Zum Inhalt springen
Registrieren

Jagdtrieb, wie gehe ich damit um?


gast

Empfohlene Beiträge

Hallo,

Ich lese hier im Forum oft den Begriff Jagdtrieb , meist in Verbindung mit Problemen beim Abruf. Ich beschäftige mich seit über 30 Jahren mit Jagdhunden und deren Ausbildung.

Angefangen mit der reinen Jagdausbildung, seit 14 Jahren zusätzlich auch Hunde, die nicht jagdlich eingesetzt werden sollen (Wo also genau dieses Verhalten eher stört).

Was ist der Jagdtrieb eigentlich ?

Der Jagdtrieb ist zu 2/3 Anlage und zu 1/3 anerzogen (durch den Hundeführer weiter ausgeprägt ). Werden die Hunde nicht jagdlich geführt oder ausgebildet, haben wir es also nur mit der reinen Anlage zu tun. Die Anlage ist über Jahrzehnte (bei einigen Rassen sogar über Jahrhunderte) angezüchtet worden. Der Hund macht also nichts anderes, als seinem Instinkt zu folgen.

Kann der Jagdtrieb unterdrückt werden ? NEIN !

Ein Jäger bleibt immer ein Jäger. Selbst Hunde, die sich über Jahre zurückhalten und keinen Jagd-Instinkt zeigen, legen plötzlich in der passenden Situation los. Dann höre ich immer wieder..... Das hat er noch nie gemacht...... Stimmt auch, Glück gehabt oder früh genug gerufen !

Kann ich den Jagdtrieb beherrschen ? JA !

Einfachste Möglichkeit: Ich lerne meinen Hund und sein Verhalten kennen. Das heißt, ich achte auf seine Reaktionen. Kein Hund rennt plötzlich los. Es sind immer Anzeichen zu erkennen, spätestens jetzt hat der Abruf zu erfolgen.

Verpasse ich diesen Moment ? Vergiss es, mach die Thermoskanne auf und warte. Verkneif dir jeden weiteren Ruf. Es bringt nichts, außer das man sich selber lächerlich macht.

Es gibt aber Möglichkeiten um auch dieses zu vermeiden.

Ein Jäger will seiner Passion nachgehen. Also lasse ich ihn ! Wie sagt man selbst bei Kindern ? Alles verbotene reizt !

Worauf er abfährt , das ist Erziehungssache . In seiner Anlage ist nirgendwo der Wildgeruch eingeprägt. Sie lassen sich sehr gut auf Ersatzstoffe konditionieren. Biete ihm regelmäßig z.B. Anisspuren an, die er suchen darf. Auch Mantrailing ist ein guter Ersatz .

Oder einfach regelmäßige Dummyarbeit und schon ist er beschäftigt !

Der Abruf selber lässt sich ebenfalls trainieren. Erst die Grundkommandos, bis diese sicher und UNMITTELBAR ausgeführt werden. Danach erste Übungen an der Schleppleine. Die Schleppleine NUR KURZ einsetzen um dem Hund zu zeigen was man von ihm will.

Die wirklichen Übungen müssen OHNE Leine ausgeführt werden. Ein eingezäuntes Grundstück mit entsprechender Größe ist dabei sehr hilfreich. Kurze Entfernungen zum Abruf immer größer werden lassen, aber erst wenn er auf kurzer Entfernung sicher und schnell kommt. Jedes zögern oder jeden Umweg SOFORT korrigieren.

Es gibt hierbei kein nur noch eben schnüffeln, mal eben noch das Bein heben oder den berühmten Bogen.

Pfiff oder Ruf = kürzester Weg zum HF , ohne Verzögerung !

So, ein längerer Beitrag. Bin mal auf eure Meinung und Erfahrungen dazu gespannt.

LG Thomas

Link zu diesem Kommentar
  • Antworten 154
  • Erstellt
  • Letzte Antwort

Top-Benutzer in diesem Thema

  • gast

    70

  • hansgeorg

    19

  • Lemmy

    11

  • TheGoldenFields

    7

Top-Benutzer in diesem Thema

Gute Frage!

Wie gehe ich damit um? Meine Hunde müssen sich auf dem vorgegebenen Weg halten und können am Wegesrand alles abschnuffeln, dürfen jedoch keinen Schritt darüber hinaus. Es erfolgt sofort ein Rückruf von mir und bei weiterem Ungehorsam Leinenzwang.

Das funktioniert sehr gut. Im Feld stehende Wildrudel zeigen meine Hunde an, jagen aber nicht hinterher, bleiben stehen.

Sie werden dennoch angeleint, weil ich ja nie weiß, in welche Richtung sich das Wildrudel bewegt. Würde es unseren Weg kreuzen, gäbe es kein Halten mehr, die Hunde gingen hinterher.

Und ja, ich muss vorausschauend denken und immer auf Nummer Sicher gehen. Es gäbe sicherlich den ein oder anderen Jagderfolg und damit kein kontrolliertes Laufen mehr.

