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Zusammenhang von Leinenruck und aggressivem Verhalten


Juline

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Juline

Eine plausible Erklärung für den Zusammenhang von Leinenruck und aggressivem Verhalten mag u. a. in dem Umstand begründet sein, dass der durch einen heftigen Leinenruck ausgelöste Schmerz nicht mit dem ausführenden Hundehalter, sondern mit z. B. dem ihm gegenüberstehenden, ihn drohfixierenden Artgenossen verknüpft wird. Als Handlungsmaxime agiert der leinengeruckte Hund dann nach dem Motto «Angriff ist die beste Verteidigung». Hinzukommen kann, dass bei sich gegenseitig drohfixierenden Hunden an der Leine der Leinenruck als eine Art «Startschuss» von den beteiligten Tieren fehlinterpretiert wird. Die Phase des gegenseitigen Drohfixierens wird in der Verhaltensökologie als Nerven- oder Abnutzungskampf («war-of-attrition») bezeichnet, bei dem keiner nachgeben darf. Wird ein Beteiligter aber jetzt zurückgezogen, bleibt ihm nur noch der sofortige Angriff, um die vermeintliche Schwäche des erzwungenen Zurückweichens zu übertönen. Diese Vorgehensweise wiederum wird dann sehr schnell, u. a. durch die Wirkung des Noradrenalins als Lernverstärker, für die Zukunft fixiert.

 

http://hundemagazin.ch/rassentypische-verhaltens-und-hormonprobleme-bei-hunden-3/

Das hab ich in einem Artikel über Molosser und sogenannte Listenhunde gefunden, und fand diesen Ansatz sehr interessant -nicht in Bezug auf Listenhunde, sondern ganz allgemein.

Der Begriff des Nerven- und Abnutzungskampfes war mir nicht bekannt, aber wenn ich so nachdenke, passt er ziemlich gut, und auch Tschuli führt diesen Kampf sehr gerne. Und es stimmt, eine falsche Reaktion (von mir / vom anderen Hund) und sie geht vorwärts.

Ich käme nicht auf die Idee, an der Leine zu rucken, aber tatsächlich sieht man das leider sehr oft. Und tatsächlich geht meistens genau in dem Moment das Gebrüll los.

(Es gibt Strategien, Tschuli dazu zu bringen, von sich aus aufzulösen.

Und sie selbst hat natürlich auch ein paar eigene Strategien entwickelt, die beliebteste und bekannteste ist das Umkreisen mit stocksteifen Beinen -was ich aber wenn möglich verhindere, weil das eskalieren kann- dann abwenden, dreibeinig pinkeln, davonstaksen. Aber das ist ein anderes Thema.)

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Ninchen0_15

Ich kenn das seit meinem ersten Hund, damals (so vor 170 Jahren :() war ein ganz sicherer Auslöser für ein Kämpfchen (hat damals aber noch nicht gleich solche Panik bei de Menschen ausgelöst wie heutzutage häufig), immer der gestartete Versuch, dieses Drohfixieren mit einem Griff ins Halsband und Zurückziehen des Hundes zu beenden.

Da habe ich schnell gelernt, das bleiben zu lassen! :)

Nerven- oder Abnutzungskampf war mir aber bis eben auch noch kein Begriff!

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Das ist durchaus interessant. Der Leinenruck ist als "Korrekturmaßnahme" noch immer ein bei vielen Blindenführhundeschulen propagiertes Mittel, welches Sehbehinderten als Rüstzeug für ihren Alltag mit dem Führhund mitgegeben wird. Die meisten mir bekannten BFH (und das sind inzwischen einige) und vorallem jene aus solchen "Schulen" reagieren auf den Leinenruck mit einem Verhalten, welches am ehesten mit "resignativ" zu beschreiben ist.

 

so weit

Maico

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Juline

Die meisten mir bekannten BFH (und das sind inzwischen einige) und vorallem jene aus solchen "Schulen" reagieren auf den Leinenruck mit einem Verhalten, welches am ehesten mit "resignativ" zu beschreiben ist.

Es liegt wahrscheinlich am Charakter des Hundes, wie er reagiert -wenn man mal Blochs Einteilung in A-Typen und B-Typen heranzieht (und die Mischtypen außer acht lässt) sind es wohl am ehesten die B-Typen, die für die Blindenführarbeit verwendet werden oder? Retriever und Co... bei denen ich in den verschiedensten Situationen schon Rückzug /Abwarten/ Starre und Resignation beobachtet habe, in denen ein A-Typ austickt und vorwärts donnert.

