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Die alte Garde auf der anderen Seite


pixelstall

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Meinen ersten eigenen Hund bekam ich mit 13, Einstein so hiess er, ein riesengroßes, tapsiges schwarzgraues Hundekind von 4 Monaten, ein irrsinniger Mix aus Bouvier und Irischem Wolfshund, man kann sich leicht vorstellen, was für Eigenschaften und Herausforderungen diese Mischung mit sich bringt, und das ein Kind von 13 Jahren nicht uunbedingt die optimale Person ist, einen solchen Hund zu halten, zudem war Eini als Welpe mehrfach ausgebüxt und in der Innenstadt aufgegriffen worden, bis man ihn und seine Geschwister in einem Kaufhaus in einer Ecke festsetze und ins Tierheim brachte.

Später gab es noch einen zweiten Wurf, der dann zusammen mit der Mutter eingezogen wurde.

Von den insgesammt 13 Hunden wurden 3 in den Folgejahren wegen Beissvorfällen eingeschläfert. Molosser mit Windhund, das Einzige, für das er keine Passion hatte, war hüten, dafür massig Schutztrieb und Jagdtrieb und letzteres natürlich auf Sicht.

 

Einstein hat auch so einige Löcher in Menschen und Hunde gemacht, vor allem in mich.

Falsch gemacht haben wir vermutlich alles, was man falsch machen kann, wir liessen ihn auf einem eingezäunten Riesengrundstück Rebhühner aufscheuchen, weil er daß so liebte (zur Folge konnte man ihn defakto nicht ableinen, denn er jagte alles, vom Auto bis zum Kleinhund, da konnte man im Wald stehen und manchmal kam er mit Hetzlauten und 60 Stundenkilometern vorbeigebrettert) Pöbelte er, lieferten wir uns regelrechte Ringkämpfe, um ihn zur "Räson" zu bringen...

 

Als er zwei wurde, musste er kastriert werden wegen einem Nebenhodentumor, für einen unsicheren Jungrüden der GAU, zeitgleich starb unsere Althündin die ihm Sicherheit gegeben hatte, da begannen die Probleme mit Artgenossen, und die Leinenpöbelei,  aber es waren die frühen 90er Jahre, da gab es halt Leinenpöbler und das Wort existierte noch nicht. Man hatte die wahl zwischen Schäferhundplätzen und Teletak oder Leckerlie werfenden Trickstunden am Tierheim, letzteres beherrschte Einstein perfekt, ich glaube, es gab kaum einen Trick, den er nicht drauf hatte, und verstand mindestens 80 Wörter.... nutzt nur nichts, wenn er den Erzfeind "killen" möchte und deine Beine tackert.

Es nutzt auch nichts, dann rumzubrüllen, wie man das damals halt so machte, es eskalierte zwangsläufig, gelassen bleiben ist bei 86 cm und 70kg nun auch nicht so leicht. Stolz bin ich darauf nicht, aber ich war 15 und wusste es nicht besser, machte nach, was meine Mutter vormachte um dem "dominanten" Rüden zu erziehen. How ever, irgendwann kaufte ich ein Fohlenhalfter, (da waren Haltis noch nicht erfunden), als Bremse fürs Fahrradfahren, denn er zog und er zog mit fast 60 Stundenkilometern ( am Tacho gemessen) Jochbeinanbruch meinerseits inklusive. Schritt, Trab Galopp per Ansage, aber es gab die Rennstrecken parallel zur Autobahn wo er hetzen durfte und Knallgas gab.

Ich fuhr nicht mehr Bus, jeden Tag 15km +x mit dem Rad oder dem Skateboard oder einem Kinderroller, er war immer mit dabei, wenn ich nicht in der Schule war. Irgendwann sagte mir jemand, ich solle ihn doch einfach mal auslachen, wenn er ausflippt, gesagt, getan -zurück blieb ein verwirrter nicht mehr pöbelnder Hund und eine Jugendliche, die etwas zum nachdenken hatte und sehr viele Dinge mit anderen Augen sah.

 

Irgendwie rauften wir uns dann zusammen, wirklich ernst genommen hat er mich nie, aber wir einigten uns halt. Erzfeinden und unischeren Hunden wollte er zwar immernoch an den Pelz, aber es ekalierte nicht mehr so, daß er mich tackerte, während ich versuchte, ihn irgendwie zu bändigen. Er hatte ein paar Hunde, mit denen er gut konnte und zusammenlebte, so kam irgendwann 2000 Lili kurz vor Einführung der Rasselisten.

