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Pauschale Erziehungsaussagen - Diskrepanz in der Umsetzung


Gast

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Mein Kopf müsste jetzt alles innerhalb kürzester Zeit filtern, alles was ich gelesen und gehört habe integrieren und dann zu einem Ergebnis kommen.

 

*lach* Aber genau das tut er doch! Oder meinst du, das Bauchgefühl würde irgendwie im Magen gebildet? ;) Auch das, was wir als Bauchgefühl bezeichnen, ist ein Ergebnis der Denkprozesse im Gehirn. Bloß bezieht das Bauchgefühl wesentlich mehr mit ein als nur das, was unser bewusster Verstand verarbeiten kann. Das liegt daran, dass bewusste Denkprozesse enorme "Energiefresser" sind und wir deshalb nur eine bestimmte Kapazität dafür frei haben. Ein zugegeben vereinfachender Vergleich: Das, was unser bewusster Verstand liefert, sind die in der Symbolleiste abgelegten Favoriten; unser Bauchgefühl ist Google, das blitzschnell alles durchforstet und nur die besten Treffer ausspuckt. Inklusive Berücksichtigung der Wichtigkeit, unter der wir die "Daten" gespeichert haben. Habe ich etwas also nur gelesen, für mich aber nicht richtig verarbeitet, geschweige denn erfahren, hat es natürlich nicht die Wichtigkeit wie etwas eindrücklich erlebtes.

 

Das bedeutet für mein Verständnis zweierlei. Zum einen werde ich mich im Zweifel immer auf mein Bauchgefühl verlassen und nicht auf den bewussten Verstand. Zum zweiten aber kann auch mein Bauchgefühl nur auf das zurückgreifen, was ich ihm irgendwann einmal "eingefüttert" habe. Je bewusster ich also beobachte, je mehr ich mich mit dem beschäftige, was ich sehe, desto zuverlässiger wird auch mein Bauchgefühl. Deshalb schrieb ich ja auch, man sollte am besten das Gelesene als Anregung nehmen, die eigenen Beobachtungen einmal daraufhin zu überprüfen, denn erst damit stellt man das seinem Datenspeicher auch wirklich zur Verfügung.

 

Dass das Bauchgefühl wirklich von der Erfahrung lebt merkt man daran, wenn man einer völlig neuen Aufgabe gegenüber steht. Wenn ich als Binnenländer auf hoher See unterwegs wäre, könnte ich bestenfalls noch spüren, dass bestimmte Wetterlagen nix gutes heißen können - diese Erfahrungen hab ich ja schon gemacht. Aber kein Vergleich zu dem fast schon unheimlichen Gespür, das meinetwegen ein alter Fischer hätte!

 

Mein Fazit daraus ist, dass es durchaus richtig ist, den bewussten Verstand in der direkten Aktion mal abzuschalten. Aber auch, unser Gehirn mit vielen Informationen, bewusst erlebten wie auch theoretischen, zu füttern.

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Ich schreibs jetzt nur kurz zurück, aber vielleicht reicht das auch schon zur Erklärung aus. Ichglaube nämlich durch dein Geschriebenes, dass wir eigentlich das Gleiche meinen. :)

 

Sicherlich greift mein Bauch auch auf Erfahrungen zurück, aber nur auf die von mir selbst gemachten Erfahrungen, Gefühle, Emotionen etc., die ICH abgespeichert habe.

 

Wenn man das dann kann, ist es natürlich auch gut, wenn man Bauchgefühl und Kopf nebeneinander her schaltet und abgleicht. Frage ist, klappt das, oder "belaste" ich mich durch ein zuviel von Infos schon so sehr, dass das Bauchgefühl wieder leidet?

 

Ziemlich komplex das alles. :)

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Ich behaupte, die Bindung zwischen mir und meinen Hunden ist gut.

Trotzdem ginge der Krümel alleine jagen und auch die Ömmi hat das schon gebracht.

Beide haben eine Vorgeschichte, die auch die Bindungsfähigkeit beeinflusst haben.