In diesem Fall dient der Leinenruck wohl am ehesten der Einschüchterung ---die ja schon immer gern "Korrektur" genannt wird :wacko:

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Juline

damals (so vor 170 Jahren :() war ein ganz sicherer Auslöser für ein Kämpfchen (hat damals aber noch nicht gleich solche Panik bei de Menschen ausgelöst wie heutzutage häufig), immer der gestartete Versuch, dieses Drohfixieren mit einem Griff ins Halsband und Zurückziehen des Hundes zu beenden.

Genau, daher der immer wieder zugerufene Rat: NICHT REINFASSEN; WEGGEHEN! ICH GEH IN DIE ANDERE RICHTUNG! WIEDERSEHEN!

Manche HuHa gehorchen ja dann sogar :)

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sind es wohl am ehesten die B-Typen, die für die Blindenführarbeit verwendet werden oder? Retriever und Co...

 

Reine B Typen scheitern. Ich hatte nun in den letzten Jahren 2 Fälle miterlebt, wo zwei weiße Schäferhunde (klassische B-Typen) mit dem Streß nicht klar gekommen waren. Und obwohl die Ausbildung nicht in den klassischen (nennen wir es mal rustikalen) Schulen stattfand, sondern von wirklich kompetenten Verhaltenstierärzten zumindest großteils begleitet wurde.

In der Tat würde ich auch dazu neigen, daß B Typen eher resignieren, aber brauchbare BFH sollten insgesamt eher ausgewogen im Verhalten sein, vielleicht sogar leicht ins A-typische tendieren. Die guten BFHs in meinem Bekanntenkreis sind durchaus eher A-typisch. 

 

so weit

Maico

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Ich versteh alles was dagegen spricht ,fehlt noch nutzt nix.

Einen Hund der deshalb aggressiv geworden ist hab ich aber noch nicht gesehen.

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Vor einer kleinen Ewigkeit war ich aktives Mitglied in einem Schäferhundeverein, in dem noch fast ausschließlich mit Stachelhalsband "trainiert" wurde. Alà das ahmt den Nackenbiss der Mutter nach, als Erklärung, weshalb man das so macht. Nur gaaanz wenige verwendeten "nur Kette" zum arbeiten.

Ich war damals mit dem Schäfer-Hovawart dort, weil der Menschen und andere Hunde anging - massiv.

Hatte natürlich seine Vorgeschichte, die ich heute verstehe - damals noch nicht. Erzogen wurde er von klein auf mittes "Leinenimpulsen", auch in der Unsicherheitsphase,

Also fing ich die ersten paar Mal auch damit an, wie es mir erklärt wurde und tatsächlich, nach wenigen "richtig getimten Rucken" hielt er die Klappe und ging nicht mehr nach vorne...............scheinbar.

Allerdings flippte er dann unvermittelt plötzlich in Situationen extrem aus, für mich vollkommen unerklärlich waren...damals. So zB. griff er plötzlich ohne Vorwarnen wie in einem Anfall seinen oder andere Schatten an. Er stand kurz vorm Einschläfern, weil gefährlich.

Ich habs aber dann vom Bauch her gecheckt, dass da ein Zusammenhang vorhanden sein muss, hab angefangen mich umfassend zu informieren und hab ganz viel beobachtet. 

Hab dann mein Verhalten vollkommen umgestellt, nur noch über Belohnung und positiver Verstärkung erwünschten Verhaltens gearbeitet.

Zuhause und draußen trug er Maulkorb, wenn Fremde anwesend waren. Jeder war angewiesen, ihn nicht zu streicheln, ihm nicht in die Augen zu sehen, aber wenn er rankommt und Kontakt auf nimmt, wortlos ein Leckerliebröckchen durch den Maulkorb zu schieben. Draußen wurde er nicht mehr konfrontiert, sondern wir gingen Bögen oder drehten auch um, wenns zu nahe geworden wäre.

Ich wurde gewarnt, der sei und bleibe ein Verbrecher!

Dauerte knapp zwei Jahre, dass er ein total freundlicher Hund wurde, der viele Partys mit meinen Söhnen und deren Freunden mitgefeiert hat, ohne auch nur noch ein einziges Mal aggressiv auf jemanden zu reagieren. Lebenslang!

