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Jagend unterwegs


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Da Nickys Jagdverhalten eins unserer größten Probleme darstellte und er sich da nun echt prima entwickelt hat, möchte ich Euch . anstatt über Erziehungsprobleme zu schreiben, einfach mal daran teilhaben lassen, was wir erlebt haben:

 

Gestern hat mich Nicky geschockt:

Wir waren im Gelände um den Pferdestall unterwegs. Laika frei, er an 25 Metern Schleppe.

Von Anfang an hab ich jede seiner Anzeigen - auch wenns nur minimal erkennbar war, dass er noch versucht, mit mir in Verbindung zu bleiben - kommentiert, dabei immer mal wieder zu Richtungswechseln aufgefordert, wenn er selbst keinen interessante Anreiz fand und ihn so in Richtung einer Stelle "hingespielt", wo zu dieser Tageszeit immer Rehe stehen, die einen dort bei der Futterkrippe inmitten von etwas Gestrüpp und Bäumen,bis auf 15-20 Metern ranlassen. Dort tummelt sich alles mögliche rum.

Als er sie wahrnahm, zeigte er sie durch Stehenbleiben, eine Vorderpfote hoch, an und eines seiner Ohren zuckte minimal nach hinten zu mir. 

Diese "Anfrage" von ihm wurde fast unmittelbar darauf mit unserem Richtungswechselsignal beantwortet. Er stand schon extrem "unter Strom" zitterte und das Zeitfenster, indem er da noch erreichbar ist, ist nur wenige Sekunden lang. 

Ganz ehrlich: Nachdem, wie er sich noch vor Wochen in solchen Situationen im Zusammenhang mit Rehen verhielt, hab ich nicht 100% erwartet, dass es klappt, ohne ihn mit der Leine evtl. doch stoppen und dann mitnehmen zu müssen, aber nicht nur "fehlerfreies Lernen" steht bei mir am Programm, sondern AUCH Versuch und Irrtum. 

Nicht um ihm dabei durch den Irrtum etwas beizubringen oder "fehlerhaftes Verhalten zu verleiden", sondern um für mich selbst herauszufinden, wo wir gerade stehen. Ob meine Einschätzung davon zutrifft oder ob ich mich in dem, was möglich ist, verschätze.

Da er letztens im Wald schon so toll bei Rehsichtung reagiert und verharrt hatte, war mein Gefühl: Das kann er jetzt bringen!

So derart hochtriebig, wie er sich dann mit dem Richtungswechselsignal auf eine Ersatzjagd eingelassen hat, das hat mich dann nicht nur erstaunt, sondern regelrecht geschockt! SO hätte ich das nicht erwartet.

Damit haben wir etwas erreicht, was für alle weitere solcher Situationen unendlich hilfreich sein wird:

Die Richtungsanweisung mit der belohnenden Ersatzjagd nach dem Futterbeutel hat für ihn nicht nur einen "müden Ersatz" bedeutet, sondern kam bei ihm wirklich mit immens hoher Belohnungsintensität an. 

Zuerst gemeinsam Hetzen, weil er ja schon fast 20 Meter voraus war und ich auf Richtungswechselsignal sofort umgedreht und in die andere Richtung gefetzt bin und dann, in dem Moment, indem er mich überholte, den Futterbeutel schleuderte. 

Da hatte der schon gut ne längere Strecke zu hetzen. Die Ömmi hetzte aber dem Futterbeutel nicht mit Nicky nach - nö - die Prinzessin überläßt ihrem Lakeien das Aportieren und weiß, dass die Beute geteilt wird, nachdem er sie gebracht hat. Alleine macht sie das trotz ihrer 13 Jahre aber immer noch ebenso motiviert und flitzeflink, wenn sie mal ausgelöst ist. Nur löst die halt nicht mehr so aus, wie früher.

Wir haben uns dann ruhig an den Feldrand gesetzt und schnabuliert. Der Krümel holte sich dann noch im Körperkontakt ganz viel ruhiges "Runterkommstreicheln" ab und kam erstaunlich schnell runter aus höchster Erregung. Der war regelrecht geflasht und brauchte nun Pause. 

Da setzt er sich immer eng zwischen meine Beine und schlüpft förmlich in mich rein, legte sich dann nach wenigen Minuten sogar auf die Seite ab, während die Ömmi ein paar einzelne Futterbröckchen in die Gegend geschleudert bekam, damit sie mit Suchen beschäftigt ist, weil ihr "Lieblingsplatz" bei mir nun quasi "besetzt war".

Danach sind wir nur noch Richtung Auto geschlendert und der Krümel war sehr entspannt, ansprechbar und gelassen unterwegs. Total befriedigt und zufrieden. Der ist rein ins Auto, hat sich hingelegt und ist eingepennt, ohne nochmal rauszugucken. Ömmi passte derweil auf, dass keine der Stallkatzen unser Auto klaut.

Das was sich da abspielte, war ein durch und durch gelungenes Miteinander inclusive aller Jagdsequenzen, die der Krümel (leider) drauf hat und bereits in seiner Junghundezeit vielfach eigenständig eingeübt hatte. Spur aufnehmen, verfolgen,aufspüren, stellen, hetzen, packen, töten, fressen. Bisserl Zerren zum Zerlegen war auch dabei.

