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Intuition und Schematismus


gebemeinensenfdazu

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gebemeinensenfdazu

Da muß ich Bubuka Recht geben.

Intuition und Empathie geht im Zuge der landläufigen Hundeerziehung schlicht unter. Vielleicht liegt es am medialen Boom, an politischer Regulationswut, an beidem oder noch mehr, daß selbsternannte Hundeexperten, die dich offensichtlich ahnungslos erst nach der Rasse fragen, sich dann mit Erziehungsmaßnahmenanweisungen kaum einkriegen.

Zum Kotzen. Schon beim Welpen. Gerade beim Welpen, der dann - sollte man nicht gleich strafend klarmachen, wer hier was zu sagen hat- automatisch zur Bestie werden muesse.

Man greife zum Schema F... Mache ich jetzt mal... Schema : F*** off!

 

Bei uns war ja z. B . Beisshemmung sehr Thema. Sehr fangbetonte Spielweise, extreme Ungläubigkeit bei Quieken, gerne Reinsteigern etc.

So bin ich damit umgegangen:

Am 2.1.2017 um 17:43 schrieb gebemeinensenfdazu:

Wie hast du ihm denn bisher Beißhemmung beigebracht?

Bei uns geht das in Stufen:

1.Stufe Beissen in Körperteile oder Kleidung oder etwas anderes, das nicht kaputtgehen soll >>>>>>>>>>> "Nein" (langsam/ruhig ausgesprochen) und etwas Beißbares (z.B. Spielzeug) nehmen, loben, wenn das akzeptiert wird (ist mittlerweile meistens der Fall, Tendenz steigend) Anfangs haben wir es mit laut und hoch "Au!!" schreien probiert, das wurde uns nicht abgekauft, bzw. als normaler Spiellaut verbucht. Zwischenzeitlich hat sich das etwas geändert, es wird jetzt manchmal ungläubig geguckt.

Wenn das nicht wirkt

Stufe 2 (Reinsteigern). Spiel abbrechen. Aufstehen, ein paar Schritte weitergehen, ignorieren, bis der Hund die Lust verliert (klappt manchmal, in Hosenbeine Zehen usw. kann man zur Not ja auch beißen:D) oder wenn Stufe 1 schon länger dauerte: in den Arm nehmen, Beißbares geben ruhig reden und streicheln (klappt häufiger, man merkt, daß der Hund schlicht müde und überreizt ist)

Stufe 3 (Flash)

wenn alles nichts hilft und die Schmerzen zu krass werden: 30 Sek. Glastür dazwischen (haben wir echt selten machen müssen), so eine Raumtrennung verdirbt echt den Spaß, aber es sind noch alle da, niemand wird weggesperrt oder alleingelassen, daß wir noch sichtbar und hörbar sind ist mir wichtig.

 

Ich versuche mit dem Beissspielzeug geben zu vermitteln, wo es in Ordnung ist zu beißen und wo nicht. Wenn sie nur ganz vorsichtig die Hand ins Maul nimmt, unterbreche ich das nicht, sie ist da auch schon viel vorsichtiger geworden. Ins Maul nehmen und darauf Herumkauen, wild Toben ist erlaubt, aber mit Gegenständen oder Artgenossen.

Außerdem spielen Über- oder Unterforderung auch eine Rolle - eine Schilderung des Tagesablaufs ist meist ganz gut um etwas zu raten.

Wichtig ist ruhig zu bleiben und richtiges Verhalten zu loben, alles andere feuert das Spiel nur an oder führt zu Frustreaktionen.

Schreckreize verschlimmern die Problematik meist, und verhindern das, was der Welpe eigentlich will (aber er weiß noch nicht, wie es geht), nämlich es richtig machen.

Wenn man jetzt die ganzen Prophezeihungen vom beißenden Problemhund glaubt und man meint, daß man das nur mit harten Ansagen und "Durchgreifen" abwenden kann, hat man schon den Blick für das Hundeindividuum verloren. Und das Hundeindividuum in der Folge auch irgendwann den für den Menschen (und dann kriegt man vielleicht den "Problemhund").