Natürlich machte er den üblichen Terz vor dem Tierheim, tobte und giftete...und was machte Lili ? Sie ignorierte ihn komplett, bis er nach ihrem Allerwertesten schnappte, da grunzte sie ihn einmal genervt an, er stutzt und leckt ihre Schnauze. Lili die gestandene Rottidame aus dem Bilderbuch, meine Lehrmeisterin zog ein, ein Privileg, einen solchen Hund halten zu dürfen. Zu ihr werde ich die Tage schreiben. Einstein starb 6 Wochen vor der Geburt meiner Tochter mit knapp 10 Jahren vermutlich an Rattengift, wir haben es nicht mehr in eine Klinik geschafft, mit ihm endete meine Jugend.

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@pixelstall Ich like nicht.. denn passenden icon dazu gibt es nicht...

Es wäre ein Herz für Einstein... er war ein Süsser... 

Es wäre ein weinender Smily.. da er nicht mehr da ist... 

Und ein Umarmendes-danke-Smily für Deine offenen selbstreflektierenden Worte.... 

Sowie ein Danke-Icon für einen zauberhaften Threadstart.:wub:

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@pixelstall Vielen Dank für Deine Worte, aus denen ich soviel Liebe zu einem vielschichtigen Einstein lese. Ich behalte das Bild von Euch beiden mit fliegenden Haaren, Du auf dem Fahrrad, er im Galopp, die Freude am Leben steht Euch im Gesicht.

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@pixelstall

Danke für diesen berührenden & lebensbejahenden Text. Während dem Lesen sah ich Einstein mehrmals vor meinem inneren Auge vorbeiflitzen... :)

 

Nun freue ich mich, mehr über Lili die Rottidame zu erfahren.

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pixelstall

Im Frühjahr 2000 war ich mitten in meiner Ausbildung und Einstein inzwischen Altersweise und deutlich in die Jahre gekommen war trotz meiner Mitbewohner viel alleine, als dann noch der zweite WG Hund auszog, beschloss ich, die Tierheime durchzuklingeln, gleichalt sollte es sein und robust. In Mülheim sagte man, man hätte einen Rottweiler, ca. 8 Jahre, die sei vor dem Tierheim aus einem LKW geschmissen worden. Rottis mochte ich schon immer, und Einstein war ein ausgesprochener "Rassist", und mochte Rottis, als er jung war gab es bei uns im Ort einen alten "Hundeler" der hatte eine wunderbare Rottidame und einen Rauhaardackel, der immer im Fahrradkorb mitfuhr: Britta und Seppel. So stehe ich vor dem Tierheimzwinger, und sehe exakt ein Ohr und ein Auge, und es war klar, irgendwie ist das so bei mir, sofort oder garnicht, ich bin noch nie mit einem Hund "später" warm geworden.

 

Lili dampfe kaum von der Mitarbeiterin angeleint sofort los wie eine Lokomotive, Zeitunglesen, Einstein mitteilen, daß er allenfalls! lästig wäre und dann zielgenau meinen Bus ansteuern, sie würde jetzt ja mal gerne einsteigen, und nahm selbstverständlich auf dem Beifahrersitz Platz, nachdem die Papiere gemacht wurden.

Lili kannte nichts, aber hündisch und sie wusste, wer sie war. Über die Wiese stakste sie wie ein Storch, Gras war ihr offensichtlich neu, sie kannte keine Leine und verheddeerte sich um jede Laterne, und in der ersten Nacht erfuhr ich von ihrem bisherigen Job, Lili war ein Wachhund. Ich wohnte zu der Zeit gegenüber einer Bäckerei, und hatte mein Hochbett vor dem Fenster kaum war da Betrieb, stand Lili in meinem Bett über mir und starrte reglos rüber. Wenn es an der Tür klingelte überschlug sie sich fast, ging einer am Bus vorbei, tobte sie, so kam es vor, daß sie über die Wände, die Decke und auf der anderen Seite wieder runter sprang, nachdem sie die Heckscheibe aus dem Gumi geboxt hatte, habe ich den Bus innen mit Volierendraht vergittert. 

Stubenrein war sie natürlich auch nicht und es dauerte 3 Monate, bis sie gelernt hatte, ihren Schliessmuskel zu kontrollieren.

 

Mit Hunden war sie genial, man sagt über Rottweiler, sie seien von fast überheblicher Souveränität und das trifft den Kern wie sie auftrat, und warum ihr jeder glaubte, man sagt auch, wirklich dominante Hunde sind sehr selten und vor allem sind sie leise.

