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Aggression gegen andere Hunde - ehemaliger Kampfhund?


Urmeli

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Also, ich weiß gar nicht wie ich richtig anfangen soll mit diesem Problem.

Vielleicht schildere ich erst einmal meine Geschichte:

Im Januar haben wir unseren ersten Hund bekommen. Jagdterrier Dame, ca. 2 Jahre alt, Straßenhund aus Ungarn. Sie kam via Transport direkt zu uns. Anfangs hatten wir ein paar Probleme, sie hatte sehr viel Angst, und einen enormen Jadgtrieb. Beides haben wir unter Kontrolle gebracht und sie kann aus jeder Situation abgerufen werden. Sie ist äußerst sozial, kann jeden Hund aus vielen Metern Entfernung abschätzen (kann sie hin, will er das nicht, ist er aggressiv, will er spielen etc.) und darf deshalb immer ohne Leine laufen, weil sie von alleine Abstand hält, wenn sie merkt, dass der Hund oder der Besitzer keinen Kontakt möchte. Soweit so gut.

Jedenfalls dachte ich, wir holen uns jetzt einen Zweithund, der ihr eventuell hilft, noch etwas selbstsicherer zu werden (was auch geklappt hat, und die Maus hört immer noch einwandfrei). Wir haben uns wieder für einen Jagdterrier aus Ungarn entschieden, da die armen Kerlchen fast keine Chance auf Vermittlung haben (meist lebenslang an der Leine, wegen Jagdtrieb etc.). Nachdem wir wollten, dass die beiden sich auch sicher vertragen, sind wir direkt nach Ungarn in das Tierheim/ die Tötung gefahren und haben uns diesen Hund angesehen. Uns wurde anfangs erzählt, er wäre mit allen Hunden verträglich. Sonst hätten wir das wahrscheinlich gar nicht probiert. Jedenfalls wurde uns erzählt, dass der Arme schon seit 4 Jahren (er ist 5, kastriert) in diesem Käfig sitzt. Haben wir uns also angesehen, der Käfig hatte ungefähr die Ausmaße 70x80 cm, also wahnsinnig klein, und war zudem noch in einem sehr dunklen Schuppen. Dann erzählten sie uns, das Kerlchen wäre „aggressivo“. Ok, auch gut, damit kann ich schon irgendwie umgehen, hatte bei anderen aggressiven Hunden auch nie Probleme, ihnen die Flausen auszutreiben. Ok, Jagdterrier sind so ein eigenes Völkchen, aber das ist ein anderes Thema.

Die netten Leute vom Tierheim (wirklich nett, sie geben alles was sie haben für die Hunde, so viel wie es in ihrer Macht steht!!) haben ihn dann mal in den Freilauf gelassen, damit wir sehen wie er sich verhält (unser Mädel war da noch nicht dabei, natürlich). Alles wie erwartet, total aufgedreht, rumgerast, gebuddelt, Ball gespielt etc. Was will man auch anderes erwarten nach 4 Jahren Einzelhaft im Käfig. Mit Menschen ist dieser Hund super, er schleckt einem das Gesicht ab und ist überaus lieb, wenn anfangs doch recht dominant – aber nicht aggressiv. So wie wir das verstanden haben (diverse Sprachprobleme, da Unterhaltung in gebrochenem Englisch), war er anfangs mit Hunden ok, dann jedoch fing er an eine Aggression zu entwickeln (Futter). Ok, dachte ich mir, Futteraggression, halb so schlimm. Na gut. Hund an die Leine, unser Mädel an die Leine und dann einfach mal nebeneinander Losspaziert. Er hat sich erst mal nur fürs Schnüffeln an irgendwelchen Ecken und Kanten interessiert (klar, kannte ja nichts mehr  evtl. Deprivationsstörung?!) und dann hat er angefangen, meine Maus zu attackieren. Jetzt bloß nicht aufgeben, dachte ich mir. Und der Käse war gegessen. Nach 2 Stunden waren die beiden beste Freunde. Sie bleiben alleine daheim, fressen aus dem gleichen Napf, spielen (da hat er übrigens eine Beisshemmung! Achja, spielen war erst nach ca. 8 Tagen, er konnte keine Spielaufforderung verstehen, aber dank meines sozialen Mädels, ging das schnell).

