Schikane.

 

Aber ich mag da mal logisch "reingrätschen", sozusagen. Schreiben, lesen und interpretieren sind ja verschiedene Dinge :)

 

"zu vermitteln, was es nicht darf" = ein Verbot derart "aussprechen", dass es der andere versteht

"quasi ins Messer laufen lassen, damit ich es strafen kann" - eine äußerst negative Formulierung, die geradezu eine "Boshaftigkeit" unterstellt.

 

Nimmt man mal die Wertung raus, die "strafen" hat und ebenso der Teil mit dem Messer und setzen den Sachverhalt in ein Beispiel, wie es häufig vorkommt:

 

Hund klaut Essen vom Tisch/aus der Küche und wird dabei noch recht kreativ, so dass man auch mit einfacher Ordnung (Zeugs nicht rumliegen lassen) dem Verhalten kein Ende setzen kann.

Eine beliebte Variante ist es nun, Essen gezielt liegenzulassen und somit das Verhalten des Hundes zu provozieren. Dabei wird der Hund wahlweise mittels Spiegeln, Verstecken oder - wer es teuer mag - mittels Hightech beobachtet. Greift er nach dem Essen, springt der Besitzer hervor, ruft laut aus dem Nebenzimmer oder dem Off um zur Ordnung zu rufen.

Oder das Essen wurde mittels Tabasco o.ä. präpariert, oder eine Schreckfalle (zB umstürzende Blechdose) installiert.

Wie auch immer, absichtlich wird das "Fehlverhalten" provoziert, um in diesem Moment mittels Schreckreiz oder unangenehmen Empfinden das Verbot zu bekräftigen.

 

Ethisch vertretbar?

 

Oder mal auch anders gefragt: Sind Verbote ethisch vertretbar und wenn ja, wie zeigt man diese dann?

Wie zeigt man auf, dass ein bestimmtes Verhalten "verboten"/"unerwünscht" ist ohne in dem Moment zu agieren, wenn das Verhalten auftritt?

 

Wie vermittelt man einem Hund, dass er das Badezimmer nicht betreten darf ohne im Moment des Betretens bzw im Ansatz einzugreifen?

 

Du schreibst:

 

Ob man dabei die Strafe als "Korrektur", Einwirkung, Impuls, Kommunikation oder sonstiges bezeichnet, wird dem Individuum auch schnurz sein, weil es im ersten Moment ganz einfach ein unangenehmes, erschreckendes oder sogar schmerzhaftes Empfinden verursacht bekommt, für etwas, was aus seiner Sicht vollkommen richtig ist.

 

 

Wer also dem Hund eine bessere Alternative gibt, als ins Badezimmer zu gehen, der "straft" nicht. 

Aber hält es den Hund nachhaltend davon ab, ins Badezimmer zu gehen? Wenn man doch so gerne gucken mag, wo das Wasser rauscht?

 

Das Badezimmer ist nicht das beste Beispiel, ich weiß :) 

Von mir aus können die Hunde da rein und wenn sie wo nicht hinsollen, schmeiß ich sie freundlich raus oder schließ die Tür.

 

Aber es gibt durchaus Verbote. Und mir erschließt sich nicht ganz, wie man ein Verbot als solches absolut ohne "unangenehme" Empfindung näherbringt. Denn auch ein mahnendes Nein wird unangenehm empfunden.

 

 

Ich finde das Thema doch deutlich komplexer und könnte das nicht pauschal bzw in kompakter Form beantworten.

 

Prinzipiell stimme ich deinem Beitrag voll zu, aber die Details, auf die es letztendlich ankommt, kann man vielleicht gar nicht so allgemein bewerten.

  • Gefällt mir 5
Link zu diesem Kommentar
Gusar

Was ist ethisch vertretbar? Ich glaube da ist die Grundhaltung gegenüber dem Hund einmal sehr wichtig. Ist er ein Familienmitglied? Hat er Rechte und Pflichten? Wie weit kann ich ihm vertrauen? Wie muss ich ihn beschützen? Wie weit darf seine Freiheit gehen? Ist es wirklich wichtig, dass er alles kann was er können müsste? Was kann er von selbst? Was wird er gar nicht oder nur mit Mühe lernen? In wie weit muss oder kann ich mich selbst "verbiegen", um ihm was beizubringen?