 

Ich war jahrelang in dem SH-Verein und konnte über mehrere Jahre einzelne Hunde beobachtend begleiten. Die Hunde, die von klein an oder in der Pubertät schon Unsicherheit gezeigt hatten und konsequent zurecht geruckt worden waren, wurden ausnahmslos "schwierige" Hunde, mehrere davon haben im Alter von 3-7 Jahren schwächere Familienmitglieder massiv angegangen und wurden getötet. Am Platz perfekt gehorsam, solange sie unter der "Führung" des Herrn und Meister waren, stürzten sie sich draußen auf andere Hunde - ohne auch nur den Ansatz konfliktvermeidender Kommunikation zu zeigen. Da gabs Beißereien, bei denen die Halter bei den Trennungsversuchen ziemlich blutig was abbekommen haben. War "normal".

 

Natürlich gabs auch vereinzelte, vollkommen souveräne Hunde, die ein Leben lang unauffällig blieben. Also nicht JEDER wurde aggressiv.

 

Aber wer mir erzählen will, da gibts keinen Zusammenhang zwischen Leinenrucken und Aggressivität, der soll mal über Jahre hinweg intensiv einzelne Hunde beobachtend begleiten und dann sprechen wir weiter.

 

Man kann nun anführen, die Hunde hätten ja schon Unsicherheiten gezeigt - ey, Hallo, die meisten Hunde haben Phasen, in denen sie mehr oder weniger Unsicherheiten zeigen und vor allem heutzutage, wo es immer mehr Vermehrerhunde, Auslandshunde gibt, die Defizite in der Sozialisation haben, ist das fatal.

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Juline

Einen Hund der deshalb aggressiv geworden ist hab ich aber noch nicht gesehen.

Man sieht ja nicht immer gleich solche Zusammenhänge.

Es liegt aber auf der Hand, dass das Verhältnis zwischen einem Hund und seinem Menschen, dem in blöden Situationen nichts anderes einfällt als an der Leine zu rucken, nicht gerade von Verständnis, Grips, Hilfsbereitschaft und Vertrauen geprägt ist.

Du sagst: nutzt nix, aber alles, was ich mit einem Lebewesen mache, hat eine Wirkung.

Was ist denn so ein Leinenruck?

Der Hund wird allein gelassen, es wird sich nicht um sein Anliegen gekümmert und zudem wird er gedeckelt /bestraft. Dafür dass er vielleicht Angst hat, unsicher ist, sich nict anders auszudrücken weiß -was auch immer, es geht ihm nicht gut, er zeigt das und pong Strafe von oben, von Mensch. Inklusive Desinteresse und -in der Regel- keine Verbesserung der Situation.

Und was ist denn Aggression? In den meisten Fällen doch nur der verzweifelte Versuch, sich den anderen vom Leib zu schaffen. Ein Verhalten, um den eigenen Pelz zu retten oder ganz einfach um Distanz zu schaffen.

Wenn ein Hund, dem nichts anderes gezeigt wird oder der daran gehindert wird, selbst etwas anderes auszuprobieren, (durch Lernerfahrung) aggressiv wird, dann finde ich das nicht verwunderlich, sondern logisch.

Und da ist der Leinenruck, wenn nicht ursächlich, doch zumindest passendes Beiwerk.

Duoungleich

so ähnliche Beobachtungen habe ich auch gemacht, und zwar leider besonders bei DSH :(

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Ich persöhnlich erkenne einen Zusammenhang zwischen Leinenruck und Aggressivität nur,wenn der Leinenruck im falschen Moment angewendet wird.

 

Das ist leider meistens das Problem.Ein Hund der sich schon "aufgebaut" hat,kann den Leinenruck nur als "stimulierend" erkennen.

 

Ansonsten gibt es himmelweite Unterschiede zwischen Leinenruck-und Leinenruck.

Ich kann ermunternd "zuppeln",kann "korrigierend "zuppeln,um beim Hund Aufmerksamkeit einzufordern.Ich kann aber auch massiv "rucken",dafür muss dann aber auch die entsprechende Situation vorhanden sein.

Entscheidend ist im das richtige Timing.

 

Hinzu kommt noch,das jeder HH seinen Hund richtig einschätzen muß.Es gibt Hunde die muß man z.B. extrem motivieren,bei anderen ist jede Ermunterung zu viel.Genauso verhält es sich beim Leinenruck.

 

Ein Leinenruck muß nicht immer als Korrektur angesehen werden.

 

LG Brigitte

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