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Erregung und Aggression an der Türe - ein Lösungsweg mit Trainingsbeschreibung


Bärenkind

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Bärenkind

Soeben habe ich folgende PN von Heike bekommen und möchte gerne öffentlich antworten, da dieses Problem auch noch viele andere Hundehalter haben.

Ich haben einen fast 9 Jahre alten Spitz Mix und es ist mein erster eigener Hund.

Er ist eigentlich super erzogen aber ein ganz großes Problem bekomme ich einfach nicht in den Griff.

Jedes mal wenn es an der Tür klingelt will er der erste sein der den Besuch begrüß und das mit einem gebell das so schnell kein Ende nimmt. Ganz schlimm is es wenn männliche Freunde vorbei kommen oder es der Paketbote is.

Ich bin schon verzweifelt. :(

Hab soviel schon versucht. Im Wohnzimmer anbinden oder einfach die Tür zumachen wenn ich zur Wohnungstür geh aber dann "dreht" er erst recht durch und wird noch wilder und so. Er macht es aber nicht nur hier zu Hause sondern einfach überall wo wir sind. Bei meinen Eltern und Freunden. Bei jedem Klingeln das gleiche Schauspiel. :motz:

Wäre super wenn du einen oder zwei Ratschläge für mich hättest.

Liebe Grüße Heike

Man beginnt das Training dafür nicht erst, wenn es an der Türe klingelt, sondern das ist ein langer Aufbau, der ohne jeglichen Reiz beginnt.

Ich positioniere das Körbchen eines Hundes, der dieses Verhalten zeigt, nicht in Türnähe, sondern möglichst weit weg, von wo er den Eingang nicht kontrollieren kann. Liegt das Körbchen im Eingangsbereich, gebe ich meinem Hund den Job, Türsteher zu sein und überforder ihn damit. Eine Überforderung zeigt sich durch das von Dir beschribene hohe Erregungsniveau, wenn jemand kommt.

Das Körbchentraining beginne ich, wenn nichts los ist, wenn ich Zeit und Lust dazu habe.

Ich schicke meinen Hund hinein, freundlich aber bestimmt. Geht er nicht, führe ich ihn (evtl. an einer Hausleine, damit ich nicht direkt ans Halsband packen muss) dorthin. Ob er liegt oder sitzt oder Kopfstand macht, ist mir egal, Hauptsache er ist DRIN.

Ich drehe mich um, gehe einen Schritt weg und bestätige ihn verbal fürs Drinbleiben. Steh er auf und folgt mir, mache ich eine sehr deutliche Körperbewegung auf ihn zu und SCHIEBE ihn sehr nachhaltig und unfreundlich wieder dorthin zurück. KEIN LOB FÜR DIE KORREKTUR. Lässt er sich nicht schieben, nehme ich die Hausleine und führe ihn sehr unfreundlich wieder in seinen Korb (oder auf seine Decke).

Ich wiederhole das Weggehen und bestätige sein Bleiben. Das mache ich alles ohne große Worte. "Geh Decke" einmal, danach sofort durchsetzen. Durchsetzen und Korrigieren niemals bestätigen, sonst kann das Fehlverhalten extra gezeigt werden, um Aufmerksamkeit und Bestätigung zu erhalten.

Das Bestreben sollte sein, möglichst viel das richtige Verhalten, also das Bleiben, zu bestätigen und möglichst selten, aber dafür SEHR NACHHALTIG das Fehlverhalten zu korrigieren. Wird das Fehlverhalen immer wieder gezeigt, ist die Korrektur zu lasch oder unklar.

Kann ich einen gewissen Radius gehen, ohne dass der Hund heraus kommt, habe ich ein paar Mal gelobt, löse ich das Bleiben mit einem Signal "okay" oder so auf, er darf heraus kommen, aber ich beachte ihn nicht weiter und mache etwas anderes. Das Herauskommen dürfen sollte nicht wichtiger sein als das dort bleiben, sondern umgekeht. Das Verbleiben auf dem Lager sollte TOLL sein, aber auch nicht mit zu viel Futter zu Spannung und Erregung führen. Bei manchen Hunden eignet sich Futter zur Bestätigung gar nicht. Ob Deiner so einer ist, weiß ich aus der Entfernung her leider nicht.