Einstein hat nie wieder gepöbelt, Lili regelte das für ihn, sehr ruhig sehr still und glasklar, brachte sie in jede Begenung Ruhe, pöbelnde Hunde am Zaun verstummten, wenn sie sich vor die stellte, bis wir vorbei waren. Hunde die angeschossen kamen, bremsten sofort ab, sie diskutierte nicht, sie stellte fest und jeder glaubte ihr. Wenn man etwas über Glaubhaftigkeit und die Wirkung von Selbstbewusstsein lernen wollte, musste man ihr nur zusehen.

 

So lief sie bei uns im benachbarten Punkerhaus in eine 10er Gruppe Punkerhunde, die Hauptmieterin hatte einen Staff Jagdhund mix, die den Vorrang für sich beanspruchte, dazu eine deutlich schwächere Bernersennenschäfermixe, die Beiden agierten im Team. Lili marschiert auf das Gelände, guckt sich um, macht einen Bogen um die Staffmixe, schnappt sich die Schäfermixe die angeschossen kam und bejuckelt die und schaut in die Runde, alle anderen Hunde sind wie versteinert, keiner tut was...Lili lässt die Schäfermixe los, umgeht wieder die Staffmixe, und legt sich auf die Palette in die Sonne, das wäre dann geklärt. Das war das einzige mal, wo sie körperlich wurde.

 

Nach 14 Tagen lag sie auf meinem Platz auf dem Sofa, und fletschte mich an, ich tat, was ich von ihr gelernt hatte und räumte sie gelangweilt wie einen Sack Kartoffeln weg, ich hatte es nicht nötig, mich darauf einzulassen, danach war es entgültig, Lili war der zuverlässigste und einfachste Hund, den ich je hatte, meinen Freund stellte sie hingegen "an die Wand" wenn der Idiot grob wurde, und wartete auf mein leises "Lil" um ihn wieder gehen zu lassen, verdient hatte er es.

 

Nach drei Wochen lief sie offline mit mir im Bilderbuch Beifuss durch die Innenstadt, heute wäre ich nicht mehr so locker ;) . Trotz ihrer 8 Jahre lernte Lili so gerne, sie saß, wenn man nur "Sitz" dachte, und strahlte einen an...arbeiten war für sie das Allergrößte, nach ihrem geliebten Loch-Ball den sie sooft es ging mit sich herumschleppte, auf einem der Bilder ist er sogar noch zu sehen ;) .

 

Dann tötete Zeus in Hamburg Volkan.

 

Ich verlor- inzwischen schwanger, meine Wohnung, wir hatten zu der Zeit 4 Hunde. Ich musste 6 Wochen vor dem Fachabi meine Ausbildung abbrechen, ich prozessierte und verlor, durch die Härtefallregelung hatten wir zwar einige Monate Zeit gewonnen, aber eine neue zu finden, es war fast aussichtslos, aber die Hunde abzugeben kam nicht in Frage, ich führte hunderte frustrierende Telefonate in denen ich mich beschimpfen lassen musste, SOWAS wolle man nicht, es sei ein "gutes" Haus.

 

Zum Glück fanden wir kurz vor Fristende eine Wohnung, deren Verwalter selbst zwei Staffs hatte, keine zwei Wochen nach dem Umzug 2001 wurde Einstein vergiftet, ich vermute dieselben Nachbarn, denen ich später nach der xten "KampfhundmitBaby" Debatte an den Kopf geworfen hatte, daß sie wohl erst zufrieden seien, wenn der Rottweiler das Kind zerreisst. Danach war Ruhe.

 

Liv wurde geboren und lernte an Lili laufen, sie war eine großartige Gehhilfe und bot sich gerne an, es war eine sehr gute Zeit, ich fuhr den Vater zur Arbeit und dann mit den verbliebenen Hunden und Babyliv im Tragetuch ins Grüne, daß man des öfteren Unsummen für Lili bot, oder mich beschimpfe und bespuckte daran gewöhnte ich mich dennoch nie so ganz.

