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Möchte einfach mal jenen Mut machen, die noch kein Teamgefühl haben!


Bärenkind

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Bärenkind

Diesen Beitrag schreibe ich, weil ich hier immer wieder Texte lese, bei denen ich denke, dass die Menschen sich auf dem Weg, ihre Hunde zu verstehen und mit ihnen ein Team zu bilden, einfach nur ein wenig im Weg stehen, und manches viel leichter sein könnte, wenn man wirklich mal den Mut hat, ein paar Euro zu riskieren und sich Hilfe zu holen.

Natürlich gibt es Hunde, deren Verhaltensweisen aus welchem Grund auch immer sehr komplex sind, traumatisierte Hunde, fehlgeprägte oder auf gar nichts geprägte Hunde, etc... aber ganz, ganz viele, die sich hier tummeln oder die ich tagtäglich auf den Straßen sehe, sind einfach nur Hunde, die von ihren Menschen nicht verstanden werden, weil in sie die die tollsten Dinge rein interpretiert werden, und die förmlich danach schreien, dass ihnen endlich mal einer eine konsequente Linie gibt und sie versteht.

Möchte dazu einfach mal ein aktuelles Beispiel aus meinem Trainerleben schildern, um zu illustrieren, was ich meine.

Vor ca. 4 Wochen wurde ich zu einer Familie gerufen mit einem einjährigen Dalmatiner-Mädchen. Der Hund entstammt wohl einer Vermehrung in Polen, die Familie hat noch ein Kleinkind von knapp 2 Jahren. Die Frau und Hundeführerin hatte vor dem Dalmatiner einen "Seelenhund" und konnte zu dem neuen Hund nie wirklich eine intensive Verbindung herstellen. Man ging damals in eine Welpengruppe, eine Jundhundegruppe, danach "funktionierte" der Hund eigentlich ganz gut. Dort wurde alles mit Leinenruck erarbeitet, aber die Hunde "funktionierten" eben nach 2 Kursen...

Ca. 6 Monate später wurden nun folgende Probleme angesprochen:

M. zieht an der Leine

M. lässt sich nicht mehr gut abrufen

M. klaut wie ein Rabe

M. pöbelt an der Leine bei anderen Hunden

M. haut vom Grundstück ab und sucht sich ihr eigenes Vergnügen

M. lässt sich nicht anbinden, wenn man auf einem Spielplatz mit dem Kind etwas machen möchte

M. wurde mir insgesamt als frech und fordernd beschrieben

Bei meinem ersten Termin vor Ort fand ich einen ziemlich unsicheren Hund vor, der zwar an der Türe mords den Lauten machte, aber sehr schnell körperlich zeigte, wie unsicher er ist, weil ich in der Regel völlig selbstbewusst in fremde Häuser stapfe und die Hunde gar nicht beachte. Dabei haben schon einige sehr schnell ihre Masken fallen lassen.

Die Menschen waren TOTAL erstaunt ob des Verhaltens ihrer M. und wollten mir erst nicht wirklich abkaufen, dass dieser Hund unsicher sein soll, wo sie doch bei ihnen so frech ist... Sehr schnell fand ich diverse Möglichkeiten, das jedoch zu beweisen und somit konnte ich einiges aus M.s Verhalten plausibel erklären. Die Lämpchen über den Köpfen konnte man förmlich anspringen sehen...

In der Zwischenzeit hatten wir genau 2 Termine. Einen zuhause und einen draußen.

Zuhause zeigte ich

- den Hund ins Körbchen zu schicken und dort so lange dort verweilen zu lassen, bis es die Menschen wieder auflösen

- den Aufbau von Suchspielen

- den Umgang mit Körpersprache beim Anspringen und bei der Körbchenkorrektur

Draußen zeigte ich

- Leinenführarbeit über Körpersprache auch an anderen Hunden vorbei

- Aufbau der Ablage ohne mit und ohne anbinden auf einem (kinderlosen) Spielplatz, nur das eigene Kind war dabei

Ansonsten habe ich nur die vielen kleinen Angewohnheiten und Sichtweisen, die man als Mensch nun mal so hat, hinterfragt und bei Erkenntnis erklärt, wie man es alternativ so machen könnte, dass der Hund einen leichter versteht und mehr Klarheit verspürt.

Schnell fanden wir heraus, wie sich die Situation über die Monate aufbauen konnte, so dass dieser gegenseitige Frust entstand. Es erfolgte zuvor Aufbau der Erziehung rein über Kommandos. Beziehungsaufbau, artgerechte Bedürfnisse, Lesen des Hundes spielte keine Rolle. Der Hund funktionierte immer weniger, der Frust wurde dafür größer, es wurde nur noch geruckt und geschimpft aber nie für etwas gelobt oder mal wirklich durchgegriffen.

