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Ich kann nicht mehr entspannt auf Hundeveranstaltungen gehen


Bärenkind

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Bärenkind

Wie manche vielleicht mitbekommen haben, möchte ich irgendwann mal wieder einen Hovawart kaufen und habe beschlossen, dass man mit der Suche nach einem guten Züchter nie früh genug anfangen kann. Aus diesem Grund bin ich heute mit Mann und Hund auf eine Hovawart-Körung gefahren.

Für alle, die nicht wissen, was dort passiert, ein kurzer Abriss der Veranstaltung.

Zu Beginn werden alle Hunde mit einem Körmaß in der Höhe und in der Breite vermessen. Da sieht man schon Hunde, die sich mit dem Metallenen U um sich herum eher mies fühlen. Aber was muss, das muss...

Dann geht es einzeln in den Ring, unterteilt nach Altersklasse und Geschlechtern, und der jeweilige Körmeister schaut sich den Hund beim gehen, traben, stehen an. Er schaut ins Maul, fummelt mal hier und fummelt mal da, schaut auch, ob der Hund sich anfassen lässt und wie er insgesamt so drauf ist. Der Körperbau wird bewertet, die Ohrenposition, der Biss, die Fuß-Stellung, Rutenhaltung, Gesichtsform und und und.

Danach wird es spannend. Es wird abgeleint und Hovi muss einmal über eine Plane laufen, danach eine Hürde nehmen, und dann geht man mit dem Hund durch eine Menschengasse (2m) von 12 Personen. Hin und zurück. Beim zweiten Durchgang fuchteln die Menschen dabei mit den Armen und Beinen und beim dritten Durchgang macht man dabei Geräusche mit Fastnachtsrätschen, Rappelbüchsen, Quietschespielzeugen und anderem Zeug, was lärmt. Dabei wird beobachtet, wie beeindruckt sich der Hund zeigt.

8 Personen machen danach einen Kreis und gehen langsam auf den Hundeführer mit dem neben ihm sitzenden Hund zu. Das wird eine Weile richtig eng ausgehalten, dann geht es wieder zurück. Beim zweiten Durchgang nähern sich die Personen sehr schnell. Ansonsten wie vorher.

Und zu guter Letzt muss der Hundeführer mit dem unangeleinten Hund noch 4 Joggern begegnen. Auch zweimal.

Wenn das soweit alles durch ist, kommt ein mit Schutzkleidung bekleideter Helfer (wie beim Schutzdienst) einmal hinter einer Wand vor, umkreist den Hundeführer, der auf einem Stuhl sitzt, der Hund unangeleint abgelegt daneben.

Beim zweiten Mal kommt der Helfer und pöbelt schon von Weitem. Er macht dem Hundeführer den Platz streitig und rempelt den vom Stuhl. Dabei soll der Hovi den Helfer verbellen und seinen Besitzer verteidigen.

Einmal wird dann noch für alle geschossen und geschaut, ob die Hunde das aushalten.

So weit zum Ablauf.

Dieses ganze Prozedere dauert von morgens 9 bis Abends 17 Uhr. Ohne Siegerehrung, nur die nackten Durchgänge für rund 50 Hunde.

Mein Mann und ich packten uns mit Bär, Picknickdecke und Stühlen an den Rand des Geschehens und studierten die passierenden Teams, um schon mal rein optisch Eindrücke ins Programm zu kritzeln.

Nach einer Stunde wollte ich eigentlich nur noch weg. Grob geschätzt 85% aller Hundeführer hatten ein in der Regel auf Vollzug gestelltes Kettenhalsband an ihren Hunden und das, obwohl nicht einer davon leinenführig war. Im Ring sah das bei fast allen toll aus, aber kaum unter dem Absperrband durch, zog und zerrten sich die Teams durch die Gegend, dass mir Hören und Sehen verging. Es wurden FUSS-Kommandos gebrüllt, die vom fast sich erwürgenden Hund nach 3 Schritten generell selbst aufgelöst wurden, um mal eben an einem anderen Hund zu rüsseln, oder einem anderen Hund kurz die Meinung zu geigen.