 

Ich behaupte sogar, dass Jagdverhalten (also echtes Jagen, nicht etwas, was sofort durch Abruf beendet werden kann) nicht viel mit der Bindung zu tun hat. :)

 

Mein Hund würde auch jetzt, wo ich behaupte dass unsere Beziehung zueinander so gut ist wie noch nie, einem Reh hinterher gehen und so lange jagen, bis er irgendwann nicht mehr kann oder er doch keine Lust mehr hat (er ist jetzt 13 Jahre - früher war das "nicht mehr können" nicht so schnell erreicht wie jetzt :D )

 

Das hat mAn weniger mit der Beziehung zu mir zu tun als mit der Qualität der Konditionierung auf ein Abbruchsignal, und die Konditionierungsfähigkeit in diesem (für Prädatoren immerhin sehr ursprünglichen, sehr elementaren) Bereich ist immer sehr abhängig von Hundecharakter und auch Rasse.

 

Beispielsweise gibt es wirklich kaum jemanden, der einen Dt Wachtelhund sicher abrufbar bekommt, wenn es um Wild geht. Das sind 100% Stöberhunde mit einem enormen Jagd"trieb". Das hat auch absolut nix mit der Beziehung zum Halter zu tun oder mit der Frage des Will to please - die meisten dieser Rasse sind sehr gut erziehbar in jeder Hinsicht AUSSER im Abrufen bei einer Wildfährte.

Jahrhundertelange Selektion auf unbändigen Fährten-Verfogungswillen lässt sich eben nicht einfach mal ausschalten.

 

Ich denke mir in solchen Fällen immer, dass es einfach Hunde gibt, bei denen die Prioritäten stets zugunsten einer Jagd gewichtet werden. So sehr, dass alles andere um sie herum verschwimmt und ausgeschaltet wird. Mal ganz abgesehen von dem High, das sie durch eine Hetzjagd erhalten - nicht umsonst gibt es Hunde die mit aufgerissenem Bauchraum noch hinter Wildschweinen herrennen, obwohl ihnen schon die Därme heraushängen. (Ja, schon gesehen)

 

 

Je nach Charakter des Hundes lässt sich mit Konditionierung etwas bewirken, aber bei manchen Hunden ist einfach das Gewicht zu stark auf die Jagd oder das High der Jagd gelegt. Das ist elementar für diese Hunde dann, und kein Mensch kann dies gegenkonditionieren, zumindest nicht ohne heftigsten Druck.

 

Und da ich der festen Überzeugung bin, dass das Verhältnis zwischen Mensch und Hund niemals nur auf Konditionierung beruht, sondern diese nur ein kleiner Teil des Ganzen darstellt, ist für mich auch klar, dass man keine Aussage über die Bindung/Beziehung von Hund und Mensch machen kann, nur weil der Hund jagt.

 

Es würde ja schließlich auch niemand behaupten, dass der Hund keine Bindung zu mir hat nur weil er sich nicht auf Befehl hinsetzt ;)

 

Den Unterschied zwischen "Sitz" und Jagdverhalten macht der Mensch immer nur daran fest, dass der Hund WEG läuft vom Menschen.  Was ja eine Frechheit sondergleichen darstellt...

Vergessen wird dabei aber folgendes: in fast allen Fällen wird der Hund, sofern kein Unfall geschieht, nach seiner Jagd zurück kommen.

ist DAS nicht die wichtigere Aussage im Bezug auf die Bindung zum Halter?

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Vergessen wird dabei aber folgendes: in fast allen Fällen wird der Hund, sofern kein Unfall geschieht, nach seiner Jagd zurück kommen.

ist DAS nicht die wichtigere Aussage im Bezug auf die Bindung zum Halter?

 

 

JA Lemmy!

Danke Dir - 100% Zustimmung zum kompletten Beitrag!

:kuss:

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Die Unterhaltung hier bestätigt meine persönliche Auffassung: wir nehmen unser Hunde zu wichtig. ;)

Bei unserem 1. Hund habe ich auch nahezu auf jeden Pups geachtet, um alles nun ja richtig zu interpretieren. Nach 12 Jahren sehe ich alles etwas lockerer. Natürlich lege ich Wert auf gute Erziehung, einfach, damit die Hunde überall mit hin nehmen kann und sie nicht unangenehm auffallen. Auch möchte ich selber keinen Terrorristen zu Hause haben, der permanent um Aufmerksamkeit buhlt.

 

Ich glaube fest daran, dass die ganze Aufmerksamkeit, die wir unseren Hunden angedeihen lassen, weder gut für den Hund noch gut für uns ist.

