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"Nachbarschaftshilfe": Neuer Hund aus Rumänien


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Ich brauche mal den Forenrat, denn nur "Intuition" scheint mir in diesem Fall zu wenig, da ich diesbezüglich keine Erfahrung habe. Aber unter euch gibt es einige, die sich besser auskennen.

 

Meine Nachbarn haben sich Weihnachten endlich wieder einen Hund zugelegt, nachdem ihr vorheriger Hund plötzlich und unerwartet vor einigen Jahren gestorben ist. Schmerz und Schock saßen so tief, dass sie sich so lange keinen neuen Hund anschaffen wollten. Ich habe oft Pavel zum Kuscheln vorbeigeschickt, wenn die Terrassentür offen stand und das wurde beiderseitig gern angenommen. ;)

 

Der Neue ist eine "die" Neue, eine ca. dreijährige Rumänin namens Vera - angeblich irgendein "Hütehund-Mix". Vera ist etwas größer als Pavel, sehr schlank (aber nicht dünn) und bringt ca. 19 kg auf die Waage. Sie ist leider extrem verängstigt und die blöde Böllerei vor und nach Sylvester (es knallt jetzt immer noch ab und zu) waren für die ersten Tage im neuen Zuhause nicht besonders hilfreich.

Zunächst wurde Vera vom Tierschutz in Rumänien an irgendeinen "sogenannten Hundetrainer" in Süddeutschland vermittelt, der aber keine Ahnung von Hunden hatte. Die jetzigen ängstlichen Reflexe bei bestimmten menschlichen Gesten und Bewegungen zeigen, dass sie dort geschlagen wurde, wahrscheinlich mit einer Zeitung. Die schlaue Vera fand sehr schnell einen Weg, diesem Hundequäler zu entkommen, kam aber einige Tage später in die Verkehrsnachrichten, als sie orientierungslos auf eine Autobahn geraten war. Zum Glück ist nichts passiert und sie landete - nach Polizei- und Hubschraubereinsatz - in einem ordentlichen Tierheim.

 

Nun lebt sie hier und ich denke, sie hat das große Los gezogen, denn die hundeerfahrenen Nachbarn geben sich alle erdenkliche Mühe. Veras Vorgänger war ein tiefenentspannter Husky, ich glaube, mit dem haben sie alles richtig gemacht, sonst wäre er nicht so freundlich und entspannt gewesen.

 

Wir haben Vera bisher erst dreimal getroffen:

  • Anfang des Monats vor der Haustür, als die neuen Besitzer mit anderen Nachbarn im Gespräch waren. Vera und Pavel haben sich sehr interessiert beschnuppert und es machte den Eindruck, die beiden sind sich sympathisch. Ich habe mich hingehockt und Vera hat auch mich interessiert beschnuppert. Da ich dem Gespräch inzwischen das Stichwort "ängstlich" entnommen hatte, habe ich auch nichts weiter getan, kein Versuch zu streicheln oder so, sondern einfach Vera kommen lassen. Dann plötzlich wieder so ein blöder Böller und Vera wollte nur noch panisch ins Haus. Sie trägt ein sehr gut passendes, ausbruchsicheres Geschirr, sodass diesbezüglich nichts passieren kann.
  • Vor einigen Tagen kam Veras Herrchen mit dem Auto vom Tierarzt (1.Vorstellung), als ich mit Pavel gerade vorm Haus war. Tierarzt ging prima, berichtete der Nachbar, aber kaum wieder draußen auf dem Weg zum Auto, knallte ganz in der Nähe ein dicker Böller ... Zuhause wollte Vera auch nicht freiwillig aus dem sicheren Auto, erst nach sanftem Ziehen an der Leine hopste sie vom Sitz und lief schnell mit eingeklemmter Rute die 20 m bis zur Terrassentür.
  • Gestern beim Spaziergang: da war Vera aber schon wieder "durch den Wind" und wollte nur noch heim, weil unterwegs ein leinenloser Schäferhund der Sorte "Tutnix" sie viel zu sehr bedrängt hatte. Sie hat ihre Meinung mit Knurren und Zähnefletschen gezeigt und irgendwie haben die Menschen die Situation aufgelöst - ich war ja nicht dabei. Als ich die Nachbarn mit Vera auf mich zukommen sah, habe ich Pavel hingeschickt, der die Drei auch gleich freudig erkannt hat, aber kurz vorm Ziel hat er abgedreht ("Nö nö, ich wollte nur mal hier an den Busch pinkeln." - seine Spezialität :D) und bleib auf Abstand zu Vera. Er hat ein gutes Gespür dafür, ob andere Hunde Kontakt mögen oder nicht. Bei der kurzen Begrüßung der Menschen zog Vera, die vorher locker an der Leine lief, an der Leine Richtung "Heimat"; sie weiß inzwischen, wo ihr neues Zuhause ist und da wollte sie jetzt schnellstens hin.