Alternativ erlaube ich meinen Hunden - jeweils einzeln -, dass sie an der Suchleine Fährten aufspüren und suchen dürfen. Das kann auf freiem Feld sein (Herbst - nicht in der Brut/Setzzeit) oder auch mal quer durch den Wald.

Link zu diesem Kommentar
TheGoldenFields

Klingt einfach, erfordert aber in der Realität harte täglich Arbeit über Monate oder gar Jahre, wird aber dann sicher sehr gut funktionieren und dann ist noch lange nicht gesagt, wie der Hund reagiert, wenn er mal auf Wild, da bleibt letztlich auchdie Frage:

Was macht man mit sichtjagenden Hetzhunden, deren Verhalten lässt sich schlecht auf etwas anderes konditionieren, Die Hunde fixieren oft nur Sekunden und rennen schon, eh die menschliche Reaktionszeit abgelaufen ist und manchmal habe ich as Gefühl, so sehr man trainiert, in letzter Instanz werden diese Hunde am Wild nie kontrollierbar sein . . .

1 ist aber auf jeden Fall Fakt, ich finde die Zusammenarbeit mit Jagdhunden total spannend und denke es viele Möglichkeiten, die Hunde naturnah und nach ihren Fähigkeiten zu beschäftigen, auch wenn sie nicht Jagdglück geführt werden und das alles macht wirklich viel Spaß, weiljagdhunde meist einen sehr eigenen Charakter mitbringen und das mag ich sehr . . .

Link zu diesem Kommentar

Hallo Thomas,

Deinen Beitrag kann ich nahezu gänzlich befürworten.

Ich habe selber einen Terrier (Yorkshire ca. 5,8 kg zur Zeit ) aus alter Arbeitslinie und das was die Züchterin uns da angepriesen hat ( wird klein ca. 2 bis 3 kg und hat keinen Jagdinstinkt ;) ) stimmte so mal gar nicht. Interesant wenn man gleichzeitig einen Graupapagei hält ( den der Terrier für eine Taube hält :motz: ).

Aber nun gut man wächst mit seinen Aufgaben. Da es unser erster Hund ist haben wir natürlich (aus Unkenntnis zunächst) dem Anti-Jagdtraining nicht soviel Beachtung beigemessen wie ich es sich eigentlich gehören sollte, sonst wären wir sicherlich schon ein ganzes Stück weiter.

Unser Hund hat als Welpe schon keinen Folgetrieb ( oder wie nennt man das ?) gezeigt. Egal was ihm in die Nase kam es war wichtiger. Wir haben ein geschlossenes Grundstück (Garten 450 qm) aber ich denke viele haben das nicht, gerade in der Stadt. Und gerade in der Stadt ist Anti-Jagd-Training so gut wie unmöglich alleine schon wegen der Straßen und der Gefährdung die damit einhergeht. So bleiben viele eben an der Leine.

Wir haben jetzt wieder mit der Schleppleine angefangen und so langsam zeigen sich Fortschritte, aber wehe man verpasst den richtigen Zeitpunkt ;) Da unser Terrier noch den Hang hat vieles aufzunehmen und wir daran also auch noch intensiv arbeiten müssen ( was wir schon seit Welpenalter an tun :Oo ) muss er leider auch erstmal noch an der Leine bleiben.

Unter Ablenkung ist er auch nicht immer zuverlässig abrufbar so dass mir im Stdtbereich das Risiko noch zu groß ist, aber wir arbeiten daran.

Ich kann nur für meinen Hund sprechen , ist der nicht ausgelastet ( Suchspiele, Nasenarbeit, Intelligenzspiele was halt gerade so geht ) dann jagt er selbst im Stadtverkehr LKWs, Fahrrädern oder Bussen hinterher( an der Leine ).

Ich denke ein Hund mit Jagdtrieb macht doppelt bis dreifach soviel Arbeit wie ein nicht jagdlich ambitionierter Hund es sei denn man nimmt den Hund als das was er ist, als Jagdhund.

Link zu diesem Kommentar

Thomas,

ich bin eigentlich mit dem was du da geschrieben hast, ganz zufrieden *lach*

Die Schwierigkeit wird darin liegen jedem Hund eine Ersatzhandlung zu bieten, die dann auch "geiler" oder sagen wir "höherwertiger" ist, als die Triebhandlung selbst. Und da kommt dann die Erziehung ins Spiel, wie du ja richtig ausgeführt hast.

Wenn man diese Ersatzbeschäftigung hat, finde ich es absolut richtig sie "ausleben zu lassen" in dem von mir gestecktem Rahmen.

Guter Beitrag!