Ok, wir haben das Kerlchen also eingepackt. Unsere kleine Teewurst. Der erste volle Tag mit der Teewurst war allerdings eine Katastrophe. Wir wollten gerade in einen Nationalpark und waren am bezahlen. Da kommt von hinten ein unangeleinter Schäferhund an die Teewurst und wollte nur Schnüffeln. Ein ganz großer Fehler. Wir hatten überhaupt keine Zeit zu reagieren, schon hatte die Teewurst den Großen angefallen und verbiss sich in den Hals des Gegners. Einfach so, ohne Vorwarnung. Mein Freund hat ihn dann im Nacken gepackt, hochgehoben – und hat den gesamten Schäferhund mit in die Luft gezogen. Nur Würgen hat geholfen, dann hat er losgelassen. Seit diesem Vorfall gingen wir also nur noch mit Maulkorb spazieren. Immer das gleiche: er fixiert, stemmt sich gegen die Leine, und will direkt an die sog. „Gurgel“. Er hat nur eine Absicht: töten. Er bellt nicht, er knurrt nicht, er hat den Schwanz schräg nach oben und wedelt so ein „oh Gott-bitte-lass-mich-zubeissen-Wedeln“ und dann schnellt er wie ein Krokodil vorwärts Richtung Hals. Und egal wie lange ich mit dem anderen Hund/Hundebesitzer spazieren gehe (z.B. 2 Stunden) es ändert sich nichts, außer dass er dann das typische Jagdterrier-Schreien anfängt.

Mittlerweile haben wir schon alles durch: Ablenkung mit Futter, Spielzeug (Ball, da ist er normalerweise ganz fixiert drauf), vom Weg abdrängen, den Blickkontakt verstellen, seinen Blick auf mich richten, Bestrafung im Sinne von einem „shh“ oder „nein“ oder zur Seite rempeln oder in die Seitenlage bringen und halten (er gibt auch nach 45 Minuten nicht auf!). Es interessiert ihn nicht die Bohne. Außer man wird richtig böse, dann ist für ein paar Meter Schluss.

Also habe ich mir gedacht, statuieren wir eben die Probe aufs Exempel: Hund eingepackt, zum Gnadenhof gefahren, Maulkorb dran und in das Rudel (28 Hunde, alle offen im Haus und Garten gehalten in einem friedlichen Rudel) reingeworfen. Da denkt man er würde still werden? Nö. Ran an den Rudelführer. Der hat Panik bekommen und das wars. Nach 3 Stunden hat sich unser Kleiner etwas beruhigt, weil er ja doch nicht alle Hunde fixieren konnte und hat sich dann das erste mal hingesetzt. Aber die Stille konnte jede Sekunde wieder umschwappen. Ok, also Hund am nächsten Tag nochmal hin  nach 2 Stunden konnte man ihm den Maulkorb abnehmen. Achja, noch zur Info: es war egal, ob wir dabei waren oder nicht, auch ob unser Mädel dabei war oder nicht. Leider können wir jetzt dort nicht mehr hin, da der Besitzer des Gnadenhofes die Diagnose Krebs bekommen hat und leider keine Zeit mehr für uns hat (völlig verständlich, wir sind ihm unendlich dankbar!!).

Es ist jetzt kontinuierlich etwas besser geworden, allerdings würde er immer noch töten wollen, er führt sich bloß an der Leine nicht mehr so arg auf. Mittlerweile darf er frei laufen, wenn kein anderer Hund in Sicht ist und kommt auch zuverlässig wieder. Ich weiß, so etwas braucht Zeit, aber ich wollte nur fragen, ob ich vielleicht irgendetwas vergessen habe oder ob ich mich zusätzlich noch anders verhalten soll?

Zusatzinformation:

Er hatte anfangs im Haus markiert (nicht gepinkelt!! Markiert!) auch meinen Freund hatte er schon erwischt… Das gab riesen Ärger und er macht es jetzt nicht mehr. Außerdem ist er kerngesund, alles beim Tierarzt überprüft. Auch hormonell ist alles ok. Soweit ich das einschätzen kann hat unsere Teewurst eine Verhaltensstörung (pathologisch, neurotisch) und die Aggressionen sind meiner Meinung nach dominant-aggressiv (auf keinen Fall Angstaggression!) und dysfunktional und antrainiert. Sie gehen gegen alle Rassen, alle Geschlechter, alle Farben und alle Größen. Uns wurde schon 3 mal mitgeteilt wir sollen den Hund einschläfern. Das werde ich niemals tun. Der Tierarzt meinte, unser Hund hätte die typischen Verhaltensweisen eines ausgebildeten Kampfhundes. Seht ihr da vielleicht noch Hoffnung? Also aufgeben werde ich niemals. Aber habt ihr vielleicht noch irgendwelche Tipps für uns? Tut mir Leid, dass das hier so lange geworden ist, aber kürzer kann ich das Ganze nicht beschreiben…

Dafür gibt es hier noch ein Video von ihm. Wir haben bewusst nicht eingegriffen, da wir sehen wollten was passiert (Besitzer war einverstanden, Maulkorb war dran).

Vielen Dank für’s Lesen!!!

Anja mit Rosi und Teewurst Valentin

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Joss the Dog

Töten würde ich ihn auch nicht, sprich einschläfern lassen.

