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Leinenaggression - Auslösereiz, Routine, Belohnung


Mark

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Seit Jahren beobachte ich, welche Herausforderung es darstellt, Leinenaggressionsverhalten abzustellen, wenn dieses einmal fest etabliert ist. Auch etliche Hundetrainer scheitern daran regelmäßig, wenn sie betroffene Hundehalter versuchen anleiten.

 

Um zu demonstrieren, dass der Hundehalter selbst das eigentliche Problem darstellt, nimmt der Hundetrainer dann recht häufig den Hund des Halters, zu dem er zwangsläufig kaum eine Beziehung hat, an die Leine und kann sich der Bewunderung gewiss sein, wenn bei der Begegnung mit anderen Hunde plötzlich Aggressionen ausbleiben. Nicht verwunderlich sollte man meinen, denn der Auslösreiz, der zu einer Routine (Aggression) führt, wurde dadurch gestört, ohne, dass dies im Ergebnis irgendeine Auswirkung auf das eigentliche Problem des Halters mit seinem Hund hätte. Wenn man so will ein kleiner Zaubertrick, der jedoch seine Wirkung nicht verfehlt. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob nicht einige Hundetrainer tatsächlich glauben, dass ihre Ausstrahlung oder selbstbewusstes Auftreten dafür gesorgt hätten, dass Aggressionsverhalten auf einmal unterbleibt.

 

Recht beliebt ist auch Hundehaltern zu verdeutlichen, dass sich ihr Umgang mit dem Hund, beginnend im eigenen zuhause, ändern muss, weil dies eine Ursache für das unerwünschte Verhalten darstellt. 

 

Als weitere Therapiemaßnahmen kommen manchmal stark aversive Mittel bei Hundebegegnungen ebenso zum Einsatz wie frühzeitig Leckerchen, sobald man einen anderen Hund erblickt. Auch wird mitunter der Hund bewusst an die Seite genommen, damit sich sein Blick abwendet um ihn dann mit Leckerchen vollzustopfen.

 

MIT Forscher haben schon vor langer Zeit herausgefunden, dass eine einfache neuronale Schleife im Zentrum jeder Gewohnheit steht, die aus drei Teilen besteht:

 

Auslösereiz - Routine - Belohnung

 

Um die Gewohnheitsschleife des Leinenaggressionsverhaltens zu verstehen, muss man die Bestandteile dieser Gewohnheitsschleife erkennen. Sobald man die Schleife einer bestimmten Verhaltensweise erkannt hat, kann man nach Wegen suchen altes unerwünschtes Verhalten, durch neues erwünschtes Verhalten zu ersetzen.

 

Das muss man sich erst einmal bewusst machen.

 

Dazu muss man sich Fragen stellen, die gar nicht so leicht zu beantworten sind.

 

  1. Was ist der Auslöser für das Leinenaggressionsverhalten?
    - immer ein anderer Hund egal welcher Rasse?
    - ein anderer Hund, der bestimmten Rassen angehört?
    - ein kleiner Hund, großer Hund?
    - ein anderer Hund, egal ob an der Leine oder nicht?
    - zwei oder mehrere Hunde?
    - ein anderer Hund, dem man auf bestimmten Wegen begegnet?
    - .... lässt sich beliebig fortführen
     
  2. Was ist überhaupt die Belohnung?
    - das Aggressionsverhalten selbst?
    (wobei das immer in den Fokus rückt, wenn man eigentlich die Belohnung überhaupt nicht identifizieren kann)
    - die vorübergehende Zerstreuung?
    - der Adrenalinspiegel?
    - der Kontakt zu Artgenossen?
    - das Vertreiben des Artgenossen?
    - ... lässt sich beliebig fortsetzen
     

Was ist also der exakte Auslösereiz? Was stellt für den Hund konkret die Belohnung dar?