 

Ende 2003 wurde Lili immer dünner, die Bauchspeicheldrüse war kaputt, dann kam ein Leberschaden, aus dem prächtigen Rottikopf war ein Klingone geworden, sie verhungerte lebendig, soff und pinkelte 7 Liter am Tag, ich war wieder hochschwanger und obwohl ich alle 2 Stunden aufstand um sie pinkeln zu lassen, lag sie dennoch immer öfter in einem gigantischen und stinkenden (leberschaden) See, worunter sie sehr litt . Nach 6 Wochen in denen es nur bergab ging und ich von Tierarzt zu Tierarzt getingelt war und sie anfing neurologische Ausfälle zu zeigen, liess ich sie erlösen.

 

Ich wollte die nächsten 5 Jahre keinen eigenen Hund mehr, zum einen hatte ich mich getrennt und war mit den Kleinkindern alleine, und zum anderen konnte ich mir nicht vorstellen, daß jemals wieder ein Hund an Lili rankäme.

 

 

 

 

 

 

 

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Zenta

Danke für deine Berichte. Sehr interessant und anschaulich geschrieben. Schrecklich einen Hund durch Gift zu verlieren.

 

Eine Frage, du hattest geschrieben ihr habt mit 4 Hunden eine Wohnung gesucht. Als Lili dann gestorben ist hattest du aber keinen Hund mehr weil die anderen nicht deine waren? Habe ich das richtig verstanden?

 

Hast du es wirklich 5 Jahre ohne Hund ausgehalten, ich kann es mir nicht vorstellen.

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pixelstall

Ich habe nach Lilis Tod noch 11 Monate mit dem Vater der Kinder und seinen beiden Hunden zusammengelebt, nach der Trennung Ende 2004 war ich dann tatsächlich bis 2008 Hundelos, hatte aber Wochenweise eine der Hündinnen meines Ex zur Pflege, seine andere Hündin (mali/dobermann/doggen/Rottweiler/Staffmix) hatte ich bei der Trennung mitgenommen und auf einem Gnadenhof untergebracht (und vor ihm in Sicherheit), wo sie auch bis zu ihrem Lebensende blieb, weil er mit dem Hund und der Hund mit seiner Lebensweise völlig überfordert waren, aufgrund der Explosivität von Keks (Übersprung) konnte ich sie selber nicht behalten, mit Kleinkind und Baby war es zu gefährlich mit der Gassi zu gehen, geschweige denn mit dem Tier so zu arbeiten, wie sie es gebraucht hätte. Zumal ich niemanden für die Kinder hatte und die ja auch nicht einfach zuhause lassen konnte, meine Tochter war 3 und mein Sohn 11 Monate alt.

 

Später stellte sich heraus das Keks eine SDU hatte, und sie hat auf der Stelle die Welpennanny gemacht und hatte so einen tollen Job mit 10.000qm 24/7 Freilauffläche und großem Windhundrudel, als ich Fotos sah, wo sie inmitten eines Kneuls Galgos kuschelte, hab ich Rotz und Wasser geheult, besser hätte sie es nicht treffen können . Wir selbst hatten Keks zur Pflege aufgedrückt bekommen, und sie wurde nie wieder abgeholt, als ich sie das erste mal bei der Exbesitzerin gesehen hatte, rannte sie grade unter einem fahrenden! LKW durch, beim zweiten mal hatte sie 3 Jugendliche auf einen Glascontainer gejagt, da war sie 10 Monate alt. Nimm einfach von allen beteiligten Rassen die anspruchsvollsten Eigenschaften und steck sie in die Optik von einem Seehundbaby und die Größe von einem Staff dann hast du Keks.

 

2005 hatte ich dann allerdings die ersten Katzen angeschafft :) ( heute sind es 6 ) 2006 habe ich dann angefangen, als Tiermalerin und Fotografin nebenbei zu arbeiten, so im direkten Kontakt mit Hunden kam dann auch der Wunsch wieder hoch, selbst einen zu haben... im Februar 2008 holte ich dann Uschi und meldete mich 2009 glaube ich hier im Forum an.

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Keks schaut  liebenswert aus, wie gut, dass Du diesen Gnadenhof für sie gefunden hattest.

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pixelstall
vor 3 Stunden schrieb palisander:

Keks schaut  liebenswert aus, wie gut, dass Du diesen Gnadenhof für sie gefunden hattest.

 

Keks war toll, und extrem schlau und eine Granate, leider war mein Ex ein absoluter Vollidiot ;)

  • Traurig 1
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Laikas

Sehr interessante Geschichten. Ich bin auch auf die von Uschi und Püps gespannt, falls du die erzählen magst. Ich glaube, die waren hier lange präsent im Forum, oder? Ist ja gar nicht so lange her, dass du die alten Damen verloren hast. :(

  • Traurig 1
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