 

Pavel macht jetzt immer einen Umweg und schnüffelt an Veras Haus- und Terrassentür, wenn wir dran vorbei kommen :wub: - was ja immer der Fall ist.

 

Mein Angebot zu gemeinsamen Spaziergängen haben die Nachbarn erstmal abgelehnt. Ich persönlich würde es anders machen, weil ich glaube, so ein fröhlicher und entspannter Pavel an Veras Seite würde ihr helfen. Aber die Nachbarn wollen warten, bis Vera weniger ängstlich ist.

 

Was tut solchen verängstigten Neuankömmlingen besonders gut? Wie kann man die Nachbarn am Besten unterstützen?

 

Eine Maßnahme ist mir mit sehr guten Resultaten bekannt: "Zeigen und Benennen". Ich habe es mal kurz angesprochen, die Nachbarn kennen es nicht. Es fällt mir schwer, das theoretisch zu erklären, bei einem gemeinsamen Spaziergang könnte ich es vormachen.

 

Ich freue mich auf viele Tipps!

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Routine ist für mich im Nachhinein fast das wichtigste gewesen.

Jeden Tag die gleiche Strecke am Anfang und da der Brackel mit der Gegend um unser Haus (entlang einem Fluss im Außenbereich einer Kleinstadt, aber eben auch mit anderen Hunden, Radfahrern...) am Anfang schon überfordert war (das habe ich definiert, als "nach 4-5 Spaziergängen dort immernoch direkt ab Haustür viel zu verängstigt") hab ich die Strecke dann mit 10 Minuten Autofahrt in den Wald verlagert.

 

Ob Pavel jetzt eine Hilfe wäre, liegt denke ich an Vera. Die ich nicht kenne, das kann ich nicht beurteilen. Ich halte es aber nicht für schädlich, es erstmal zu lassen. Der Brackel zum Beispiel ist kein Hunde-Hund und da war es hilfreich erstmal zu verstehen, dass sie zu mir kommen kann/soll wenn sie überfordert ist. Mir war es schon wichtig in den ersten Wochen, dass sie lernt, sich an mich zu wenden. Sie sollte ja auch lernen, was ihr "Standard" sein würde, eben Einzelhund. (Etwas später) "zeigen und benennen" erklären, halte ich für eine sehr gute Idee, meine Amateur-Variante (habe ja nie wirklich ein Hundebuch gelesen), hat mir sehr geholfen.

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Zuerst: Geduld. Dann Routine, Routine, Routine. Ein eher statischer Tagesablauf, der später bei gewonnener Sicherheit auch flexibler werden kann und sollte. Ggf. "Nerven"-Futter, also Magnesium und sowas. Zudem - in harten Fällen - keine Hemmungen haben auch eine angstlösende Medikamentation in einem moderaten Zeitraum zu verwenden. (Und damit meine ich keine Sedativa!). Ggf. kann ein DAP Diffusor helfen. 

 

Ein souveräner Hund, an dem sich Vera orientieren kann ist in der Tat durch so gut wie nix anderes zu ersetzen.

 

Naja, und zu guterletzt kleinschrittig die Welt erweitern, die Stressoren finden... (und bitte keine Hundetrainer, die innerhalb von 2 Tagen ein "das bekommen wir hin..." erzählen.)

 

so weit

Maico

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vor 3 Minuten schrieb Lique:

die Strecke dann mit 10 Minuten Autofahrt in den Wald verlagert

 

Ist hier zum Glück nicht nötig. Direkt hinterm Haus beginnen Felder, Wiesen und Wälder bis zur Ostsee. Da ist sie mit Schleppleine unterwegs.

 

vor 4 Minuten schrieb Lique:

Ich halte es aber nicht für schädlich, es erstmal zu lassen.

 

Ja, sicher nicht. Ich habe nur das Gefühl, es würde helfen. Aber Pavel bleibt ja von sich aus auf Abstand. Ich denke, er wartet, bis Vera zu ihm kommt - kann sie aber nicht, weil normal erweise kurz angeleint.

 

vor 6 Minuten schrieb Lique:

Mir war es schon wichtig in den ersten Wochen, dass sie lernt, sich an mich zu wenden.

 

Das finde ich für Vera besonders wichtig, da sie einer unangenehmen Situation ja schon mal "planlos" entflohen ist, nach dem Motto "bloß weg hier!"
Bei Pavel hat es 2-3 Jahre gedauert, bis er fast immer zu mir kommt, statt Situationen selbst zu regeln (was er auch gut und friedlich kann).

Kann man so etwas beschleunigen? Oder muss man einfach Geduld haben?

