Zum Inhalt springen
Registrieren

Wie die Katze im Baum...


dieDanij

Empfohlene Beiträge

dieDanij

Ich muss mir einfach mal unser gestriges Erlebnis von der Seele schreiben:

Es war ja sehr heiß, um 7 abends sind wir zu unserer Runde aufgebrochen. Noch 24 Grad, also bin ich zur Ilz gefahren.

Dort ist es abends schon fast durchgängig schattig und durch den Fluß - der dort eher noch ein breiter, aber flacher Bach ist - sehr angenehm kühl.

Wir sind vom Spazierweg immer wieder zum Ufer runter. Auf diesem Abschnitt gibt es sehr viele Findlinge, die am und im Fluß liegen. Große Farne, loses Gebüsch - wunderbar, wie ein Abenteuerspielplatz.

Duman klettert wahnsinnig gerne auf den Steinen rum. Inzwischen kann er "langsam" und "vorsichtig" und hat ein richtig gutes Körpergefühl bekommen (im Gegensatz zum Anfang, als er permanent über die eigenen Füße fiel).

Am Ende der Runde sind wir noch auf einen großen, hohen Stein geklettert, der mitten in der Ilz liegt. Man muss über ein paar andere Steine dorthin. Am letzten Stück steht vor dem großen Stein noch ein etwas kleinerer, länglicher. Dieser hat fast die gleiche Höhe, ist aber nicht flach. Von "vorne" hat er ne leichte bis starke Steigung, dann kommt der Grat, danach gehts steil runter. Zwischen den beiden Steinen so 40 - 70 cm Distanz. Duman springt da immer an der weitesten Stelle drüber, weil der Absprungstein oben noch ne kleine flache Ebene hat. Ich bin von einem kleinen und sehr niedrigen Stein - fast auf Wasserhöhe - hochgeklettert.

Da saßen wir nun und genossen den herrlichen Ausblick und die unglaublich erfrischende Brise.

Dann wollte ich heim und kletterte runter. Duman kam zum Rand und suchte nach einer geeigneten Stelle zum Absprung.

Aber er traute sich nicht.

- Ich muss dazu sagen, wir waren an der Stelle letztes Jahr schon öfter, da ist er zuerst auf diesen Stein gesprungen und auch problemlos wieder runter (sonst wäre ich da nicht mit ihm hoch). -

Der Sprung an der gleichen Stelle zurück ist nicht so leicht - weil eben der "Landestein" nicht ganz flach ist. Ich zeigte ihm "meine" Stelle.

Vom Großen kann man ein kleines Stück am Rand herabklettern, weil er da etwas flacher wird. Und dann nochmal etwas mehr als nen Meter runter, da liegt der Flache im Wasser. Eigentlich ein perfekter Landeplatz, weil groß genug um auch etwas Schwung abzubauen.

Aber er traute sich nicht.

Ich redete gut zu, ermutigte.

Hatten wir öfters mal, dass er sich nicht so traut über Wasser zurückzuspringen (Bachläufe). Irgendwie ist im Wasser unheimlich. Normal gehts - ermutigen, geduldig sein und dann schafft er es alleine und freut sich über seine Leistung.

Aber er traute sich nicht.

Er lief auf dem Stein rum, setzte immer wieder an, taxierte - aber er traute sich nicht.

Ich lief auf der anderen Seite über die Steine, klopfte auf die flachen Stellen um ihm anzuzeigen, dass er da springen kann. Normal nimmt er diese "Hilfe" an. Gestern nicht.

Ich weiß nicht, warum er den kleinen Stein nicht nahm. Ich vermute, er sah ihn nicht richtig. Die Ilz hat sehr schwarzes Wasser und der Stein war dunkel. Die Ilz fließt recht schnell auf diesem Abschnitt, überall gurgelt es, weil sich Verwirbelungen um und unter den Steinen bilden.

Langsam wurde es dunkel, ich redete ihm sicher schon seit bald 30 min zu. Inzwischen hatte er seine Bemühungen eingestellt. Stand da oben, hechelte und guckte mich lange an. Der ganze Hund ein einziges Bild der Verzweiflung! "ICH KANN NICHT".

Sch****

Ich stemmte mich zwischen die Steine, um ihm mit meinem Rücken eine Brücke zu geben. Mal mit Kopf in seine Richtung, dann anders rum, dann quer. Er konnte nix damit anfangen. Wenn ich leicht zog, wich er sofort hektisch zurück. Ich ging ein Stück weg. Ich kletterte 3 x auf den Stein und sprang ihm "vor".

Nichts zumachen. Der Mut hatte ihn verlassen, er hatte total aufgegeben.

In einem letzten, verzweifelten Versuch, lies ich die Leine auf den Steinen und kletterte zurück ans Ufer. 30m Entfernung - nichts. Er stand, blickte in die Richtung, in der ich verschwunden war und rührte sich nicht.