Bei Aktionen letzterer Art sah man häufig Hände auf Hovinasen klatschen, Leinenrucke, die mir die Tränen in die Augen trieben, oder auch mal ein Leinenende, das auf den Hund sirrte bzw. eine Hand, die am Ohr riss. Meinen Mann musste ich einmal fast festhalten, damit er nicht einem solchen "Superherrchen" an die Gurgel geht. Nur was hätte es genutzt?

Ich habe ein paar Gespräche geführt, ganz vorsichtig, um zu verstehen. Es war kein Durchdringen möglich. Traurig. Ganz wenige Hundeführer sprangen einem ins Auge, die NICHT ruckten, die mit ihren Hunden freundlich sprachen, die Körpersprache einsetzten, die einen erzogenen Hund hatten, die schauten, dass es ihren Hunden an den neuralgischen Knotenpunkten nicht zu eng wurde, die NICHT dann essen mussten, als alle aßen, um mittendrin noch die Hunde zu parken... Ganz wenige waren es, die mich dann doch bleiben ließen, die mich angenehme Gespräche führen ließen und die mir ein kleines Fünkchen Hoffnung gaben.

Vor 4 Jahren war ich zuletzt in diesem Umfeld unterwegs. Damals mit meinem eigenen Hund zur Körung und auch mal zu einem Ausbildungswochenende. Zu dieser Zeit war mir gerade kurz zuvor Anita über den Weg gelaufen, die MIR auf einem Seminar bzgl. meinem Umgang mit Sherlock deftig den Kopf gewaschen hatte. Damals sah ich diese Leute noch nicht so. Meine Augen haben sich verändert. Mein Herz offensichtlich auch.

Heute frage ich mich, bin ich damals auch SO mit meinem Bären umgegangen???? Habe ich auch so an ihm rumgerissen? Ich weiß es nicht mehr. Mag es heute kaum glauben.

Fakt ist, dass ich es kaum noch aushalte, auf solchen Veranstaltungen zu sein, so herrlich es ist, sooooo viele schöne Hovies auf einem Haufen zu sehen.

Fakt ist auch, dass es extrem schwer werden wird für mich, eine Zucht zu finden, wo schon der Umgang der Menschen mit den Elterntieren meines zukünftigen Welpen für mich stimmt, wo ich mich mit Menschen auf Augenhöhe über Hunde austauschen kann, wo ich mich verstanden und wohl fühle, auch wenn ich mal aufdringliche Fragen stelle... Von daher bin ich froh, schon heute damit anzufangen zu haben, eine Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen zu starten.

Das musste jetzt mal raus. Danke an alle, die sich die vielen Buchstaben angetan haben.

Nachdenkliche und traurige Grüße

Anja

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jutti1357

Hallo Anja,

ich habe deinen Bericht gelesen und bin etas berührt.

Ich war noch nie auf so einer Veranstaltung.

Dass da viele mit Würgern rungelaufen sind, macht mir schon ziemlich zu denken.

überhaupt deine ganze Schilderung - ich dachte, diese Zeiten sollten gerade

bei Züchtern Geschichte sein - aber da habe ich wohl Rosinen im Kopf.

Ich hoffe, die angenehmen Gespräche konnten euch dann etwas Hoffnung geben,

einen Züchter zu finden, wo Welpen freundlich mit Liebe und Zuwendung

gezüchtet werden.

Lieben Gruß von der anderen Elbseite von einer nun nachdenklichen Hundehalterin ...

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Da wäre es mir auch schwergefallen dem ein oder anderem nicht an die Gurgel zu gehen. Und fertig gemacht hätte mich das ganze auch.

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Mathilda

Mhmm :( kann das gut nachvollziehen... war schon auf paar solchen Veranstaltung, verschiedener Rassen. Und was man dort für Hundehalter sieht.... :motz::Oo

Für manche ist ein Hund leider nur ein Prämiertes Etwas, was Geld einbringt so traurig es ist.