EDIT: ja, was thegoldenfields schreibt ist definitiv einen Gedanken wert. Gibt Hunderassen, die derart schnell sind (vom Kopf her), dass die schon das Wild am hetzen sind, bevor du als Mensch überhaupt den Mund aufmachst. Da muss man schon verdammt gut aufpassen ;)

Link zu diesem Kommentar

Ich finde dein Posting sehr gut muss ich sagen.

Mit meiner Ridgebackmixhündin musste ich immer auf der Hut sein. Sichtjäger und eine Sekunde zu spät im Abruf und sie war weg.

Auslastung und Befriedigung dieses Triebs haben wir im Reizangeln gefunden.

Ich bin der Meinung das man einen Jagdtrieb nicht abstellen kann beim Hund, man kann ihn kontrollieren ja. Aber das erfordert hartes Training und auch gut Beobachtungsgabe vom Haltern.

Mein Cocker hat keinen Jagdtrieb oder sagen wir mal so. Er jagt kein Wild. Er lebt seinen Trieb über das Stöbern aus. Und ich traile mit ihm.

Aber flüchtendes Wild hat keinen Reiz für ihn.

Link zu diesem Kommentar

Ich denke ein Hund mit Jagdtrieb macht doppelt bis dreifach soviel Arbeit wie ein nicht jagdlich ambitionierter Hund es sei denn man nimmt den Hund als das was er ist, als Jagdhund.

Nein - er macht nicht wirklich mehr Arbeit!

Das Problem ist, dass diese Hunde sehr kopfstark sind und wirklich von allem Anfang an eine konsequente Richtlinie brauchen. Und - einen Ausgleich!

Ein 10 Wochen alter Welpe muss bereits lernen, dass es gewisse Regeln gibt, die er einhalten muss und die der Hundehalter konsequent ausführt/einhält.

Jede Abweichung gibt einem Jäger die Bestätigung freie Entscheidungen treffen zu dürfen.

Link zu diesem Kommentar
LuzieRonja

Hallo Thomas,

Ich habe auch einen Yorkie mit ausgeprägtem Jagdtrieb. (7 Kg).

Habe ihn letztes Jahr aus dem Tierheim geholt, er ist 2 Jahre alt, und war nicht erzogen. Wir mußten ihm also erst die Grundkommandos beibringen.

Er jagte am Anfang alles was sich bewegte. Jogger, Radfahrer, Autos, LKWs usw.

Jetzt ist er etwas ruhiger geworden, allerdings sobald er eine Ente nur annähernd ahnt, wäre er unangeleint weg. Bei 10 Radfahrern läßt er 9 in Ruhe, der Zehnte würde verfolgt werden.

Wir sind in der Hundeschule usw. Ich hoffe, dass wir ihn irgendwann mal ohne Leine auf ruhigen Spazierwegen laufen lassen können.

Link zu diesem Kommentar

Hi,

ich bin in der glücklichen Lage einen Jagdhund zu haben der das Wild erst anzeigt bevor er losspurtet.

D.h. ein scharfes "Nein" und das jeweilige Tier kann ungehindert seines Weges ziehen.

Das einzige was ungefragtt gejagt wird sind Katzen. Wie ich heute morgen feststellen musste aber nicht mit Tötungsabsicht.

Die Katze sass hinter einem Jägerzaun und hat meinen "Mercedes unter den Jagdhunden" angefaucht. Der hat darauf die Beine in die Hand genommen und ist jammernd abgehauen.

Es ist immer wieder toll mit dem Hund solche Situationen in der Natur zu erleben. Also das ruhige, wenn auch ein wenig angespannte, beobachten von Wildtieren.

LG

Andrea

Link zu diesem Kommentar

Schöner Beitrag, der so knapp und kurz das Entscheidende zusammenfasst.

Ich habe mir in Vorfreude auf den Beagle kürzlich das Buch "Antijagdtraining" von Ariane Ullrich und Pia Gröning gekauft, um schon mal "vorbereitet" zu sein. Wer weiß, was da kommt ;)

Ich hab selten 20 so sinnvoll investiert!

Das Buch ist wirklich super, da es nicht nur darum geht, den Hund unter Kontrolle zu behalten, sondern vor allem darum, den Hund glücklich zu machen, auch wenn man ihm seine Passion - jagen - nicht ermöglichen kann.

Die "Übungen" sind sauber aufgebaut, immer gut erklärt und lesen sich, als würden sie viel Spaß machen. Vor allem sind die meisten nicht nur bei Jägern sinnvoll, sondern auch bei ängstlichen, ungehorsamen oder (noch) ungebundenen Hunden.

Ich hab darin auch viele kreative Möglichkeiten gefunden, meine Schweizer Schäferin auszulasten und klug zu beschäftigen, obwohl die mit Jagdtrieb nun gar nichts zu tun hat (außer da läuft ne Katze).

Ist in jedem Fall sein Geld wert - selbst wenn man keinen Jagdhund hat.

Link zu diesem Kommentar

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde Dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde Dich hier an.

Jetzt anmelden

×
×
  • Neu erstellen...