Ich hätte heulen und schreien können. Nirgendwo war ein "Brückenersatz" zu finden, ich wusste nicht, wen ich anrufen sollte und wenn jemand käme- was würden wir machen?

Es ging nicht anders, ich musste ihn runterheben.

Das kennt er nicht, überhaupt nicht. Ich probiere immer mal wieder, ihn an diese Bewegung (Arme unter ihn) zu gewöhnen, aber bisher wich er immer schnell zurück.

Aber jetzt half ja nix. Inzwischen war es fast dunkel.

Ich ging zum Stein, setzte mich dort an den Rand und kraulte ihn. Redete ihm gut zu, dann zog ich die Handschlaufe (die zum Glück fest vernäht und gepolstert ist) durch seine Halskette und schob sie ihm übers Maul.

Ich weiß, dass er beisst, wenn es ihm reicht, die Schlaufe musste sein. Er konnte den Mund trotzdem noch leicht öffnen, aber er könnte mich damit nicht mehr verletzen.

Dann griff ich nach seinem Geschirr und zog ihn näher zu mir. Es war ein schrecklicher Kampf, er sträubte sich wie wild. Zwischendrin rutschte die Schlaufe zweimal runter, am Schluß das Geschirr.

Ich kletterte ganz hoch, streichelte ihn, redete. Und zog ihn wieder an. Im Stehen konnte ich ihn nicht nehmen, ich musste im Sitzen runterspringen. Höhe da ca 1,20m, das ging im Stehen vielleicht alleine, aber nie mit dem Hund.

Ich setzte mich wieder an den Rand und zog ihn her. Diesmal gab er die Rückwärtsbewegung auf und schmiss sich flach auf den Stein. Ich wartete kurz, kraulte ihn. Die ganze Zeit redete ich auf ihn ein - um mich selbst ruhig zu halten.

Mit der linken Hand hielt ich die Schlaufe gespannt und das Geschirr unter der Brust fest, dann schob ich ihm den rechten Arm unter den Bauch.

In Millimeter-Arbeit zog und hob ich ihn näher zu mir, bis er nach einer gefühlten Ewigkeit endlich mit der Brust über meinem Schoß lag.

JETZT galt es! Ich rutschte noch ein kleines Stück vor. Versuchte mich zu erinnern, wie weit der Stein entfernt war - nicht weit, vielleicht 20cm Fluß dazwischen und höchstens 30cm von meiner Fußspitze nach unten.

Ich durfte auf keinen Fall in der Ilz landen, der Boden ist steinig und rutschig, und ich wusste nicht, wie tief an der Stelle. Wir würden beide auf die Steine stürzen.

Ich drückte meine rechte Fußsohle in den Felsen, um Schwung zu bekommen. Den linken streckte ich weit aus, um sicher landen zu können.

Dann schob ich meine Arme so weit es ging unter Duman. Ich konzentrierte mich auf den einen Gedanken: "Lass ihn nicht fallen! Egal was passiert, lass ihn nicht fallen!" Das würde er mir nie verzeihen.

Ich stemmte ihn hoch und beugte gleichzeitig meinen Oberkörper entgegen, so dass er dicht an meine Brust geklemmt war.

Dann stieß ich mich vom Felsen ab.

Es ging wie in Zeitlupe - wir verloren den Halt zum Felsen, Duman begann wie wild zu zappeln, als er den Halt unter den Füßen verlor.

Ich presste ihn so stark ich konnte an mich.

Mein linker Fuß traf den Stein, ich zog den rechten nach und versuchte mein Gleichgewicht zu finden. Gleichzeitig beugte ich mich langsam vor, um Duman so sanft es ging auf den Boden zu bringen.

Ich schaffte es irgendwie, diesen zappelnden Kerl erst loszulassen, als er mindestens mit drei Beinen auf festen Grund stand.

PUHH....

Ich ließ ihn los, "jubelte", streichelte ihn, machte die Schlaufe sofort vom Maul. Dann kletterten wir im Dunkeln zurück ans Ufer - eine reine Rutschpartie inzwischen.

Als wir endlich dort waren, zog Duman erstmal am Ufer entlang - als ob er von mir fortwollte.

Ich rief ihn und ging in Richtung Weg. Er kam sofort, sprang direkt "quietschfidel" neben mir mit.

Auf dem Rückweg war er wie immer - schnüffelte, traute sich in meine Nähe, fraß Leckerlies aus meiner Hand.

Als sich die Leine mal wieder zwischen seinen Beinen verhedderte, konnte ich sie richten, ohne dass er zurückwich.

Mir fiel ein riesen Stein vom Herzen! Ich hatte so Angst, dass das Erlebnis einen Vertrauensbruch hinterlassen würde. Das er vor mir zurückweichen würde.