Das hängt da richtig dazwischen. Man kann das richtig ausprobieren... Relativ zu Anfangszeit, als sie sich mal wieder richtig reingesteigert hatte, mit richtig viel Weißanteil im Auge habe ich sie einmal wütend weggeschubst und das Nein war sehr laut, weil es gerade sehr wehgetan hatte und blutete, da habe ich für einen Moment durch diese "Unheilsbrille" geguckt, die zu der Zeit Kind und Lebensgefährte trugen. Mann tat mir das dann leid, da habe ich sie nämlich mal im nächsten Moment richtig ANGEGUCKT.

Und mal analysiert, was da tatsächlich gerade vor mir ist und nicht, was passieren würde, wenn ein erwachsener Hund so abfährt. Das vernebelt die Sicht.

Da war ein Hund, der zum Glück nicht davon eingeschüchtert wurde, und weiter mit herzhaftem Zwicken zum Spiel aufforderte.

 

Weil er nicht wußte, daß es wehtat. Weil er nicht wußte anders zu spielen. Weil er gerne mit mir etwas zusammen machen wollte. Weil seine Geschwister ebenfalls wild und schmerzunempfindlich gewesen waren. Weil er das vermißte.

 

Genau weiß ich es nicht mehr, ich glaube entweder habe ich sie erst ignoriert und dann im Arm gehalten und beruhigt, vielleicht habe ich auch kurz die Glastür dazwischengeschoben, aber , was ich definitiv weiß, ist, sie war schnell beruhigt ich habe sie nie wieder durch diese Brille gesehen.

 

Das Nein hat sie sehr schnell begriffen und mittlerweile kann ich auch in beliebiger Variation ruhig und leicht genervt in kurzen Sätzen mitteilen, daß sie runterfahren kann. Lobe sofort, wenn sie das im Ansatz macht. Kein Problem. Sie hat da große Sensibilität entwickelt und liest genau. Das mit der menschlichen Haut ist zwar bedauerlich, aber sie findet sich ab. Spielaufforderung läuft nicht mehr über festes Zwicken in die Hand, sondern Anschleppen von Spielzeug.

Wie mißverständlich der Mensch wirken kann, merke ich noch manchmal, wenn Kind am Computer, beiläufig, weil am Bildschirm orientiert, den Hund festhält, wegdrückt, schubst und der Hund doch noch wildes Balgen wittert "Vielleicht gibt es endlich Hornhaut..." Natürlich ermahne ich früh und gehe dazwischen, es ist zwar etwas viel verlangt (ist halt noch Kind) aber auch nervig, weil mit etwas Aufmerksamkeit und konsequenter Handlungsweise (Griff zum Spielzeug oder aufstehen, und "nein, will jetzt nicht") das Ganze gar nicht nötig wäre.

So sieht man auch, daß der Hund individuell zuordnet. Laut werden und drastische Fuchtelgesten hat sich mein LG schnell abgewöhnt, das hat nur mehr befeuert und wenn man genau hingeguckt hat, auch kurz irritiert. Da bin ich auch dazwischengegangen. Die Brille trägt er nicht mehr, trotz Kollegenweisheiten und Google Schnellsuche.

 

 

Jetzt habe ich die Schnell-Suche rückblickend mal gemacht und sehe Postings in anderen Foren, von wegen, daß durch Zucht auf Triebhaftigkeit wahrscheinlich gar keine Beißhemmung mehr möglich sei, notfalls Wasser spritzen helfe, der Hund besser abgegeben werden sollte, nur ein Spezialausbildungstrainer etwas ausrichten vermöge und Ähnliches bei einem zehn Wochen alten Welpen...da wird einem doch schlecht.

Besser aufgehoben ist man da in SoKa - Forenbeiträgen.

Wahrscheinlich weil man sich da zwangsläufig immer wieder mit dieser Brille konfrontiert sieht.