Allerdings würde ich ihn draußen auch nicht ohne Maulkorb herumlaufen lassen, ehrlich gesagt - es kann immer passieren, dass man mal andere Hunde übersieht - und dann? Muss ja nicht sein, dann lieber gesichert.

Was mich am Meisten wundert: Woher wisst Ihr, dass er auch nach 45 Minuten nicht aufgibt? Ihr habt ihn doch nicht 45 Minuten runtergedrückt?

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Das Video ist ganz schon traurig :( So wie er sich benimmt ist er in erster Linie eine Gefahr fuer sich selber :(

Ich finde es sehr gut das ihr ihn sichert und mit ihm arbeitet. Es ist ja auch nicht so als wenn ihr noch keine Verbesserung erreicht haettet, wer weiss schon was ihr noch alles schafft.

Ich kenne in ganz Deutschland nur einen Hundetrainer, dem ich persoenlich ein solches Kaliber Hund zutraue, aber der sitzt am anderen Ende.

Alles Gute fuer euch.

(ich hab uebrigens eine Mettwurst neben mir sitzen, eine ganz Suesse, wenn er allerdings dumm ist, dann ist er eine Bockwurst :D )

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Hui ,

Originalbeitrag

. Wir haben bewusst nicht eingegriffen, da wir sehen wollten was passiert

...und der Hund wieder mal erfahren konnte , das ihm nix passiert !

Ihr braucht professionelle und kompetente Hilfe - am besten Gestern !

Da sollt ihr den weitesten Weg nicht scheuen !

LG Jörg

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Tina+Sammy

Hmm... Ich kenne einige DJT. Die meisten werden von den hiesigen Jägern geführt.

Die sind absolut nicht kompatibel mit anderen Hunden.

Da seh ich auch zu, dass ich meine flott rangerufen bekomme.

Auch bei denen, wo die Jäger sehr viel Wert auf eine gute Sozialisierung gelegt haben, kommt mit der Geschlechtsreife die Aggression gegen andere Hunde.

Die meisten leben in einem 2er Rudel, mal gemischt, mal gleichgeschlechtlich.

Interessanterweise kommt es auch bei denen intern nie zu Beissereien, eher sogar im Gegenteil: Sie leben sehr harmonisch miteinander.

Ich kenn mich mit Jagdterriern nicht sonderlich gut aus, aber ist es evtl möglich, dass manche dass einfach in den Genen haben? :think:

Weil auch hier bei uns gibt es einige wenige, die sehr freundlich auf andere Hunde zugehen und auch im direkten Kontakt höflich und nett bleiben.

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Bulldog Trio

lese ich das richtig, das er deiner Hündin NIE was tut?

wenn dem so ist.. ich kenn viele Hunde die keine andere mögen... kann man nicht ändern..

versuch ihn von anderen Hunden fern zu halten , geh Gassi wo keiner ist...lass ihn mit deinem Mädel rennen toben spielen und freu dich das er zu Menschen lieb ist

ich glaube man kann sich nicht vorstellen was das für einen Hund bedeutet Jahrelang in einem Käfig in der dunkelheit wegetiren zu müssen .. erinnert mich ein wenig an Kaspar Hauser ...

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Kati,

meinst du Thomas Baumann?

An den habe ich gedacht, als ich das Video sah und Urmelis Bericht gelesen habe.

Ich würd da mal Kontakt aufnehmen: www.hundezentrum-baumann.de

Armer Kerl, der Hund.

Aber gut, dass er bei Leuten ist, die sich kümmern und noch einen Weg suchen. :respekt:

Ich wünsche euch und Valentin, dass es eine Lösung gibt, die sowohl Hund alsauch Mensch ein gutes Miteinander ermöglichen. :knuddel

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Der Baumann war auch mein erster Gedanke und ich würde das Geld und die Fahrt echt investieren.

Ansonsten würde ich einfach zusehen das der Hund nicht ohne MK rumläuft weil es einfach zu gefährlich ist.

Weißt du noch irgendwas aus seiner Vergangenheit das vielleicht daher die Aggressionen kommen ?

Geht er ansonsten nur an Rüden oder macht er da draußen keine Ausnahme ?

Lg Birgit

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Also ich würde zu einem verhaltenstherapeuten gehen. Ich finde persönlich Christiane wergowski gut. Schau doch einfach mal bei bhv-net.de nach Verhaltenstherapeuten.

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Ich kenne weiss Gott nicht alle BHV-Trainer, aber ganz ehrlich? sich irgendeinen Trainer aus dem Netz zu suchen um einen solchen Hund zu therapieren kann ziemlich gewaltig nach hinten losgehen...

Dann lieber weiter fahren und wissen, dass man gut aufgehoben ist :)

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