Zwischendrin wollte er sogar wieder ans Flussufer - Felsen klettern!

Daheim gabs dann erstmal Fressen - es war schon halb elf!

Danach eine große Runde Kuscheln und Kraulen, ich massierte auch seine Rücken- und Beinmuskeln.

Ich wollte nicht, dass er im Schlaf dieses Erlebnis verarbeitet, ohne nochmal eine positiven Eindruck zu hinterlassen.

Mensch, ich sags euch.... Das hängt mir nach! Den panischen Hund mit Gewalt da runterzuholen - es war schrecklich.

Ich hoffe, alles was er sich davon "mitnimmt" ist, dass ich ihn nicht im Stich lasse und ihm da runtergeholfen habe. Auch wenns nicht schön war.

Link zu diesem Kommentar

Wow, was für eine Geschichte. Ich habe beim Lesen echt den Atem angehalten…

Und *uff* ist gut ausgegangen… :)

Auch wenn's schwierig war, hast du es super-gut gemeistert!

Link zu diesem Kommentar
Lemmy

Wow, das war bestimmt nervenaufreibend :( Und ich wüsste nichtmal, wie ich die 30 kg Higgins schleppen würde - bei Duman ist das ganze mit Sicherheit noch mehr ein Kraftakt.

Ich bin aber relativ sicher, dass dein Hund einfach nur bärig stolz war, dass ihr da über diesen Stein gekommen seid - ich bezweifle, dass es irgendeinen Schaden in eurer Beziehung verursacht hat. Im Gegenteil. Vielleicht geht er jetzt nicht mehr auf diesen Stein, aber ansonsten klang sein Verhalten danach doch ausgesprochen positiv :)

Link zu diesem Kommentar
Fiona01

Boah, das liest sich wie in einem Krimi.

Ich denke aber trotz der ganzen Angst, die du und dein Hund gehabt haben, hat er letztendlich verstanden, dass du ihm "nur" Hilfeleistung geben wolltest. Sicherlich nicht in dem Moment, aber danach.

Mit Sicherheit hast du jetzt (noch) eine tiefere Bindung zu ihm bekommen, denn er weiß, dass du ihn nie im Stich lassen würdest.

Für den ganzen Schrecken im Nachhinein noch ein paar :knuddel für dich. :)

Link zu diesem Kommentar
Originalbeitrag

Wow, was für eine Geschichte. Ich habe beim Lesen echt den Atem angehalten…

Ich auch

Du hast alles richtig gemacht und wer weiß was er im Wasser gesehen hat oder was sich bewegt hat das er so geblockt hat

Da du ruhig geblieben bist wird er dir das bestimmt nicht übel nehmen

Lg Birgit

Link zu diesem Kommentar

:respekt:

Hast du echt gut gemeistert.

Ich denke auch das es eher eurer Beziehung stärkt, da ihr es gemeinsam überstanden habt

Link zu diesem Kommentar
Max2013

Puh, das war wirklich wie ein Krimi

Ich kann mir das richtig bildlich vorstellen ... mein Schisser "verweigert" ja auch öfters irgendwas, setzt sich dann und bewegt sich keinen Millimeter mehr. Je nach Situation hilft da auch kein Zureden und ich muss mit ihm dann einfach "rausgehen" (was bei dir schlecht ging ;) ) In so einer schei* Lage war ich GsD noch nicht.

Link zu diesem Kommentar
dieDanij

Ich danke Euch!

Man weiß halt nie, wie ein Tier sowas verknüpft.

Aber er ist heut auch wie immer, hat er wohl schon abgehakt.

Zum Zecken ziehen konnte ich ihn auch fixieren - passt :)

Jetzt hoff ich, dass das seine Wasserscheu nicht verstärkt, gestern war er kurz davor noch freiwillig bis zur Brust im Wasser. Das war fast schon schwimmen.

Link zu diesem Kommentar

Puhh, da wurde es mir beim Lesen echt anders, konnte mir nach deiner ausführlichen Beschreibung alles irgendwie bildlich vorstellen!

Wie gut daß du das so hinbekommen hast! Hattest du ein Handy mit um evtl. Jemanden anrufen zu können? Aber wirklich helfen konnte dir ja auch keiner.

Wie gut daß die Geschichte so ausgegangen ist!

LG Elke

Link zu diesem Kommentar
Zombina

Wenn ich das so lese, komme ich mir fast ein wenig "schäbig" vor.

Ich habe solche Situationen an unserem Bach hier auch manchmal mit ihr, sie traut sich einfach nicht zurück.

Ich reagiere darauf nur doch ganz anders, ich laufe einfach den Weg weiter, bis sie nach langem zögern sich dann doch endlich überwindet.

Link zu diesem Kommentar

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde Dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde Dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...