 

Es gibt massig dieser Beispiele für intuitives, empathisches Vorgehen, ich habe jetzt dieses hier herausgegriffen, weil ich mich eben so geärgert habe und der Ärger-Thread noch geschlossen ist;)

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Nein, SO glaube ich das nicht. Es ist sogar bisweilen das Gegenteil der Fall:

 

"Intuition" (also "Bauchgefühl" bzw. inbewusst abgelegtes Wissen und nicht "zauberhaft durch Empathie gegebenes Wunderwissen") ist sogar oft die Legitimation für Gewalt.

 

"Das kann man doch nicht durchgehen lassen!" - "Das ist respektlos", usw.

Hört man immer wieder, gerade von gutulosen "Hundekennern"... das liegt vereinfacht an der sanktionsbasierten Gesellschaftsordnung, in der wir leben. Es ist ein Spiegel unserer eigenen Konfrontation mit Regeln und Konsequenzen bei Verstößen.

Nicht umsonst bin ich hier der Freak, weil ich auf "negative Konsequenten" weitestgehend verzichte. Das dachte ich aber auch schon vor mir, als ich noch aversiv erzog. ;) 

 

Gerade auch Bubuka, die Intuition und Empathie verloren glaubt, gab schon Tipps zu "Ansagen" und "Grenzsetzung", die ich ganz entgegen jeder Empathie empfand, wenn du sie hier als strahlendes Beispiel erwähnst. Keine Brutalitäten, aber sicher auch kein Feingefühl. 

 

Ind auch wenn man sich als Individualist versteht und mit Schlagworten dieser Art in Sachen Hundeerziehung um sich wirft:

Auch das Hundeinviduum lernt nach den gleichen Prinzipien und das Prinzip lautet:

Nachhaltigkeit durch Motivation.

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gebemeinensenfdazu

In Bezug auf Welpen fand ich viele ihrer Aussagen gut.

Und keine Angst, ich habe Angst vor Lobreden... keine Hommage hier.

 

Auch wenn ich ahne, daß wir das Thema in einem anderen Thread schonmal hatten und du vielleicht Antiwissenschaftsplädoyers vermutest, kann ich da beruhigen.

Es geht weniger um die Therapie als um die Diagnosestellung.

Schematismus geht immer am Individuum vorbei, das heißt nicht daß es bestimmte Grundsätze gibt. Und es kommt natürlich darauf an, welcher (Stichwort"landläufig", was zugegebenermaßen überall unterschiedlich ist - hier stoße ich zumindest auf viele längst widerlegte Mythen). Die bestimmten prinzipiell generell richtigen finden aber individuell unterschiedliche Gewichtung in ihrer Anwendung, insofern wäre hier Schematismus auch nicht gut.

 

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gebemeinensenfdazu

Vielleicht auch zu wenig Schlaf gerade, aber das geht etwas aneinander vorbei.

 

Es ging hier nicht um Maßnahmen und da stimme ich mit Nachhaltigkeit durch Motibvation voll überein (wenn auch beim Motivieren kein Schematismus funktioniert, jeder Hund fühlt sich durch bestimmte Dinge mehr belohnt als durch andere).

Sondern es ging um das Sehen, was man da vor sich hat und die landläufigen Stereotypen, die das Bild verdecken können, sprich: in diesem Fall "Wenn der Hund nicht auf Quietschen mit Aufhören reagiert, stimmt etwas nicht."

Aber ich komme mit dem Bearbeiten auch kaum hinterher, es ist schon früh:)

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Nebelfrei
vor 3 Stunden schrieb gebemeinensenfdazu:

 

Intuition und Empathie geht im Zuge der landläufigen Hundeerziehung schlicht unter.

 

 

Glaube ich nicht. Obwohl oder weil bei uns ja gewisse Kurse obligatorisch sind, erlebe ich kaum solche Situationen, dass HH nach Schema F des Hundeexperten X vorgehen.

Ich bin ja nicht auf Hundeplätten etc unterwegs, vielleicht ist es dort anders, aber so in freier Wildbahn auf Feld und Wald?

