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Thaisson


Kuhls-Oppermann

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Kuhls-Oppermann

Lange hat er diese Welt schon verlassen, unvergessen wie die, die vor ihm oder danach die Reise antraten. Ein Teil seiner Geschichte kurz kopiert.

 

"Zwei fielen aus dem Rahmen. Nicht nur ihr Äußeres,
auch ihr Wesen war ein ganz anderes. Sie waren nicht mehr die
Jüngsten, etwas zurückhaltend. Bis das Eis brach, brauchte man
eine Weile. Was das für Hunde waren, wusste ich nicht. Es spielte
für mich ohnehin keine Rolle. Es waren ihre Persönlichkeiten, die
mich magisch anzogen. Im Gespräch erklärte ich dem Musher,
sollte er diese eines Tages nicht mehr gebrauchen können, werde
ich sie ihm abkaufen. Er war einverstanden. Natürlich hatte ich
vorher mit meiner Frau gesprochen und ihr die Hunde gezeigt.

Ich weiß nicht mehr wie oft wir bei Reisen durch Skandinavien
dort ein paar Tage rasteten, wir fuhren mehrfach im Jahr. Mein
erster Weg führte immer zu diesen beiden Hunden. Doch eines
Tages fehlte einer der beiden.Sofort ging ich zum Musher. Zu
hören bekam ich eine schon bekannte Geschichte. Der Hund
hatte in der letzten Saison nach 10km aufgehört zu ziehen, wurde
dann nicht mehr eingespannt und im Zwinger irgendwie
aggressiv. Was viele Schlittenhunderennfahrer unter aggressiv
verstehen, das gehört ins Thema Verhalten.
Wir hatten ohne jemals viele Worte zu verlieren, ein freundschaftliches
Verhältnis. Nun merkte er an meiner Reaktion, dass
es unsere letzten Worte sein könnten, die wir wechselten, sollte
dem Bruder ein ähnliches Schicksal zuteil werden.
Einige Wochen später kam eine E-Mail, wir könnten ihn holen.
Ich schrieb:
«Ich komme sofort, koste es mich meinen Job. Oder wir
kommen im Urlaub in zwei Monaten. Wir bezahlen Dir dann ein
paar Säcke Futter.»
Seine Antwort folgte prompt:
«Komm, wenn Du Urlaub hast, er wird weiter gefüttert,
bezahlen brauchst Du nichts, ich bin froh wenn er bei euch ein
Zuhause findet».
Unter den Mushern gehörte er wirklich zu den Guten.
Der große Thaisson zog bei uns ein. Er war groß, in jeder
Hinsicht. Nur seine Zähne waren abgebrochene braune Stumpen.
Ich rätselte, wie er damit überhaupt noch fressen konnte.
Wer ein wenig die Geschichte der Siberian Huskies, die Rennen
laufen, kennt, kennt auch Sue und Leigh Gilchrist, die den
Lokiboden Kennel in Kanada führten. Ihre Siege auf Rennen - in
Amerika mit viel Geld verbunden - und ihre Hunde waren
legendär. In einem Interview bezeichnete Leigh den Hund Fox als
seinen besten noch lebenden Athleten, der war Thaissons Vater,

und Waterloo als besten Schlittenhund, den sie jemals hatten,
das war Thaissons Oma.
Wie viele Siege Thaisson selbst in Europa eingefahren hat,
kann niemand sagen ... und dann solche Zähne !
Wir bekamen seine Geschichte erzählt an dem Tag, als wir ihn
holten. Schon als mein Bekannter ihn bekam, waren seine Zähne
Ruinen. Die ersten 5 Jahre seines Lebens verbrachte Thaisson
zumeist angepflockt an einer Kette im südlichen Europa. Er
versuchte diese Kette durchzubeißen. Doch vergeblich. Die
Bedingungen in diesem europäischen Kennel waren so katastrophal,
dass die Familie Gilchrist „ihre" Hunde von diesem
Musher wegholen ließen. Sie übernahmen die Kosten und für die
Hilfe durften die beteiligten Schlittenhundhalter diese Hunde
nutzen, nur nicht damit züchten.
Als Thaisson in sein neues Zuhause kam, lief er zunächst
tagelang im großen Zwinger nur ganz kleine Kreise. Seine Kette
war vorher wenig länger als einen Meter. Als er zum ersten Mal in
seinem Leben mit anderen Hunden in den über 5.000
Quadratmeter großen Auslauf kam, blieb er wie versteinert
stehen. Dieser Hund, der in der Lage war gigantische Sätze zu
machen, Stunde für Stunde, Tag für Tag einen Schlitten vorwärts
zu ziehen, war einfach überwältigt von der Freiheit.
Unsere Tierärztin stellte später bei ihm ein sehr großes Herz
fest, für einen Spitzenathlet ist dies nicht ungewöhnlich. Für mich
blieb immer unbegreiflich, wie es so groß sein konnte, dass trotz
der schrecklichen Erlebnisse in seinem Leben, für die Menschen
darin immer noch ein Platz zu finden war.
Bevor Thaisson dann seine Fahrt nach Deutschland antrat
sagte sein Besitzer zum Abschied:
«Vielleicht lebt er ja bei euch noch ein halbes Jahr oder Jahr,
das wäre ihm zu wünschen.»
Es wurden mehr als sechs !"

thaisson IMGP7767 - Kopie.JPG

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