Beigebracht habe ich meinem Hund eigentlich nicht viel. Er macht von selbst, oder durch eine frühere Erziehung, ohnehin viel richtig. Und die meisten seiner Macken stören mich nicht so sehr. Manchmal ist es halt ein bisschen peinlich anderen gegenüber, wenn es sich "daneben" benimmt. :rolleyes: Korrekturen erfolgen fast ausschließlich über die Stimme, da reagiert er noch am ehesten. Und manchmal gibts auch einen Rempler. Oder einen wirklich zarten Schubs am Hinterteil, wenn er wieder einmal auf der Straße "Protestliegen" veranstaltet. :angry:  

Wahrscheinlich bin ich mit dem Barsoi deswegen so glücklich, weil er eben selbständig ist. :wub:

  • Gefällt mir 1
Link zu diesem Kommentar

Ich persönlich glaube ja, dass zumeist dann die Ethik einen Knick bekommt, wenn irgendwelche Pokale, Auszeichnungen und Urkunden ins Spiel kommen. In dem Moment, wo der Hund nicht nur ein Familienmitglied ist, sondern in irgendeiner Form dem Menschen eine Anerkennung ermöglicht.

 

so weit

Maico

  • Gefällt mir 3
Link zu diesem Kommentar
MissWuff

Natürlich kann man "Verbote" ohne Einsatz aversiver Reize dem Hund "verständlich machen", wobei er sie dann nicht unbedingt als "Verbote" sehen wird. Beispiel Sachen vom Tisch klauen, ich lasse einfach nichts Essbares irgendwo stehen, wo der Hund es sich klauen könnte. Wenn ich Essen auf dem Tisch habe, stelle ich sicher, dass der Hund nicht dran kommt. Dann trainiere ich am beste noch, dass der Hund dann etwas bekommt - und nur dann -, wenn er sich vom Essen abwendet/entfernt. Richtig umgesetzt ist das sinnvoller als der Einsatz aversiver Reize, es sei denn, man ist bereit, echt krasse aversive Methoden zu benutzen, die den Hund völlig und ein für alle mal abschrecken könnten - meine denkt sich nicht "aha, endlich ist das Frauchen aus dem Raum, also kann ich jetzt ans Essen", wenn ich doch mal was unbeaufsichtigt rumstehen lasse für einen Moment, sondern sie kommt mir nach oder legt sich neben den Tisch und wartet auf ihre Belohnung. Wobei es natürlich bei einem Hund wesentlich einfacher ist, das zu erzielen, der noch nicht ewig Erfolg damit gehabt hat, Sachen vom Tisch zu klauen. Wenn ein Verhalten nie oder nicht mehr einen Erfolg erzielt und es ein wesentlich lohnenderes Verhalten gibt, was "eingeübt" wurde, wird der Hund in der Regel das lohnendere Verhalten wählen. Genauso wie ich einem Hund ohne Einsatz aversiver Reize beibringen kann, dass Platz heißt, er "darf nicht" aufstehen, bis ich das Platz wieder auflöse. Auch das könnte man als "Verbot" konstruieren, es muss aber bei weitem nicht so aufgebaut werden. Hinzu kommt, dass viele Hund einen gewissen "will to please" haben, der das Ganze noch erleichtert.

 

(Und wenn der Hund ganz kreativ wird in der Küche, sperre ich die notfalls außerhalb vom Üben erst mal ab.)

Link zu diesem Kommentar
Harriet

Mein Hund ist für mich ein Familienmitglied - und damit hat er Rechte und Pflichten (wie alle anderen Familienmitglieder  auch).

 

Zu den Pflichten gehört, sich an gewisse Spielregeln zu halten, die er von klein auf an vermittelt bekommen hat, z.B. 

  • es wird nichts aus der Küche geklaut,
  • der  Hund auf der anderen Straßenseite, den er nicht leiden kann, wird nicht gefressen,
  • im Garten wird nur in der Buddelecke nach Gold gesucht.

Diese Regeln sind nicht vom Himmel gefallen, sondern wurden lange eingeübt und wenn er sie bricht,  korrigiere ich ihn - zumeist mit Stimme, wenn nötig aber auch mit Körpereinsatz (anstupsen, zurück drängen).

 

Im Gegenzug bekommt  er ein schönes Leben mit entsprechendem Personal (Koch, Friseur, Chauffeur, Spielpartner, Coach, Krankenpflegerin - alles ich in Personalunion :) ) und ganz viel  Zuneigung.

 

Er hat es sich nicht aussuchen können, sein Leben mit mir zu verbringen; dies hat seine Züchterin getan. Ich bin sicher nicht objektiv - aber ich glaube, mein Schnuffel genießt sein Leben trotzdem.

  • Gefällt mir 7
Link zu diesem Kommentar

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde Dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde Dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...