 

Noch im letzten Herbst hing Nicky immer noch mal wieder kreischend und wild rumschießend in der Leine, versuchte sich dabei auch rauszuwinden und auch in meiner unmittelbaren Nähe loszubeißen, wenn er Spur aufnahm, geschweige denn bei Sichtung. Da musste sich nichtmal was bewegen,was ihn auslöste. Geruch oder Sichtung oder ein Rascheln reichten aus.

In unserer Anfangszeit schaffte er es, beim blossen Anblick meines Pferdes auf der Koppel derart auszuticken, dass er sich neben mir aus dem Sicherheitsgeschirr wand, indem er beim Wälzen irgendwie einen Clickverschluß löste, ich ihn festzuhalten versuchte und er mir dabei blutige Zahnabdrücke verpasste.....was anfangs in unterschiedlichen Situationen passierte, auch zuhause, wenn ich zB in seine Nähe kam, wenn er nach chinesischen Mäusen suchte.....

Die Zeiten sind aber lange schon vorbei und so schmerzhaft und auch traurig damals viele Momente gewesen sind - so glücklich und wundervoll empfinde ich das, was sich bis heute daraus entwickelt hat.

 

Ich verfolge mit Nicky kein Ziel mehr, wie zB. dass er mal zuverlässig aus jeder Ablenkung leinenlos kontrollierbar wird. 

Meine eigenen, menschlichen Ziele zu verfolgen hat mich dieser Knirps gelehrt, bringt nicht viel. 

Zielgerichtet jedoch mit ihm zusammen zu arbeiten und ihn die Zielrichtung mitbestimmen zu lassen, das ist "unser Weg" und der fühlt sich soooo gut an.

 

Nein - er ist kein Snoopy und wird das auch nie werden, auch keine Laika.

 

Er ist ganz einfach DER Nick - ein ganz besonderer , einzigartiger Nick. 

Man könnte sagen besonders durchgeknallter Nick - böse Zungen, die ihn und mich hier im Alltag erleben und nicht nachvollziehen können, welche Innigkeit sich dabei entwickelt hat, behaupten sogar, ich bin ebenso durchgeknallt, wie dieses Terrorterrierteilchen.

 

Und wisst ihr was?

Ein schöneres, wertvolleres Kompliment kann man uns gar nicht machen!

 

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Jetzt habe ich Gänsehaut. Das habt ihr toll hinbekommen! Klasse.

 

Bei Jule reicht auch eine Spur, eine Sichtung sowieso und auch ein Rascheln im Gebüsch, um sie zu starten. Inzwischen nicht mehr ganz so oft und krass, aber gerade heute ist sie wieder in die Leine gestiegen, als in etwa 50 - 70m Entfernung 2 Rehe auf der Wiese standen. Zum Glück geht sie aber nicht gegen mich oder andere. Das hat sie noch nie gemacht und mit ihren knapp 10kg ist sie auch für mich zu halten.

Wir üben dieses : "Guck mal hiiiiier, Jule was ist denn hier?" Damit kann ich sie inzwischen auch immer öfter mal ablenken. Leider ist Frauchen doof und findet kaum mal ein passendes Mauseloch. Aber Hund kann ja dann trotzdem mal buddeln um nachzusehen.

Ich bin gespannt, ob wir es auch mal soweit bringen wie ihr. Allerdings setze ich mir/uns kein festes Ziel.

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Andrea und ER

Ich kann mir vorstellen, wie beglückend solche gemeinsamen Sensationen sind und freue mich mit Dir! 

Nachdem mir gerade kürzlich wieder eine Jägerin erklärt hat, dass ein zuverlässiges "down" nur mit Teletak gelernt werden kann, ist es mir ein umso größeres Vergnügen, in Deinem Bericht von solchen Erfolgen selbst beim "durchgeknallten" Terrier zu lesen, die komplett ohne vergleichbare "Methoden" auskommen! Ein inneres Erntedankfest sozusagen!  ;)

Super!

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Kompliment! :klatsch

Mir gefällt deine Vorgehensweise, und dass du dich auf deinen Hund und seine Möglichkeiten eingestellt hast.

Dieses echte gemeinsame Erleben verbindet sehr, es ist ein wunderbares tiefes Gefühl von... tja, schwer zu sagen:

gegenseitigem Respekt, Anerkennen dessen, was vom Hund "leistbar" ist, abspecken einer menschlichen Idealvorstellung, die wohl jeder HuHa irgendwo hat... und echter Liebe von beiden Seiten.

Sehr toll!!!

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Da geht es mir wie Wolli...beim lesen Gänsehaut bekommen. :)

 

Aber es freut mich riesig für Euch....da habt Ihr zusammen vieles geschafft, Respekt !! Und Glückwunsch :)

 


 

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Danke Euch.