Manchmal glaube ich wirklich... für die ist es nur ein Vieh, was gekört werden muss, damit man höhere Preise erzielen kann bei den Deckungen oder Welpen usw usw.

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ohje Anja, ich kann das sehr gut nachfühlen. Es ist schlimm sowas noch in der "Masse" sehen zu müssen. Mir reicht es oft schon wenn dies bei Einzelnen sehe.

Bei der vorletzten BH-Prüfung (die ich als Besucher in unserem Verein miterlebt habe) war ich von dem Prüfer sehr überrascht. Lange bevor alle Teilnehmer da waren viel mir ein junger Mann auf der Alles genau beobachtet. Ich glaubte erst das er zu jemandem aus dem Verein gehörte. Nö, es war der Prüfer, der immer früher auftaucht um sich die Teilnehmer außerhalb der Prüfung anzuschauen.

Bestanden haben dann alle Prüflinge auch wenn das Ein oder Andere nicht ganz so prickelnd war. Er hatte aber vorher gesehen was die einzelnen Teilnehmer wirklich können und das alle gute Teams sind die ihre Hunde im Griff hatten und auch vernünftig zusammen arbeiteten.

Gebe die Hoffnung ja nicht auf das vielleicht doch noch Einzelne (wie dieser Prüfer) eine neue Richtung ansteuern und irgendwann durchsetzen.

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Ich verstehe solche "Veranstaltungen" nicht und will/werde es wohl auch nie ....

Anja ..... Dein nächster Hund wird Dich sowieso finden.... ;)

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Naja, sowas gibt es halt leider.

Aber wenn man mal ehrlich ist, achten die wenigsten Hundehalter auf Körpersprache, rucken ihren Hund zu Recht wenn er mal zieht (mich eingeschlossen und Bacardi lebt noch und so kann ich ihn korrigieren). Desweiteren gibt es genug Halter (was ich hier oft beobachten kann) die ihren Hunden mal einen mit der Leine geben (also mit Leine schlagen find ich schon assig), AAAAABER auch ohne Körpersprache sind hier alle Hunde in der Gegend glücklich. Die Besitzer gehen liebevoll mit ihrem Hund um und die Liebe beruht auf Gegenseitigkeit. Das sieht man im restlichen Umgang. Also, muss man immer DER perfekte Hundeführer sein um eine ordentliche Bindung und eine gute Beziehung zu haben ? Muss man sich über jedes, ich nenn es mal "Profiding" (meine damit Hund lesen usw.) gedanken machen um den Hund als guten Partner zu haben und für den Hund ein guter Partner zu sein ?

Ich denke nicht....

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Kleinegoere1983

Oh Anja das Klingt ja nicht so gut, aber warum sollte es auf so einer Veranstaltung anders zu gehen als im Normalem Privaten Leben?

Diese Leute (tut mir leid so ist meine Sicht, ich kann da auch Falsch liegen) die bei so einer Veranstaltung ihren Hund zur Schau stellen um später Züchten zu dürfen, sehen einfach nur das € Im Kopf oder besser vor ihrem innerem Auge.

Das ist Schade, weil eigentlich der Hund im Vordergrund stehen sollte und nicht das Liebe Geld.

Lass dich mal Knuddeln

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Und das sind dann die vielgerühmten, einmaligen, wertvollen Zuchtrüden und nur die dürfen sich vermehren,

während alle anderen in Grund und Boden gestampft werden!

Anja, ich meine jetzt nicht speziell die Hovis, sondern alle diese hochgezüchteten Rassen!

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Andwari

Hi Anja,

das hört sich ja echt krass an!

Ich war bisher auf 3 Veranstaltungen des "RZV für Hovawarte" und habe noch nichts von dem erlebt, wie Du jetzt!!! Ehrlich!

Kann es sein, daß es doch große Unterschiede zwischen den Hovi-Zuchtvereinen gibt?

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