Heute traf ich M. mit Frauchen und Kleinkind. Es klappt alles schon richtig gut. Nach gerade mal 3 Stunden hat diese Familie eine Lebensqualität mit dem Hund erreicht, dass es ihnen wieder Spaß macht, einen Hund zu haben. M. geht von sich aus gerne und entspannt in ihr Körbchen, wenn es turbulent wird, lässt sich aber auch problemlos schicken. Sie haut nicht mehr ab, zieht kaum noch an der Leine. Sie scheint ausgelastet und zufrieden zu sein, bekommt wenig bis gar keine Gelegenheit mehr zum Klauen, weil die Küche mehr zur Tabuzone geworden ist.

Es ist alles noch nicht perfekt. Das kann nicht sein und das soll es auch nicht. Aber mit nur wenig Geld und etwas Umdenken und vor allem der Ernenntnis, dass nicht der Hund doof, böse, ungehorsam etc. ist, sondern sie als Menschen Fehler gemacht haben, hat sich dort viel erreichen lassen.

Was ich damit sagen will. Diese Arbeit, die ich dort gemacht habe, ist nichts Besonderes. Die Arbeit, die die Menschen gemacht haben, ist toll, aber sie haben nicht Tag und Nacht geübt. Ich will damit sagen, dass es MACHBAR ist, Hunden Klarheit und Sicherheit zu geben. Mit wenig Aufwand, aber etwas Flexibilität im Kopf.

Ich habe in meinem Leben einige Trainer kennen gelernt, die so arbeiten. Sie brauchen keinen 5-Jahres-Plan. Im Grunde arbeiten sie geschäftsschädigend, weil schnell Erfolg sichtbar ist und dann eigentlich jeder alleine weiter machen kann. Wir sind alle keine Wunderheiler...

Mein Anliegen ist es, allen Mut zu machen, die eine Hand voll Probleme mit ihrem Hund haben, schon einige Hilfsmittel und Hundewiesentipps erfolglos umgesetzt haben, und sich im Grunde nur selbst im Wege stehen.

Sucht Euch jemanden, der zu Euch nach Hause kommt, der auch mal erst nur schaut. Sucht Euch jemanden, der Euch ohne Schlagworte wie Dominanz, Rangordnung und diese totgerittenen Begriffe verständlich erklärt, warum Euer Hund vermutlich dieses oder jenes Verhalten zeigt und warum er in manchen Situationen einfach nicht anders KANN, als genau SO zu handeln, wie er es tut. Und lasst Euch zeigen, was IHR an EUCH ändern könnt, um dem Hund ein verlässlicher Partner zu werden.

Viel Spaß dabei.

Anja

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:klatsch: Schön geschrieben, Anja! :respekt:

Nur findet man nicht so leicht einen Trainer, dem nicht schon aus der Ferne die Dollarzeichen aus den Augen blitzen! :(

Das nächste Problem ist die Familie: Es müssen wirklich ALLE an einem Strang ziehen! ;)

Ich hab ne Idee: Wir klonen dich und verteilen dich über ganz Deutschland, und es laufen nur noch glückliche Hunde mit ihren Besitzern durch die Gegend! :klatsch:

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Danke!!!!!

Wenn ich Herzchen malen könnte, würde ich Dir jetzt viele davon malen (und nicht weil Valentinstag ist...

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Ach ja, koenntet ihr einen Klon bitte auch ueber den grossen Teich schicken. Mich wuerde es so wahnsinnig interessieren, mehr Einblick in das was Anja alles vermittelt zu bekommen!!!!!!

Liebe Gruesse, Judith

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Wenn Ihr noch einen habt............!!!! Bitte einen auch an mich!!!! Oder vielleicht doch besser das Original!!!

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Wollwolf

Hab grade festgestellt, dass ich mir und Balu auch im Weg stehe... Ich hatte vor Balu auch so einen "Seelenhund", ein Bobtailmädchen. Mit ihr gab es keine Probleme. Jetzt ist es an der Zeit, das ich mal die Hundesprache neu lerne. Mit Balu kann ich nicht "Kimba" sprechen...

Kannst Du mir ein Buch empfehlen Anja??

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Bärenkind

Das nächste Problem ist die Familie: Es müssen wirklich ALLE an einem Strang ziehen! ;)

Nein. Das müssen sie nicht. Es ist zwar leichter, aber kein Muss. Diejenigen, die nicht mitziehen müssen dann halt damit leben, dass der Hund sich alsbald an jenen orientiert, die etwas verändern.

Mein Mann ärgert sich auch immer wieder, dass Sherlock auf ihn nicht so hört... :kaffee:

Was das Geld betrifft... niemand hat was zu verschenken. Aber diejenigen, denen das Helfen noch immer an erster Stelle steht, bieten auch mal alternative Zahlungsweisen an. Man müsste sich halt outen. Ich kenne sogar einen Trainer, der auf Erfolgsbasis arbeitet. Ein sehr interessanter Weg, wie ich finde.

LG Anja

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susarong

Toller Beitrag, Anja! Ich glaube, von dir kann JEDER Hundebesitzer noch was lernen.

Wenn Cuxhaven nur nicht so relativ weit weg wäre, wäre ich schon lange da ...

LG Susanne + Sally

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