Ja, was meint ihr, was ich IM Erleben Gänsehaut hatte....ich hab Freundentränchen zerdrückt, als er dann im engen Kontakt Entspannung suchte und fand und da wurde mir erst klar, was sich da genau abgespielt hatte.

Arbeit im eigentlichen Sinne ist und war das aber nie. Mit "arbeiten" kommt man bei dem Krümel keinen Furz weiter- es sei denn, man würde  aversiv aufbauen und ihm keinerlei eigenständiges Denken mehr zubilligen.

Doch genau dieses eigenständige Denken und Agieren, diese Leidenschaft, die er bezüglich Jagen an den Tag legt, macht einen Großteil seines Wesens aus und er war immer bemüht, mich da mit einzubeziehen..Das musste ich erstmal im Detail begreifen und erkennen lernen.

Arbeit im herkömmlichen Sinne von zB Antijagdtraining - das wäre Stress pur und keinerlei Spaß für ihn und mich und auch nicht die 13jährige  Jagdmaus-Ömmi, die meist dabei ist.

Es ist jedch faszinierend, sowohl die Kommunikation zwischen den Beiden zu erleben, als auch das, was sie mir mitteilen, mich einbeziehen und wie sehr sie eigentlich darauf aus sind zu kooperieren. Kooperation nicht nur vom Hund gefordert, sondern ebenso von mir gegenüber den Hunden.......und natürlich immer mehr mit mir als Richtungsweisendem "Jagdführer". Umso mehr ich gelernt habe und noch weiter lerne, wie sie dabei ticken, was sie wahrnehmen - umso mehr sie erleben, dass ich das auch wahrzunehmen scheine, umso mehr vertrauen sie auch "meinem Urteil", wenn ich ihnen mitteile: "Das Reh/der Hase" dort ist jetzt nicht Zielobjekt unserer Jagd, sondern ich habe ein anderes ausgewählt.

Das geht weit über "rein methodisches Umlenken" hinaus..........und ist so ziemlich das intensivsteMiteinander-  Erleben, das mir die Hunde schenken.

Wir sind auch durchaus auf vielen Spaziergängen vollkommen "normal" unterwegs - aber solche Erlebnisse, wie die Jagdausflüge, das sind die HighLights für uns gemeinsam.

 

Bis ich das Buch, das ich letztens empfohlen habe "Wege zur Freundschaft", gelesen hatte,  WUSSTE ich ja nichtmal, was ich da genau tue und erlebe und dachte, ich bin so ziemlich alleine bescheuert.....lach........

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KleinEmma

Liest sich wirklich gut, was du berichtest und beschreibst. Das Buch habe ich mir gestern gekauft (Wege zur Freundschaft), aber noch nicht angefangen zu lesen. 

 

Emma ist ja kein wirklicher Jagdhund. Sie tötet auch nicht. Bewegt sich das Tier nicht schnell, dann ist das für sie uninteressant. Aber dennoch fand sie es natürlich irgendwann toll, mal kurz Kaninchen nachzulaufen. Das war immer nur super kurz, aber ich wollte es trotzdem nicht.

 

Das Thema ist nun so gut wie durch. Erstens musste ich an das Buch "Der Hund in deinem Kopf" denken. Da ich vorher eine Jäger-Meisterin hatte, die auch tötete, hatte ich ständig das Jagen im Kopf. Ich habe also die Gegend abgescannt, damit ich ein Tier vor meinem Hund sehe - total meschugge, denn mit den Sinnen des Hundes kann ich ja eh nicht mithalten. Ich bin mir sicher, dass ich damit Emma vermittelt habe: Wir gehen gemeinsam auf die Jagd. Das habe ich also abgestellt. Gehe ich mit Emma spazieren, habe ich - wie vor der Zeit mit meiner Jäger-Meisterin - spazieren im Kopf. Seitdem rennt sie auch nicht mehr Hügel rauf und runter.

 

Zweitens habe ich mal beobachtet, was manche Hunde tun, wenn sich ein Hund selbstständig aufmacht und jagen geht. Die bekommen ja einen aufn Deckel, so mit hingehen, anknurren usw. Nu habe ich nicht geknurrt, bin ja kein Hund :D Aber wenn Emma einem Hasen nach rannte und zurückkam, bin ich mit 2 energischen (nicht wütenden!) Schritten auf sie zugegangen und habe mich sofort wieder umgedreht, sobald sie das kleinste Zeichen von Beschwichtigung machte. 

 

Jetzt sieht es so aus, dass sie entspannt stehen bleibt und nem Kaninchen (oder großen Vogel) hinterher schaut. Sie läuft nur noch seeehr selten nach und das passiert dann, wenn ein Langohr direkt vor ihr aus dem Gebüsch springt. Aber dann kann ich sie abrufen und sie dreht sofort um.

 

Was sie aber darf ist Schildkröten aufspüren. Das hat sie von meiner vorigen Hündin gelernt und darf sie auch weiterhin machen. Das macht sie dann, wenn ich mit ihr gemeinsam quer übers Gelände und nicht über den Weg gehe -  und natürlich nur im Frühjahr oder Herbst, wenn die Schildkröten fit sind und nicht schlafen.

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