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vor 4 Minuten schrieb mikesch0815:

und bitte keine Hundetrainer

 

Das Thema ist ja 1. sowieso durch (siehe oben) und 2. trauen sich die Nachbarn das aufgrund ihrer Erfahrung auch ohne zu - ich ihnen auch. ;)

 

vor 9 Minuten schrieb mikesch0815:

Zuerst: Geduld. Dann Routine, Routine, Routine. Ein eher statischer Tagesablauf, der später bei gewonnener Sicherheit auch flexibler werden kann und sollte.

 

Das ist wohl der Ansatz der Nachbarn.

 

vor 9 Minuten schrieb mikesch0815:

Ggf. "Nerven"-Futter, also Magnesium und sowas. Zudem - in harten Fällen - keine Hemmungen haben auch eine angstlösende Medikamentation in einem moderaten Zeitraum zu verwenden. (Und damit meine ich keine Sedativa!). Ggf. kann ein DAP Diffusor helfen.

 

Danke! Ganz neues Thema für mich.

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vor 16 Minuten schrieb DerOlleHansen:

da sie einer unangenehmen Situation ja schon mal "planlos" entflohen ist, nach dem Motto "bloß weg hier!"


Das hat Linnie anfangs auch getan, es gab eigentlich in den ersten Tagen bis Wochen kaum einen Spaziergang ohne „Fluchtauslöser“. Der Durchbruch war, als wir schließlich einfach mit ihr zusammen „geflüchtet“ sind. Ein paarmal haben wir sie aus der Situation getragen, unterschiedlich lang, bis wir gemerkt haben, dass sie wieder aus dem Tunnel war, also wieder aktiv die Umwelt beobachtet hat. Danach hat es gereicht, ein Stück mit ihr zu rennen - in den ersten Tagen durchaus mal bis zum rettenden zu Hause, dann reichte schnell „um die Ecke“. Falls heute noch mal was ist (kaum noch, aber im direkten Umfeld gezündeter Böller reicht natürlich) genügen bereits ein paar Meter. Wir merken immer daran, dass sie sich schüttelt (den Stress abschüttelt), dass es wieder ok ist. Was wir immer Zusätze gemacht haben: Sobald sie wieder ansprechbar war: loben, loben, loben plus Leckerlie-Regen! Also mit positivem Reiz entgegenwirken, sobald sie dafür.aufnahmefähig war. Sobald wir raushatten, dass wir sie einfach zusammen aus der Situation rausbringen müssen, haben wir sehr schnell Fortschritte gemacht. Routine war bei uns auch sehr wichtig, das schrieben ja schon einige.

 

Linnie is ein Hund, der im Grunde keine anderen Hunde braucht. Trotzdem hat sie sich an anderen Hunden orientiert. War ein anderer Hund bei einem angstauslösenden Reiz, dann blieb sie ansprechbar, wurde sogar (in Grenzen) neugierig - auch bei komplett fremden Hunden. Das ist bis heute so, quasi nach dem,Motto „Wenn ein Kollege das ok findet, dann kann es ja ich so schlimm sein“. Darum denke ich, dass Pavel eine riesige Hilfe sein kann, selbst aus einiger Entfernung.

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Freefalling
vor 19 Minuten schrieb DerOlleHansen:

Ist hier zum Glück nicht nötig. Direkt hinterm Haus beginnen Felder, Wiesen und Wälder bis zur Ostsee. Da ist sie mit Schleppleine unterwegs.

 

Sind die Runden vielleicht zu lang? 

 

 

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Uns hat ein ruhiger, desinteressierter Hund als Orientierungshilfe sehr geholfen. Aber das haben deine Nachbarn ja erstmal abgelehnt. 

 

Ausflüge in unbekanntes, nicht "belastetes"  Gebiet und wegtragen bei Angst haben wir auch viel gemacht. Das war aber ein 15 Kilo Junghund, ich weiß nicht, wie fit deine Nachbarn sind. 

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vor 11 Minuten schrieb Holo:

Uns hat ein ruhiger, desinteressierter Hund als Orientierungshilfe sehr geholfen. Aber das haben deine Nachbarn ja erstmal abgelehnt. 

 

Ja. Aber ich denke, ich werde sie ab und zu überlisten. Wenn ich sie "rein zufällig" unterwegs treffe, werde ich fragen, ob wir mitkommen dürfen. ;)

"Desinteressiert" ist Pavel keineswegs, aber er spürt, dass er auf Abstand bleiben soll, solange Vera ängstlich ist.

 

vor 11 Minuten schrieb Holo:

Das war aber ein 15 Kilo Junghund, ich weiß nicht, wie fit deine Nachbarn sind. 

 

Ziemlich fit, aber Vera strebt ja bei Angst eigenständig nach Hause. Und inzwischen weiß sie schon, wo das ist.

 

vor 23 Minuten schrieb Freefalling:

Sind die Runden vielleicht zu lang? 

 

Ja, habe ich schon gedacht.

Lieber 2-3 mal am Tag die gleiche kleine Runde als ein ganz große Tour?

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