Den Auslösereiz festzumachen ist auch bei Menschen äußerst schwierig. Bsp.: Frühstückt jemand jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit, weil er Hunger hat? Oder weil die Uhr 7:30 Uhr anzeigt? Oder weil die Kinder angefangen haben zu essen? Oder weil er sich angezogen hat und das die Gewohnheit auslöst?

 

Ich habe festgestellt, dass man sich mit diesen Detailfragen gerade auch in Bezug auf Hunden kaum beschäftigt. Man geht nicht in die Tiefe, man analysiert es nicht und ist sich dieses Systems nicht bewusst.

 

Losgelöst von der Leinenaggression:

 

Welche Auslösereize habt ihr bei Euren Hunden festmachen können?
Zu welchem Verhalten führen die Auslöser?
Was ist jeweils die Belohnung?

 

 

 

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Wenn ich in die Küche gehe, Schbeidebrett raushole und die Töpfe bereitstelle, ist hier die beste Laune, es gibt glänzende Augen :)

 

Akuma reserviert sich dann dem Stammplatz auf dem Teppich zur Küche und hilft fleißig mit, den Boden vor runterfallenden Dingen sauber zu halten.

 

Yoma hingegen bleibt im Wohnzimner und spitzt die Öhrchen, er hat gelernt, dass die Dumme das Zeug bringt (Relikt aus Akumas extremer Ressourcenverteidigungszeit, nicht aufzuschlagen, wenn Essen im Spiel ist). 

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vor 18 Minuten schrieb Mark:

Auch etliche Hundetrainer scheitern daran regelmäßig,

 

Was ist dann überhaupt dran an ihrer "Qualifikation"? :think:

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Weil Leinenaggression ein komplexes Verhalten ist und ein bereits beschriebenes Blatt sich nicht komplett löschen lässt.

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gebemeinensenfdazu

zu1) Aggressive und ängstliche Menschen sowie Menschen, die sich auffällig verhalten. Kombination Schreien und Rennen triggert, insbesondere bei KIndern

zu2) Vertreiben Wollen/Gefahr bannen/Anzeigen prinzipiell mit Verbellen und ggf. zum Auslöser Rennen und Verbellen (Stellen)

zu3) Distanzaufbau, Schlichten, Ruhe

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vor 7 Minuten schrieb Vhenan:

Weil Leinenaggression ein komplexes Verhalten ist und ein bereits beschriebenes Blatt sich nicht komplett löschen lässt.

 

Dann müsste ein qualifizierter Trainer ja zumindest Teilerfolge haben und glaubhaft, schlüssig und nachvollziehbar erklären können, warum "mehr" nicht geht.

Er wäre dann also nicht komplett gescheitert, sondern hätte die wirkliche(n) Ursache(n) ergründet und einen guten Lösungsansatz aufgezeigt.

 

Aber wenn ein sogenannter Trainer "die Flinte ins Korn wirft", sollte er darüber nachdenken, ob z.B. Bäcker nicht auch ein schöner Beruf ist. ;)

 

Bei diesen Überlegungen bin ich auf eine weitere "Schleife gekommen:

(@Mark : Wenn du magst, kannst du den folgenden Teil gerne abtrennen in einen neuen Tröt, vor allem, wenn darauf geatwortet wird.)

  • Immer mehr Leute halten immer mehr Hunde. Rein statistisch sind also mehr Hunde dabei, die nicht "einfach" zu führend sind.
  • Es ist ein größerer Bedarf an Ausbildung für Hund und Halter entstanden. Da wittern Viele eine einfache und profitable Einnahmequelle.
  • Es etablieren sich "Hundeschulen" und "Trainer", die das Verhalten von Hund und Halter eher verschlechtern, als verbessern oder die einfach gar nicht bewirken.
  • Es entsteht noch mehr Bedarf an Ausbildung für Hund und Halter.

 

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vor 15 Minuten schrieb Vhenan:

Weil Leinenaggression ein komplexes Verhalten ist und ein bereits beschriebenes Blatt sich nicht komplett löschen lässt.