Alle Aktionen sollten von Dir emotionslos und souverän gemeistert werden, nicht hektisch werden, nicht emotional werden, nicht rumschreien.

Der Radius dehnt sich von Übung zu Übung weiter aus. Du gehst aus dem Zimmer, machst draußen Geräusche, nimmst die Leine, klapperst mit dem Schuhschrank, was auch immer. Bestätigung und Korrektur immer so wie oben beschrieben. Auflösen des Bleibens mal nach 2 Minunten, mal nach 5, mal nach 10.

Überlege Dir eine Tätigkeit, Flur wischen, Geschirrspüler ausräumen, wo Du keinen Druck hast, und den Hund immer wieder korrigieren kannst, sofern nötig.

Eine Führungsperson sollte einen Hund immer und überall in seiner Bewegungsfreiheit einschränken können. Hunde, die keine Auffälligkeit zeigen, brauchen das alles nicht. Man sollte es aber können.

Wenn Du Dein eigenes Reizpotential ausgeschöpft hast, also er bei allen Reizen, die Du selbst herstellen kannst (Wohnungstüre auf und zu, Leine klappern, Leckerliedose schütteln, Napf befüllen, keine Ahnung was...) und er immer auf dem Lager blieb, dann kannst Du Dir jemanden bestellen, der für dich klingelt. Diese Person weiß, dass Du nicht sofort an der Türe bist, sondern erst noch Deinen Hund ins Körbchen schicken musst. Lass Dir Zeit, bleib ruhig.

Das trainierst Du mit Bekannten und Freunden, Familienangehörigen etc., mit denen das vorher abgesprochen wurde. ALLE anderen, die unangemeldet kommen, wo Du schnell an der Türe sein musst, weil sie sonst wieder weg siind (Post etc.) löst Du über Türe zu, damit Dein Hund keinen Erfolg mehr durch Aufstehen und Verbellen hat.

DU begrüßt den Besuch, Du fertigst den Postboten ab, den Hausiere, wen auch immer. Dein Hund bleibt IMMER in seinem Korb, bis der Besuch drin ist, bis er von Dir begrüßt wurde, DANN kannst Du den Hund auflösen und er darf den Besuch ohne Erregung begrüßen. Du nimmst ihn einen wichtigen Job ab. Regt er sich dennoch auf, springt er den Besuch an, kläfft er rum, ende der Freiheit und zurück ins Körbchen.

So wird er lernen, Dir die Dinge zu überlassen, die ihn so aufregen und er wird sich runter fahren.

Sei Beharrlich und Konsequent. Keine Ausnahnmen, langsmer Aufbau, und wenn Du 2 Monate dafür brauchst, bis es erregungsfrei klappt.

Wenn Fragen sind, her damit.

LG Anja

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Paeuli

Ich lese immer wieder "Hausleine". Gibt es die als solche zu kaufen oder bastelt man sowas selber?

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Bärenkind

Hausleine bedeutet nur, dass sie im Haus am Hund (und möglichst am Geschirr) dran ist und einfach mitläuft wie eine Schleppleine.

Das kann von der Paketschnur bist zur Wäscheleine alles sein. Wenn Hunde dazu neigen, sie zu benagen, sollte es etwas Widerstandsfähiges sein.

Es nimmt Hunden, die das schnelle Zupacken in Kopfnähe in aller Regel unangenehm finden, den zusätzlichen Stress aus der Korrektur. Fangespielchen unter Tischen und hinter Möbeln kann man damit abbrechen und Hunde, die zum Schnappen neigen, kann man so auf Distanz halten.

Kleine, leichte Hunde am Geschirr habe ich mittels Hausleine auch schon ins Körbchen "eingeflogen" ;) . Als mich einer mal ernsthaft gebissen hat, rettete mich die Hausleine, um die Situation denoch durchzuziehen und ihm mit dem Beißen keinen Erfolg zu verschaffen. Auch er bekam einen kleinen Helikopterflug. Aber wie gesagt, das geht nur bei kleinen Hunden am Geschirr und sollte nicht das Ziel sein.