 

 

 

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gebemeinensenfdazu

Da ist bestimmt ein Unterschied, zwischen den Hundeplätzen gibt es doch auch große. Den Alphawurf mußte ich hier auch schon sehen und sonst: und bloß wenig Leckerlie und lieber kein Geschirr- läßt sich alles rigoros mißachten. Nur so entsteht halt mein Eindruck.

Wobei auch hier: ehemaliger Schutzdiensthelfer beim Gassigang heute in Bomberjacke und Übersechzig: "und dann gibt es hier HH mit einem Dobermann, ich finde solche Leute sollten besser keinen Hund halten,  schonmal gesehen, wenn Leute so an der Leine rucken, daß der Hund fliegt?", bzw. " die Seelchen muß man ganz liebevoll erziehen, nicht hart, nur liebevoll".

Hundeerziehungstipps und Weisheiten über Rassegefährlichkeit gibt es hier hauptsächlich von Nichthundehaltern.

Aber wir scheinen ja auch hier mittlerweile in eher fiesen Ecke zu stecken, die HH sind eigentlich fast alle in Ordnung, man begegnet zwar auch mal einem der dir von der Ampel erzählt, aber das läuft eigentlich.

Irgendwie hat sich das mit den klaren Ansagen in die Anschauung geschlichen und wurde glatt mit Härte verwechselt.

Zum Schematismus in der Anwendung:

 

Was mich zum schematischen Ansatz noch wundert:

 

Auf der einen Seite, soll man ja Dinge nie zulassen, weil sich der Hund das merkt und meint, das könne wieder so laufen. Dieselben Leute sagen dir aber "Die Aktion hat er doch nach 2 Sekunden wieder vergessen".

Ich glaube, Hunde können auch mal was bei Tisch kriegen und wann anders auch nicht mit "Nein, heute nicht", Bei denen, wo das Zugucken besonders schwer fällt, kann man das Leid mit den Ausnahmen natürlich ersparen. Aber hier finde ich einen schematisch-kategorischen Ansatz nicht unbedingt nötig.

 

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Nebelfrei
vor 2 Minuten schrieb gebemeinensenfdazu:

Hundeerziehungstipps und Weisheiten über Rassegefährlichkeit gibt es hier hauptsächlich von Nichthundehaltern.

 

Das stimmt :12_slight_smile: 

 

Genau wie die tollen Kindererziehungstipps von Leuten, die nie die Verantwortung für Kinder hatten :34_rolling_eyes: 

 

Ich bin wirklich offen und dankbar für Hinweise, manchmal ist man selbst ja in den eigenen Gewohnheiten gefangen. Was ich aber nie mache; ohne es nochmals durchzudenken Tipps direkt anwenden. Am Ende bin nur ich verantwortlich für das was ich mache.

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Gebemeinensenfdazu, ich finde auch deine Lösung, die du als intuitiv bezeichnest, ist ein Schema, was von modernen Hundeschulen ziemlich genau so empfohlen wird. :) 

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gebemeinensenfdazu

Gibt ja auch intuitive Schemata und "gute Lösungen" haben auch ein Schema.

Ein Schema kann gut sein, es muß nur das Richtige für eine Problemstellung sein.

Und was in einer Situation  angebracht ist, muß man halt erstmal feststellen, da immer gleich zu verfahren wäre aber Schematismus, der verhindern kann, daß das eigentliche Problem gar nicht gesehen wird.

Das meine ich mit Diagnose. Bei den Lösungsansätzen kann man getrost bestimmten Grundsätzen und Schemata folgen. Hier ging es mir um die Problemfeststellung. Und die ist -zumindest erlebe ich es hier in der Umgebung oft- schon da, bevor der Hund überhaupt beobachtet wurde. So in etwa "Solche Hunde haben die und die Probleme, und da muß man so und so dagegen angehen".

Und das fließt mehr oder weniger unterbewußt in die Bewertung selbst von Leuten ein, die ich und die sich gar nicht so eingeschätzt hätten und auch mal Hunde hatten(z.B. Lebensgefährte). Das waren richtige Schlüsselmomente, woman "Guck' doch mal hin sagen mußte" inmitten der Predigt, die so ganz am Tier vorbeiging.

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