 

Das finde ich jetzt sehr irreführend (weil zu unvollständig?) aufgeführt - es legt die Annahme nahe: Ein Restrisiko bleibt IMMER!

 

Das mag unter bestimmten Voraussetzungen so sein - aber eben nur unter bestimmten (neuronalen) Voraussetzungen.

 

Fakt ist, dass einmal gemachte Erfahrungen im Gehirn erhalten bleiben.

Aber Fakt ist eben auch: Selbst festgefahrene alte Verhaltensmuster können äußerst zuverlässig durch neue Verhaltensmuster abgelöst werden und völlig in der Versenkung verschwinden.

Das hat nichts mit "Löschen" zu tun, sondern mit dem Begreifen (kognitiven Erfassen) anderer Aspekte, die als BESSERE Verhaltensweise erkannt werden.

 

Dann wird eine alte Verhaltensweise tatsächlich abgelegt, weil die neue Verhaltensweise vorteilhafter ist.

 

WIE das gemacht werden kann, dazu ist im Eingangspost schon Grundsätzliches zu gesagt worden.

 

Das auf den jeweils individuellen Hund "zugeschnitten", bietet echte Lösungswege, die dazu führen dass ein Hund intrisisch (also aus SICH heraus) andere Verhaltensweisen zeigt. 

Dann kann man von Verlässlichkeit beim Hund sprechen, weil er dieses Verhalten auch dann zeigt, wenn er ohne Haltervorgabe/Haltereinwirkung agiert.

 

 

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gebemeinensenfdazu

Bei der Schleife kann man noch politischen und medialen Druck unterbringen, sowie Zertifizierungshype zwecks Umsatzsteigerung (Bußgelder/erhöhte Steuern/ Gewerbe- und MwSt. durch Hundeschulen und gewerbliche Trainer.

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vor 39 Minuten schrieb Mark:
  1. Welche Auslösereize habt ihr bei Euren Hunden festmachen können?
  2. Zu welchem Verhalten führen die Auslöser?
  3. Was ist jeweils die Belohnung?

[Nummerierung von mir eingefügt]

 

  1. Hunde, die größer sind als Pavel, aber nicht alle; keine detaillierteren Auslösemerkmale erkannt
  2. leichte Drohgebärden: Körperhaltung, leises Knurren
  3. Keine - ich übernehme

Ist also nicht wirklich "Aggression" und ist nicht von der Leine abhängig. Könnte auch nur ein Alarmsignal an mich sein: "Da! Tu was!", denn Pavel geht mehr dazu über zu "fragen" und ist auch schon, als er außerhalb meiner Sichtweite einen "bedrohlichen" Hund sah, zurückgekommen mit der eindeutigen Botschaft "Da um die Ecke ist ein "böser" Hund, das musst du regeln." Der fremde Hund war wirklich "nicht ohne", wurde dann von Frauchen gesichert und wir sind mit Abstand aneinander vorbei. Menschen wussten, was zu tun ist - alles gut.

 

Da ich am Tierheim wohne, begegnen mir oft die Pfleger, wenn sie die Hunde ausführen. So auch einmal der Leiter mit einem massigen Pitbull-Doggen-Mix, der sich seiner Überlegenheit sehr bewusst schien, mit Maulkorb gesichert. Ich mache Platz, Pavel neben mir im "Sitz", starrt den Hund an und knurrt. Lapidarer Kommentar des Pflegers im Vorbeigehen, während er meinen Hund anschaut: "Das ist ja 'ne tolle Idee, Kleiner ..." ;)

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@marcolino

Ein Hund, der an der Leine aggressiv war, wird im Zweifelsfall immer wieder zu dieser Strategie zurückkehren und wenns nur dumme Umstände sind.

 

Es ist schlicht und ergreifend eine Illusion zu glauben, dass man es *immer* durch besseres Verhalten ersetzen kann. Damit meine ich nicht einen Hund, der MAL situativ knurrt.

 

Das sind die Grenzen der Trainierbarkeit. 

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