Das erlebe ich hautnah zu Hause. Wenn ich allein  mit den Hunden laufe, passe ich so ein bisschen auf, dass sie sich nicht in jedem Scheißehaufen wälzen und den ein oder anderen Kaninchenköttel dem nächsten Kumpel übrig lassen. Ansonsten laufe ich in meinem Tempo und die Herrschaften kommen schon mit.

Mein Mann bleibt alle naselang stehen, guckt, wo sie schnüffeln, ruft sie, wenn sie mal um eine Ecke biegen usw. usw. Selbstverständlich bleiben die Hunde dann  an jedem Grashalm stehen und laufen genau so selbstverständlich weit in die Nebenwege im Wald. Er macht mit seinem Verhalten alles sehr interessant für die Hunde.

Will sagen, der Hund muss auch mal Hund sein dürfen.

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Man kann Hunde auch Hunde sein lassen, wenn man sich als Mensch mit den Grundlagen der Kynologie befasst.

Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Auch wenn man analysiert, sagt das nichts darüber aus, wie man im Alltag den Hund leben läßt.

Wenn man aber nun etwas spezielle Hund zu sich holt, die durchs Raster der Normalität durchfallen, dann ist es hilfreich, zu wissen, was warum geschieht, um diesen wieder zu mehr Normalität zu verhelfen.

Damit meine ich jetzt nicht einfach nur mal ne Leinenaggression, ein wenig Umweltunsicherheit oder die typischen Rüpelverhalten, mal ignorantes "nööö, hab jetzt keine Lust hol-mich-doch" oder ähnliches.

 

 

."Er macht mit seinem Verhalten alles sehr interessant für die Hunde."......da geb ich Dir Recht. 

Solange sich keine dauerhaften, extremen Probleme einstellen oder eingestellt haben, braucht man sich auch keinen Kopf drum machen. Hund ist Hund und Punkt. 

Anders sieht es aus, wenn man sich unbewusst schon Probleme gebastelt hat, die das Zusammenleben massiv beeinträchtigen. 

Wodurch kommt soetwas zustande?

Fehlinterpretationen?

Hund ist doof?

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Da sprichst du mir aus dem Herzen! Wenn ich überlege, wie viel ich über meinen Terrorkrümel schon reflektiert habe - und wie böse das hätte laufen können, hätte ich das nicht getan... Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Leute mir erzählen wollten, er wäre "dominant" und ich müsse nur mal richtig "durchgreifen". Scheint irgendwie für viele die Pauschalerklärung zu sein, wenn ein Hund nach vorne gerichtetes Verhalten zeigt. Da war ich sehr froh gelernt zu haben, vorher genau hinzuschauen, auch einen gewissen theoretischen Hintergrund zu haben. So konnte ich nämlich klar herausfiltern, dass im Gegenteil Sandor mich so wenig in Frage stellt wie sonst keiner meiner Hunde, er auch mit anderen Hunden keineswegs "dominant" auftritt, und ich mit einem "Durchgreifen" die Lage dramatisch verschlimmert hätte!

 

Auch sonst hat es mir schon oft geholfen, vorher viel gelesen zu haben. Es kommt immer wieder vor, dass irgend etwas im Hintergrund "klingelt", was ich mal gelesen habe und an das mich in diesem Moment eine Beobachtung denken lässt.

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Ja - mein Terrorkrümel ist auch so ein spezieller Fall.

Gott sei dank hat das der TA beim ersten Besuch auch schon geschnallt, als er sich massiv und absolut unbeeinflußbar mit den Zähnen gewehrt hat und wir deshalb zu dritt aufpassen mussten, beim Anlegen der deshalb notwendigen Maulschlaufe, nicht schlimmer gebissen zu werden. Auch mit Maulschlaufe wars zu dritt noch sehr schwierig, ihn untersuchen zu können.

Der TA erkannte: Der kämpft gerade ums Überleben, blieb vollkommen ruhig und gelassen und ich teilte ihm meine eigene "Interpretation" mit, die er mir mehr als bestätigt hat.

Nach 2 Wochen, erneuter TA-Besuch: Hund steht vertrauensvoll am Tisch, steckt seinen Kopf unter meine Achselhöhle und läßt sich ohne Gegenwehr untersuchen und impfen.

Da war sogar der TA erstaunt und fragte nach den Einzelheiten, wie ich das gemacht hatte.