LG Anja

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Blackyschatz

Habs zwar schon per PM gemacht, möchte es hier aber nochmal tun.

Danke...

werde das so mal versuchen...

Drückt mir mal die Daumen

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Cupper

Hallo,

ein Super Lehrgang von Anja !

So etwas habe ich mir immer in Foren gewünscht. Den Beitrag sollte man aufmerksam lesen, was nicht gleich klar ist auch mehrere Male und genauso wie beschrieben in die Praxis umsetzten

Unser Hundetrainer reitet zur Zeit im Grundkurs auch sehr lange auf dem "Bleib" Komando herum.

Das kann ich jetzt sehr gut mit dem Bericht ergänzen.

Mein kleiner AZUBI (Aussie 6 Monate) muß die Zeit in der wir essen auch auf einem Platz im "Bleib" verbringen. Klappt auch schon recht gut.

Anja mach weiter so !!!

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Julia und Arno

Wie lös ich das Problem wenn ich 2 Hunde haben die so reagieren,aber aufgrund der Räumlichen lage die Decken bzw. Körbchen in 2 verschiedenen Räumen liegen. Erst mit dem einem üben bis es sitz und danach mit dem anderem? Oder von einem Raum zum anderen wandern?

Lieber gruß Julia

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campina

Hallo Anja,

vielen Dank für deine ausführliceh Beschreibung hier. Ich lese immer sehr gerne deine Beiträge und Antworten, die mich immer sehr zum Denken anregen und dann natürlich auch zum Handeln ;), mit.

Mit Lobis hab ich ein ähnliches Problem allerdings verläuft das in etwas andere Bahnen ( http://www.polar-chat.de/topic_33611.html ).

Sie bleibt auf ihrem Platz ( das kann Korb sein, Decke oder irgendwo wo man sie ablegt) fährt sich aber nicht runter!

Bei uns sieht es so aus, es klingelt, Lobis in Alarm bereitschaft. Sie weiß sie soll dann nicht zur Tür, kommt dann zu mir. Ich schicke sie in den Korb oder lass sie auf dem Wohnzimmerteppich warten ( also sag zu ihr bleib). Geh dann zu Tür und öffne diese. Soweit so gut sie bleibt auf ihren Platz aber ihr Geräuschpegel ist dennoch recht nervig :Oo . Sie bellt nicht direkt es ist eher ein fiepen, winseln, jaulen...

Was kann ich da tun?

Generell steht ihr Korb im Flur, da wenn wir weggehen das Wohnzimmer zugemacht wird. Kann ch den Korb wenn wir da sind aus dem Flubereich wegnehmen und nur dann hinstellen, wenn sie im Flur bleibt( also wenn wir weg sind) oder verwirre ich sie damit?

Liebe Grüße

Sabrina

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Bärenkind

Puh, Julia... Du wieder... ;) . Warum müssen sie getrennt wohnen?

Einer Box, Türe zu, anderer übt. Dann wechseln? Reiz so gering halten, bis es mit beiden im kleinen Radius klappt, dann gemeinsam ausweiten...

Wäre so meine spontane Idee.

Meine ehrliche Meinung: Niemals einen Zweithund anschaffen, bevor sowas mit einem nicht möglich ist ;) . Aber das hilft nicht... musste aber trotzdem raus... sorry :) .

LG Anja

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campina

Bei einfachen Reizen, wie zum Beispiel mit Futterdose Geräusche machen oder Tür auf und zu führt noch zu keinem Geräuschpegel aber bei dem Tür Geräusch ist sie dann schon sehr interessiert genauso verhält es sich wenn ich es an der Tür nur klingeln lasse. Sie wird aufgeregt aber gibt noch nicht soviel Geräsuche von sich, sobald sie aber eine menschliche Stimme hört fängt sie an.

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Bärenkind

Sabrina, ich gehe davon aus, dass auch andere Alltagsfaktoren dazu führen, dass sie so erregt ist. Die Führung nur anhand dieser Übung zu etablieren, ist natürlich Utopie.

Erregung und Geräusche sollten immer ignoriert und/oder abgestellt werden, nur das sprengt definitiv den Rahmen eines Forums, da die möglichen Ursachen dafür mannigfaltig sind.

LG Anja

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