Sein Kommentar: "Wäre dieser Hund an jemanden geraten , der das falsch interpretiert und ihn mit Dominanz und Gewalt symptomatisch unterdrückt hätte - der wäre ein Kandidat, der eingeschläfert werden müsste, weil er unberechenbar gefährlich geworden wäre.

(Da wusste er noch nicht, dass er schon vor der Einschläferung gestanden hatte)

 

Heute, nach einem Jahr, vertraut mir der Krümel im Alltag problemlos und auch fremden Menschen gegenüber ist er zugänglich und berechenbar geworden. Allerdings mit Einschränkungen. Zu wildes Bedrängen mit den Händen von erwachsenen Männern, wie zB. spielerisches ihn zwicken und mit "Krallenhand" provozieren - das würde er mit zuerst deutlich warnen, Warnung steigern und DANN mit Abschnappen, später Kneifen beantworten, wenn ich ihn nicht rechtzeitig abrufen würde. Da braucht er Hilfe und die kriegt er auch.

Rückzug von sich aus kann er dann je nach Situation nicht, da das alte Verhaltensmuster aktiviert. Da ich diese aber kenne, lasse ich es nicht dazu kommen.

Ansonsten tolleriert er vieles, was ihm unangenehm ist und tritt dann eben von sich aus den Rückzug an, bzw. kann er die Leute selbst schon gut einschätzen und geht zu solchen Idioten von sich aus ohne Aufforderung erst gar nicht hin, sondern sucht Schutz bei mir.

 

Bei solchen Hunden iss nix mit "einfach mal eben Hund sein lassen" - weil die sich auf Verhaltensmuster "spezialisiert" haben - die zwar aus hündischer Sicht in dem Moment  "eigentlich natürlich" und angebracht sind - jedoch im Zusammenleben gefährlich sind.

 

Die müssen erstmal wieder lernen, auf angemessene Art mit der Umwelt interagieren zu können.

Ohne als Mensch zu verstehen, was da im Hund abläuft .....naja..... da hilft nicht unbedingt "Bauchgefühl" alleine, um erfolgreiche Verhaltensänderungen zu bewirken, die- im Bereich des Möglichen - dem Hund helfen, sich anderer Verhaltensstrategien zu bedienen.

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Witzig, genau auf dieses Kopf-verstecken kam Sandor auch!

 

da hilft nicht unbedingt "Bauchgefühl" alleine, um erfolgreiche Verhaltensänderungen zu bewirken

 

So ist es. Klar,  mit dem Bauchgefühl fängt es auf jeden Fall an. Ich hatte schon genug wirklich aggressive Hunde gesehen, damit mein Bauchgefühl sich melden konnte: "Hier stimmt was nicht! Irgendwas passt nicht ins Bild!" Was genau es war, das da nicht ins Bild passt, das musste ich wieder bewusst rausfiltern. Und auch, wie man wohl am besten damit umgeht - hier war es hauptsächlich Wissen und ein wenig Intuition, was die Richtung vorgegeben hat. Im täglichen Umgang damit wiederum haben sich schnell ausreichend Beobachtungen und Erfahrungen zusammen gefunden, dass wieder das Bauchgefühl die Regie übernehmen konnte und ich inzwischen meist schnell und intuitiv erkennen kann, welche Reaktion von mir gefordert ist.

 

Idealerweise sollten "Kopf und Bauch" ja kein Widerspruch sein, sondern sich gegenseitig ergänzen. Eines aber steht für mich fest: Sonderfälle brauchen eben unbedingt beides, da kommt man weder nur mit Bauchgefühl noch nur mit Verstand/Theorie weiter. Aber zum Glück sind diese Fälle eher selten, und so stimmt es für die weitaus meisten Hundehalter schon, einfach mal locker lassen und der Intuition vertrauen.

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Idealerweise sollten "Kopf und Bauch" ja kein Widerspruch sein, sondern sich gegenseitig ergänzen. Eines aber steht für mich fest: Sonderfälle brauchen eben unbedingt beides, da kommt man weder nur mit Bauchgefühl noch nur mit Verstand/Theorie weiter. Aber zum Glück sind diese Fälle eher selten, und so stimmt es für die weitaus meisten Hundehalter schon, einfach mal locker lassen und der Intuition vertrauen.

 

Unterschreib!  :danke

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